In Chinas politischem System findet eine bedeutende Reform statt. In den kommenden Tagen wird ein komplett neues Staatsorgan geschaffen, das Nationale Aufsichtskomitee. Auf der 1.  Tagung des 13. Nationalen Volkskongresses wird der Direktor gewählt und die leitenden Beamten werden ernannt. Das Komitee dient als neue Antikorruptionsbehörde und steht auf einer Stufe mit dem Staatsrat, dem Obersten Volksgerichtshof und der Obersten Volksstaatsanwaltschaft. Dies bedeutet, dass dem politischen System eine weitere, zentrale Institution hinzugefügt wird.

Welche spezifischen Verantwortlichkeiten wird das neue Komitee in Zukunft übernehmen? Aufgaben sind Überwachung, Ermittlung und Ahndung von Disziplinar- und Rechtsverstößen durch Regierungsangestellte. Dazu zählen Veruntreuung, Bestechlichkeit und Machtmissbrauch. Nach dem 18. Parteitag der KP Chinas wurde eine landesweite und umfassende Antikorruptionskampagne gestartet.

Die Zentrale Kommission für Disziplinarkontrolle der KP Chinas spielt seitdem eine entscheidende Rolle, vor allem bei der Beaufsichtigung und Disziplinierung der Parteimitglieder und Regierungsbeamten. Doch nicht alle Inhaber öffentlicher Macht sind Mitglieder der KP Chinas oder Zivilbedienstete.

Das neue Aufsichtskomitee wird sich Büros und andere Ressourcen mit der Zentralen Kommission für Disziplinarkontrolle teilen, und die Ausübung öffentlicher Macht aller Angestellten der Regierung überwachen. Beachtenswert ist, dass das neue Komitee auf mehreren Ebenen arbeiten wird, von der nationalen Ebene bis hinab zur Ebene der Landkreise. Dies bedeutet, dass keine Verwaltungsebene ausgespart bleibt.

Seit der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 hat die Regierung niemals aufgehört, neue Methoden bei der Zügelung von Macht und dem Kampf gegen Korruption zu erproben. In den ersten Jahren wurde eine Serie von Kampagnen gestartet mit dem Ziel, Korruption sowie einen extravaganten Lebenswandel zu bekämpfen. Dadurch wurde ein warnendes Beispiel gesetzt. Seit dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978 haben tiefgreifende Veränderungen in der Wirtschaft und Gesellschaft stattgefunden, und die Interessenlage in der Bevölkerung ist zunehmend komplexer geworden. Heute kann Korruption nicht mehr nur durch Kampagnen alleine bekämpft werden. Um das Problem zu lösen, konzentriert sich China deswegen auf eine Verbesserung der Institutionen.

Korruption ist immer noch ein ernstzunehmendes Problem in allen Ländern. Die Lösung liegt nicht in der Herrschaft einer einzelnen Partei oder einem Mehrparteiensystem, sondern in effektiver Kontrolle der Macht. Die Gründung des neuen Komitees macht die Aufsichtsbehörde unabhängig von den Organen der Legislative, Justiz und Verwaltung. Diese Entscheidung ist auf Grund von früheren Erfahrungen gefallen und ist im Vergleich zu anderen Ländern einzigartig. Man darf gespannt sein, welche Veränderungen das neue Staatsorgan bringen wird.