Negatives Wachstum wegen der Pandemie
Chinas BIP schrumpft in der ersten Hälfte des Jahres um 1,6 Prozent
Erschüttert von der COVID-19-Pandemie verzeichnete Chinas Wirtschaft dieses Jahr zum ersten Mal seit fast drei Jahrzehnten in der ersten Hälfte eines Jahres ein negatives Wachstum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im Jahresvergleich um 1,6 Prozent. Jedoch konnte die Volksrepublik im zweiten Quartal ein 3,2-prozentiges Wachstum verbuchen, nachdem die Wirtschaft im ersten Quartal um 6,8 Prozent abgerutscht war. Dies sei ein Zeichen für die tief verwurzelte Widerstandsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft inmitten eines globalen Absturzes. Inzwischen habe die Coronakrise die meisten großen Volkswirtschaften fast zum Stillstand gebracht, meinten die chinesischen Experten.
Archivbild von Shanghai (Foto: Xinhua)
Die Einzelhandelsumsätze stürzten im ersten Halbjahr im Jahresvergleich um 11,4 Prozent auf 17,22 Billionen Yuan (2,46 Billionen US-Dollar) ab. Die industrielle Wertschöpfung schrumpfte um 1,3 Prozent, während die Anlageinvestitionen um 3,1 Prozent auf 28,16 Billionen Yuan zurückgingen, berichtete Chinas Nationales Statistikbüro am Donnerstag.
Zudem lag die Arbeitslosenquote laut der Statistik im Juni bei 5,7 Prozent, was einen Rückgang um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Mai bedeutet.
„Die Leistung im zweiten Quartal war besser als erwartet, da die Produktion auf der Angebotsseite und die Investitionen aufholten. Die Wirtschaft konnte sich in der letzten Hälfte des zweiten Quartals von einer Erholung zu einem periodischen Anstieg bis zu einem gewissen Grad verbessern", sagte Tian Yun, stellvertretender Direktor der Beijing Economic Operation Association, gegenüber der Global Times.
Trotz des weiterhin vergleichsweise niedrigen Wachstums im zweiten Quartal des Jahres könnte China immer noch die besten Ergebnisse unter allen großen Volkswirtschaften der Welt erzielen und die globale Erholung nach der Pandemie anführen, prognostizierten chinesische Analysten. Angesichts der derzeitigen Entwicklung wird erwartet, dass China die USA bis 2030 in Bezug auf das absolute BIP übertreffen werde, wobei der Aufholprozess pro Kopf noch viel länger dauern könne.
Ende Juni senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für die Weltwirtschaft dieses Jahres auf minus 4,9 Prozent. Es wird erwartet, dass die US-Wirtschaft 2020 um 8 Prozent schrumpfe, während Chinas BIP um 1 Prozent wachsen sollte.
(Quelle: Nationales Statistikbüro/ Global Times)
Tian merkte an, dass die derzeitige rasche Erholung Chinas auch den Weg für den Rest der Welt weise, einschließlich der USA und Indien, wo die Coronakrise die wirtschaftliche Erholung zunichtemacht. Die Lehre sei, dass man erst einen gewissen Preis zahlen müsse, um das Virus unter Kontrolle zu bringen, und erst dann die Wirtschaft mit Konjunkturmaßnahmen stützen könne.
Allerdings stellten die Wirtschaftswissenschaftler fest, dass das chinesische BIP aufgrund der schleppenden Binnen- und Auslandsnachfrage wahrscheinlich keine V-förmige Erholung erreichen werde. „Zwar steigt der Konsum, also der Hauptmotor der chinesischen Wirtschaft, aber langsamer als erwartet. Wir sehen bisher kein Anzeichen für eine Freisetzung des Nachholbedarfs", beschrieb Tian.
Er ergänzte, dass der Ausbruch des Coronavirus bisher jeden Chinesen im Durchschnitt etwa 1.000 Yuan gekostet habe. Dieses Geld hätte in den Konsum fließen müssen, und es sei daher schwer wieder hereinzubringen.
Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte wird erwartet, dass sich die Wirtschaft weiter erholen und das zweite Quartal übertreffen werde, und zwar aufgrund von Verbesserungen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite, sagte Liu Xuezhi, Experte für Makroökonomie bei der Bank of Communications. Er warnte dennoch, dass eine rückläufige Weltwirtschaft und die mögliche Verschlimmerung der COVID-19-Pandemie das Wachstum der chinesischen Exporte weiterhin belasten und globale Lieferketten stören könnten - trotz der besser als erwarteten Exportzahlen in der ersten Hälfte.
In der ersten Jahreshälfte ging Chinas Außenhandel im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent auf 14,24 Billionen Yuan (2,03 Billionen US-Dollar) zurück. Dieser Rückgang war um 1,7 Prozentpunkte geringer als der jährliche Rückgang in den ersten fünf Monaten, wie die Zolldaten zeigten.