Große Pläne für künstliche Intelligenz in China Exklusiv
Von Elke Lütke-Entrup
Der chinesische Staatsrat will China in Bezug auf künstliche Intelligenz (KI) bis zum Jahr 2030 zum Weltmarktführer entwickeln. Eine entsprechende Richtlinie des Staatsrats sieht vor, ein reifes Wissenschafts- und Technologiesystem aufzubauen, um von künstlicher Intelligenz als Wirtschaftszweig zu profitieren. Hierfür soll die erforderliche technische Infrastruktur sowie ein rechtlicher und ethischer Rahmen geschaffen werden. Wie dies gelingen soll, erzählt Hao Li, Referent für Volkswirtschaft und Entwicklungspolitik in China bei der Hanns-Seidel-Stiftung, im Gespräch mit China.org.cn:
Hao Li, Referent der Hanns-Seidel-Stiftung für Volkswirtschaft und Entwicklungspolitik in China
China.org.cn: Herr Li, an welchem Punkt befindet sich die Entwicklung der künstlichen Intelligenz in China im Vergleich zu Deutschland?
Hao Li: Mit circa 780 Millionen Internetnutzern wird China bald der größte Digitalmarkt der Welt sein. Die explodierende Datenmenge und der gigantische Markt mit vielfältigen Marktsegmenten in zahlreichen Sektoren schaffen herausragende Möglichkeiten für Anwendungen der künstlichen Intelligenz. Neue Geschäftsmodelle werden entstehen. Chinesische Start-Ups wie Sense Time gehören heute schon zu den wertvollsten KI-Startups der Welt. Doch in der Grundlagenforschung, bei Hochtechnologieprodukten und in der Entwicklung von Schlüsseltechnologien wie Chips oder Mikrosystemen ist Deutschland weiterhin weltweit führend, dank zahlreicher innovativer kleiner und mittelständischer Unternehmen, einer soliden Basis für Produktentwicklung und einer Tradition in der Handwerkskunst. China hat zwar weltweit die meisten Patentenanmeldungen, der lange Weg von Technologien beziehungsweise Forschung hin zu Produkten und ihrer Vermarktung ist in China jedoch eine große Herausforderung. Ein Mangel an qualifizierten Fachkräften ist in beiden Ländern nach wie vor ein Problem.
Wie weit ist die Kommerzialisierung der KI in den verschiedenen Technologien fortgeschritten?
Der Smart-Lautsprecher von Xiaomi, der Sprachassistent von Google, und die Spracherkennungssoftware Siri von Apple basieren alle auf eingebauter KI. Sie gehören für viele Menschen zum Alltag. Chatbots, also textbasierte Dialogsysteme, welche das Chatten mit einem technischen System ermöglichen, sind bereits im Kundendienst und in Call Centern im kommerziellen Einsatz. Kunden von Amazon oder Netflix bekommen mithilfe von künstlicher Intelligenz Kaufempfehlungen. Die Zukunft der KI ist teilweise schon da, wobei das riesige Potential von künstlicher Intelligenz zum Beispiel beim maschinellen Lernen zur Optimierung von Betriebsabläufen und der Unterstützung der Entscheidungsfindung noch längst nicht ausgeschöpft ist. Anwendungsbeispiele sind die vorausschauende Instandhaltung in der Fertigung, die autonome Mobilität und sogar die Kreditvergabe der Banken oder die Schadensregulierung durch Versicherungen.