Abbau der Stigmatisierung
Wissenschaftsmagazin Nature entschuldigt sich wegen Zuschreibung von COVID-19 an Wuhan
Nature, eines der weltweit führenden Magazine für naturwissenschaftliche Forschung, hat am Dienstag eine Stellungnahme der Redaktion veröffentlicht, in der sie sich dafür entschuldigt, in seiner Berichterstattung das neuartige Coronavirus mit Wuhan und China in Verbindung gebracht zu haben.
Es rief dazu auf, die Stigmatisierung um die Krankheit aufzuheben, da diese Rassismus und Diskriminierung gegenüber Menschen aus Asien Vorschub leiste, was wiederum deren Bereitschaft mindere, an ausländischen Universitäten, Instituten und anderen Forschungseinrichtungen zu studieren und zu arbeiten.
Im Februar verkündete die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass die vom neuartigen Coronavirus ausgelöste Krankheit die Bezeichnung COVID-19 tragen solle. „Damit sandte die WHO unterschwellig eine Ermahnung an diejenigen, die das Virus in ihrer Berichterstattung irrtümlich mit Wuhan und China in Verbindung gebracht hatten, darunter auch Nature", heißt es in der Notiz der Herausgeber.
„Dies war ein Fehler unsererseits, für den wir Verantwortung übernehmen und für den wir uns entschuldigen." Während die Länder der Welt hart darum kämpften, die Krankheit unter Kontrolle zu bekommen, hielten eine Minderheit von Politikern an dieser überholten Zuschreibung fest und bestünden darauf, dass China für die Krankheit verantwortlich sei.
Zu diesen Politikern zählten der amerikanische Präsident Donald Trump, der brasilianische Parlamentarier Eduardo Bolsonaro — der Sohn des Präsidenten des Landes Jair Bolsonaro — und weitere Politiker aus Großbritannien, dem Iran, Indien ud Australien.
„Weiterhin das Virus und die von ihm ausgelöste Erkrankung mit einem bestimmten Ort in Verbindung zu bringen, ist unverantwortlich und muss beendet werden", heißt es in dem Beitrag der Redaktion. Dies nicht getan zu haben, hat zu rassistischen Angriffen auf Menschen asiatischer Herkunft geführt.
Diese Angriffe könnten die Gefühle von mehr als 700.000 chinesischen Studenten, die auf Universitäten außerhalb Chinas studierten, verletzen. Aus Angst vor fortgesetztem Rassismus in Verbindung mit Ungewissheiten und bestehenden Reisebeschränkungen könnten viele von ihnen zögern, an ihre Studienorte zurückzukehren.
„Diese jungen Leute würden einen Bruch erleben und den Verlust neuer Verbindungen und vielversprechender Aussichten", schreiben die Herausgeber. „Aber der Verlust von Studenten aus China und anderen asiatischen Ländern hat auch für die Wissenschaft weitreichende und beunruhigende Folgen. Die Universitäten und die betreffenden Länder würden an Vielfalt verlieren, was seit Generationen nicht mehr der Fall gewesen ist."
„Seit Jahrzehnten bemühen sich Universitäten um Vielfalt, die Länder haben Maßnahmen zur Erhöhung der Mobilität des akademischen Lebens ergriffen. Vielfalt ist ein Wert an sich."
„Vielfalt fördert Verständnis und Dialog zwischen den Kulturen, sie führt zum Austausch von Weltsichten und Lebensstilen. Und sie ist stets der Treibstoff für Forschung und Innovation gewesen."
Das Wissenschaftsmagazin empfiehlt den Politikern der Welt, Stigmatisierungen zu vermeiden und abzubauen, davon abzusehen, COVID-19 mit bestimmten Menschengruppen und Orten in Verbindung zu bringen und stattdessen hervorzuheben, dass das Virus keinen Unterschied macht und jeder gefährdet ist.
„Es wäre tragisch, wenn durch das Coronavirus ausgelöste Stigmatisierungen junge Menschen aus Asien dazu bringen, sich von internationalen Universitäten zurückzuziehen und dadurch die eigene Ausbildung, die persönlichen Perspektiven und die Perspektiven anderer zu beschränken und der Wissenschaft in dem Augenblick den Rücken zu kehren, da die Welt auf Wissenschaft setzt, um einen Ausweg zu finden."
„Stigmatisierungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus müssen aufhören — jetzt", heißt es auf den Seiten des Magazins.
Nachfolgend eine Übersetzung des Originalartikels: