Aufbau einer multilateralen Weltordnung

Chinas Außenminister wirbt um gemeinsame Verantwortung Exklusiv

09.03.2019

Ein Kommentar von Ole Döring 


In seiner Pressekonferenz am Freitag stellte sich der chinesische Außenminister und Staatskommissar Wang Yi am Rande der Tagung des Nationalen Volkskongresses den Fragen chinesischer und internationaler Medienvertreter. Am Weltfrauentag gab er sich modern und weltmännisch: China wächst immer tiefer in eine Rolle der globalen Verantwortung hinein und zeigt, wie kultivierte Diplomatie aussehen kann.


Chinas Außenminister Wang Yi


Die chinesische Regierung positioniert sich auch im Umgang mit der Öffentlichkeit als konstruktiv und vernünftig, humorvoll und gelassen. Außenminister Wang nahm sich über zwei Stunden Zeit,um Fragen verschiedener Medien zu beantworten. Die Dramaturgie der Veranstaltung sorgte dafür, dass eine große Vielfalt von Interessen zu Wort kam: einheimische Journalisten, Medienvertreter aus Nachbarländern, von internationalen Agenturen, aus Amerika, Afrika, Russland und der EU. Dabei beantwortete er kritische und heikle Fragen, mal präzise und mal subtil. Darunter waren auch solche nach aktuellen Krisen, wie der Entwicklung in Afghanistan, der amerikanischen Huawei-Krise und Vorwürfen gegen Chinas Seidenstraßen-Initiative (Belt and Road Initiative ). Wang bezog klar inhaltlich Stellung und erweckte nie den Eindruck sich herauszureden oder dem Thema nicht voll gewachsen zu sein. Seine Haltung vermittelte entspannte Überlegenheit, wie sie Chinas neuem Selbstbewusstsein entspricht. Für den Beobachter liegt gleichwohl auf der Hand, dass es hier nur selten einfache Wahrheiten geben kann.


Wie ein roter Faden zieht sich das Wort „Ausgleich“ 平 (ping) durch Wangs Ausführungen. 平 wird oft als „Frieden“ übersetzt. Im Deutschen lässt das an Ruhe und Ordnung denken, seit dem antiken Klassiker der „Großen Lehre“ 大学 (Daxue) ist es jedoch als Vorstellung vom Ausbalancieren einer dynamischen Vielfalt vitaler Kräfte zu verstehen: eine Situation, in der es der gerechten Regierung gelingt, „alles unter dem Himmel in einem Ausgleich zu halten“ 平天下 (ping tianxia). Entsprechend tatkräftig, umfassend und nuanciert geht Minister Wang auf das Gesamtkonzept seiner Außenpolitik ein. 


Er betont den Vorrang von Diplomatie und multilateralem Streben nach echten Win-win-Optionen, an Stelle von unilateralen oder Nullsummen-Kalkülen. Dementsprechend fordert Wang die Weltgemeinschaft auf, sich auf das Angebot einzulassen, die Seidenstraßen-Initiative mit zu gestalten, die er als „größte Kooperationsplattform der Welt mit bisher 123 Ländern und 29 internationalen Organisationen als unterzeichnenden Partnern“ ausweist. Mit Blick auf Japan lässt Wang erkennen, dass eine Reihe von Problemen weiterhin im ostasiatischen Raum stehen, die ungetrübte Beziehungen blockieren. Ebenso wie hinsichtlich der dringend erwünschten Befriedung der Koreanischen Halbinsel spricht er sich dabei für Ehrlichkeit und Pragmatismus aus, um nicht „Gefangene der Geschichte“ zu bleiben. Seine Nachbarn will China unterstützen, das eigene Handeln selbst in die Hand zu nehmen, um auf allen gesellschaftlichen Ebenen die Voraussetzungen für eine nachhaltige Annäherung zu schaffen. 


Hierbei drängt sich der Eindruck auf, dass China die EU, vor allem im Schatten des Handelskriegs, für sich gewinnen möchte, wenn er sagt: „Insbesondere angesichts einer internationalen Situation, die von Unsicherheit geprägt ist, teilen China und die EU eine konsistente Position und gemeinsame Bestrebungen, den Multilateralismus aufrechtzuerhalten und Unilateralismus und Protektionismus zu bekämpfen.“ Mit seinem diplomatischen Hinweis auf Europas lange Geschichte der Unabhängigkeit deutet Wang zugleich an, dass China von Europa größere Anstrengungen erwartet, sich von einigen rückwärtsgewandten transatlantischen Verknüpfungen zu emanzipieren und stärker Kontakt zur ausgestreckten Hand Chinas über Eurasien hinweg zu suchen.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: multilaterale Weltordnung,China,Außenminister