Deutscher Forscher über Coronavirus
Rolf Hilgenfeld: „Hemmstoffe noch im Test, aber Kooperation steht bevor“ Exklusiv
Von Ren Bin
Rolf Hilgenfeld ist ein weltweiter Spitzenforscher über den Corona-Virus. Im Vorfeld des chinesischen Neujahrsfests, während sich die Epidemie ausgehend vom neuartigen Coronavirus weiter in China verbreitet hatte, flog der Direktor des Instituts für Biochemie der Universität zu Lübeck in die Volksrepublik. In seinem Gepäck waren zwei Hemmstoffe.
Rolf Hilgenfeld, Direktor des Instituts für Biochemie der Universität zu Lübeck, hält einen Vortrag im Wuhan Institute of Virology (Foto vom 01. Dez. 2015)
Bereits seit dem MERS-Ausbruch im Jahr 2012 beschäftigt sich Hilgenfeld mit der Entwicklung von Verbindungen gegen den Corona-Virus, die laut Hilgenfeld auch gegen die unbekannte Variante aus Wuhan wirksam sein sollten. Die Grundlage der Hypothese sei, dass 82 Prozent der Bausteine der neu entdeckten Variante mit SARS identisch sind, bei der wichtigen Protease sind es sogar 96 Prozent. Allerdings befindet sich die Forschung noch in der Phase der Mäuseversuche. Bis die Medikamente schließlich auf den Markt gebracht werden können, werde es noch Jahre dauern, gesteht selbst der Lübecker Forscher in einem Interview beiHL-live.devom vergangenen Donnerstag ein.
Doch gleich am Freitag kursierte im chinesischen Internet das Gerücht, dass Hilgenfeld direkt nach Wuhan geflogen sei und die Substanzen aus Lübeck schon während dieser Epidemie eingesetzt werden könnten. Über Nacht wird der deutsche Biochemiker vom chinesischen Publikum deshalb als großer humanitärer Held angesehen und sämtliche Hoffnungen werden auf seine Hemmstoffe gesetzt. Inzwischen haben einige Medien bereits versucht, diesen Fall aufzuklären.
Böse Zunge behaupten in Online-Foren bzw. Kommentaren zu Berichten, dass der Professor die Substanzen in Wuhan lediglich testen wolle.China.org.cndurfte am Sonntag ein schriftliches Interview mit dem Virus-Forscher führen. Dieses verlief wie folgt:
China.org.cn: Herr Professor Hilgenfeld, ich glaube, dass die früheren Gerüchte bei zwei Sachen zu Verwirrungen führen könnten:
1. Dass der von Ihrem Team entwickelte Hemmstoff möglicherweise während dieser Epidemie eingesetzt werden könnte;
2. Dass Sie die Stadt Wuhan während der Reise besuchen würden.
Rolf Hilgenfeld:Ich denke nicht, dass man das aus dem Audio-Interview an irgendeiner Stelle heraushören kann. Im Gegenteil, ich sage klar, "... es wäre illusorisch zu glauben, diese Substanzen während des jetzigen Ausbruchs einsetzen zu können". Im Interview mitHL-Livesage ich, dass ich nicht nach Wuhan gehen würde, aber ich habe danach in Erwägung gezogen, dieses zu tun, um die Kooperation mit den Kollegen dort zu initiieren. Dann kam die Sperrung des Flughafens von Wuhan, und damit war dieser Plan erledigt.
Welchem chinesischen Institut haben Sie den Hemmstoff gegeben? Wie haben die chinesischen Experten darauf reagiert? Bis wann kann man mit deren Antwort rechnen? Ist es möglich, dass Ihre Forschung über den Coronavirus von einer chinesischen Organisation finanzielle Unterstützung bekommen wird?
Ich habe das Wuhan Institute of Virology kontaktiert, um eine Kooperation mit den Kollegen und Kolleginnen dort zu diskutieren. Das war auch der einzige Grund, über eine Reise nach Wuhan nachzudenken. Der Grund dafür war keinesfalls, dass ich diese experimentellen Substanzen an Patienten in Wuhan testen wollte; dafür ist ihre Sicherheit nicht hinreichend überprüft. Wir wissen nur, dass die Substanzen in der Maus nicht toxisch sind und gut vertragen werden. Auf Wunsch des Wuhan Institute of Virology habe ich inzwischen einen Forschungs- und Kooperationsvorschlag formuliert und rechne damit, dass ich in den nächsten Tagen eine Antwort erhalten werde.