Stephen Roach, Dozent an der Yale Universität, hat vor kurzem in seinem Artikel „America's False Narrative on China" kritisiert, dass sich die jetzigen amerikanischen Politiker einig seien, China für alles verantwortlich zu machen, was die Vereinigten Staaten schmerze.

Roach schrieb: Hinsichtlich des Handels hatten die USA ein Warenhandelsdefizit von 419 Milliarden US-Dollar gegenüber China, was 48 Prozent der massiven Handelslücke von 879 Milliarden US-Dollar entspricht. Aber was US-Präsident Trump und die meisten anderen US-Politiker nicht akzeptieren, ist, dass die USA 2018 ein Defizit mit 102 Ländern hatten. Dies spiegelt einen erheblichen Mangel an inländischen Ersparnissen wider, der größtenteils auf die rücksichtslosen Haushaltsdefizite zurückzuführen ist, die vom Kongress und dem Präsidenten genehmigt wurden. Es ist viel einfacher, China als Haupthindernis dafür zu verunglimpfen, dass Amerika wieder großartig wird.

Das geistige Eigentum ist ein weiteres Beispiel. Die USA werfen China vor, jedes Jahr Hunderte von Milliarden US-Dollar an geistigem Eigentum zu stehlen. Damit sei das Herzstück der Innovationskraft Amerikas tödlich verletzt worden. Angaben zufolge hat der Diebstahl von geistigem Eigentum die US-Wirtschaft im Jahr 2017 zwischen 225 und 600 Milliarden US-Dollar gekostet. Aber diese Zahlen basieren auf einem zweifelhaften „Proxy-Modell", das versucht, gestohlene Geschäftsgeheimnisse durch schändliche Aktivitäten wie Drogenhandel, Korruption, Betrug am Arbeitsplatz und illegale Finanzströme zu bewerten. Der chinesische Teil dieses mutmaßlichen Diebstahls stammt aus US-Zoll- und Grenzkontrolldaten, die im Jahr 2015 die Beschlagnahmung von Raubkopien und gefälschten Waren im Wert von 1,35 Milliarden US-Dollar meldeten. Dadurch ging 87 Prozent davon nach China.

Alles in allem ist Washington mit Fakten, Analysen und Schlussfolgerungen überfordert und die amerikanische Öffentlichkeit ist viel zu leichtgläubig, als dass sie diese falsche Erzählung akzeptiert. Es geht nicht darum, die Rolle Chinas bei der Förderung wirtschaftlicher Spannungen mit den USA zu leugnen, sondern die Notwendigkeit von Objektivität und Ehrlichkeit bei der Verteilung von Schuldzuweisungen zu betonen – insbesondere, wenn im aktuellen Konflikt so viel auf dem Spiel steht. Leider ist es anscheinend viel einfacher, sich auf Sündenböcke zu fixieren, als einen langen, harten Blick in den Spiegel zu werfen.