Geschichten aus der gesperrten Stadt

Abwarten in Wuhan

27.02.2020

Knappe Vorräte


Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs wurde für viele Familien wie die von Qi ebenso zu einem Problem, da sie nie damit gerechnet hatten, dass sich die Lage zu einem solchen Problem entwickeln könnte. Der Einkauf von Vorräten und Lebensmitteln wurde zu einer Herausforderung, insbesondere in Wuhan, da Supermärkte aufgrund des Menschenandrangs eher gemieden werden sollten. Stattdessen verließen sich die Menschen bei ihren Einkäufen auf die Mitarbeiter ihrer Wohngebiete. Bestellungen wurden über den Social Messenger WeChat aufgegeben und die Mitarbeiter informierten die Bewohner dann über das Eintreffen der Lebensmittellieferungen wie Fleisch und Gemüse, das häufig zum Abholen an den Eingängen zu den Wohngebieten abgelegt wurde. Was die Qualität der Produkte betrifft, hat niemand den Luxus, wählerisch zu sein.


Liu Yong, gebürtige Wuhanerin und außerordentliche Professorin an einer örtlichen Universität, hörte von einigen Online-Lebensmittelgeschäften, die eine Alternative zum Einkauf durch Mitarbeiter der Wohngemeinde boten. Sie war nicht die Einzige, zumindest gemessen an der Geschwindigkeit, mit der die Waren ausverkauft waren. Liu musste schnell handeln und um 22 Uhr Bestellungen aufgeben. Das ist genau der Zeitpunkt, an dem neue Lagerbestände verfügbar werden.


Liu sagte, die Preise seien spürbar gestiegen und auch Gutscheine, mit denen die meisten Online-Einkaufsplattformen in China Kunden angezogen haben, würden nicht mehr angeboten. Doch in Anbetracht der Situation habe sie nicht das Gefühl, betrogen worden zu sein. Sie schätze sich glücklich, wenn sie auf dem Online-Markt kaufen könne, was sie wollte.


Ein Gegenstand war besonders schwer zu bekommen – Atemschutzmasken. Überall in China tragen diejenigen, die sich aus ihren Häusern herauswagen müssen, einen Mundschutz in der Öffentlichkeit. Nur wenigen Geschäften gelang es, einen Lagerbestand zu halten und die Käufer mussten neue Wege finden, damit ihr Bestand nicht nur Neige geht. 


Ein Mann mit Mundschutz passiert ein Gewerbegebiet in Wuhan. (Foto: Xinhua)


Ausharren in den eigenen vier Wänden


Der Wuhaner Wang Bing, der in Shanghai arbeitet, hatte Glück. Einige Freunde haben ihm Atemschutzmasken geschickt.

 

Andere Familien hätten nur wenige Masken und müssten sich diese teilen und immer wieder verwenden. Das erinnere ihn an alte Geschichten von armen Familien, die sich eine gute Hose teilten. Wer immer ausgegangen sei, habe sich sie anziehen müssen. Doch er fragt sich, ob solche Geschichten die Menschen auch heute noch interessieren. Es würden Geschichten die Runde machen, dass jemand sich nur deswegen mit dem Coronavirus infiziert habe, weil er die Treppe hinuntergegangen sei. Deshalb haben er und seine Familie beschlossen, soweit es geht drinnen zu bleiben – obwohl sie sich innerhalb ihres Wohnblocks bewegen dürfen.


Doch auch wenn seine Frau und er es wochenlang schaffen, zu Hause zu bleiben, fällt es seinem fünfjährigen Sohn zunehmend schwerer, mit der Isolation und Langeweile umzugehen. Sein Sohn habe jede Ecke der Wohnung durchsucht, um etwas zum Spielen zu finden. „Er hat sogar die Blumentöpfe umgegraben“, erzählt er.

 

Doch wie groß auch immer seine Ängste sind, er könne sie nicht mit dem vergleichen, was Menschen durchmachen, die mit dem Virus infiziert sind, zu denen glücklicherweise noch keines seiner Familienmitglieder gehört. Viele, mit denen er aufgewachsen ist, hatten nicht so viel Glück. Wang sagte, er sei besonders beunruhigt über die Nachricht, dass ein Freund und dessen Frau beide mit COVID-19 infiziert sind und für einen der beiden möglicherweise jede Hilfe zu spät kommt.

 

„Es ist einfach zu miserabel“, sagt Wang, der es vorzieht, sich für das Interview unter einem Pseudonym zu äußern. Er könne es nicht ertragen, sich nach Neuigkeiten oder den beiden Kindern des Paares zu erkundigen.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Wuhan, Coronavirus, Stadt, Abriegelung, Geschichten