Jubiläum der VN

75 Jahre Vereinte Nationen - die Zukunft heißt Multilateralismus, noch mehr denn je Exklusiv

27.09.2020

von Dr. Michael Borchmann



Im Jahre 2020 jähren sich zum 75. Mal das Ende des 2. Weltkrieges und die Gründung der Vereinten Nationen. Und die Schrecken dieses Krieges waren auch Anstoß für eine Initiative der Siegermächte, die auf eine schnellstmögliche Schaffung einer allgemeinen, auf dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller friedliebenden Staaten aufbauenden Organisation zur Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit zielte. Die auf dieser Grundlage ausgearbeitete Charta wurde am 26. Juni 1945 auf der Konferenz von San Francisco von 50 Staaten unterzeichnet, unter ihnen China als Erstunterzeichner. In der weiteren Entwicklung der Vereinten Nationen hat das Land großen Einsatz für die Ziele der Völkergemeinschaft dokumentiert. Das gilt etwa für die Mitwirkung an Friedenssicherungsmaßnahmen der VN durch erhebliche finanzielle Zuwendungen oder auch das Stellen von insgesamt bereits 40.000 militärischen Kräften für etwa 25 VN-Missionen in den vergangenen 30 Jahren, mehr übrigens als jedes andere Mitglied des VN-Sicherheitsrates. Und es ist ein offenes Geheimnis, dass die chinesischen Militärs sowohl innerhalb der Vereinten Nationen selbst als auch in den Entsendungsländern aufgrund ihrer Disziplin, Korrektheit und Professionalität in besonderem Maße geschätzt sind. Beteiligt hat sich China aber auch an einer großen Zahl von Entwicklungs-, Landwirtschafts-, Armutsbekämpfungs-, Umweltschutz-, Bildungs- oder auch Gesundheitsprogrammen der VN.


Der für den 21. September ursprünglich geplante Festakt zu dem genannten, besonderen Jubiläum der VN ließ sich jedoch wie sehr viele sonstige Aktivitäten weltweit pandemiebedingt nicht in der vorgesehenen Form verwirklichen, musste vielmehr überwiegend online stattfinden. Die als Redner vorgesehenen Staats- und Regierungschefs kamen stattdessen auf Videobotschaften zu Wort. Mit anderen Worten: der Festakt am VN-Sitz in New York fiel bescheidener aus als geplant.


Die Zeremonie stand unter dem Leitsatz: „Die Zukunft, die wir wollen, die Vereinten Nationen, die wir brauchen: Bekräftigung unseres gemeinsamen Bekenntnisses zum Multilateralismus“. Und zum Auftakt der Veranstaltung hatte VN-Generalsekretär António Guterres dementsprechend einen Plädoyer für die internationale Zusammenarbeit gehalten. „Heute haben wir einen Überschuss an multilateralen Herausforderungen und ein Defizit an multilateralen Lösungen.“ Es brauche eine effektive Zusammenarbeit mit Visionen und Ehrgeiz, um Probleme wie Klimawandel, Ungleichheiten und Benachteiligung von Frauen zu begegnen und den Kampf gegen Hass und Armut zu führen. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten unterstrichen die ebenso die Bedeutung der VN, plädierten ebenso für weitere Reformen. Eigentlich hätte sich der US-Präsident mit einer Video-Botschaft als erster Vertreter der 193 Mitgliedstaaten äußern sollen. Aber Präsident Trump begnügte sich damit, sein Land lediglich auf Diplomatenebene vertreten zu lassen, und zwar nicht einmal durch seine Botschafterin bei den VN, sondern lediglich durch deren Stellvertreterin.


Den durch den VN-Generalsekretär angesprochenen Geist des Multilateralismus hat folgend vor allem Chinas Staatspräsident Xi Jinping unterstrichen. Und dieses Eintreten für Multilateralismus ist von großer Kontinuität geprägt. Der chinesische Staats- und Parteiführer ist seit langem als einer der entschiedensten Befürworter und Verfechter einer multilateralen Weltordnung bekannt und das erkennt man beispielsweise an seiner Rede beim Davos Forum von 2017. Anlässlich des Jubiläumsaktes führte er aus, China werde immer eine Stütze des Multilateralismus bleiben, beteilige sich engagiert an Reform und Aufbau des globalen Governance-Systems und verteidige entschlossen das internationale System mit den Vereinten Nationen als Kern, die auf dem Völkerrecht basierende internationale Ordnung und die Schlüsselrolle der Vereinten Nationen in internationalen Angelegenheiten. Rückblickend auf die 75-jährige Entwicklung der Vereinten Nationen kommentierte er: „Es sind 75 Jahre der Vereinten Nationen gewesen, in denen sich der Multilateralismus rasant hervorgetan hat. Die heutige Welt sieht sich enormen und wachsenden Herausforderungen gegenüber. Diesen kann nur mit Dialog und Kooperation begegnet werden. Es ist zu einem breiten Konsens geworden, die internationalen Angelegenheiten durch multilaterale Konsultationen zu behandeln und die Schwierigkeiten gemeinsam zu überwinden.“ Xi fügte hinzu: „Der überraschende Ausbruch der Coronavirus-Pandemie stellt eine schwerwiegende Probe für die ganze Welt dar. Die Menschheit ist nun in eine neue Ära eingetreten, in der die Interessen aller Länder eng miteinander verflochten und ihr Schicksal eng miteinander verbunden sind. Globale Bedrohungen und globale Herausforderungen erfordern starke und entschlossene globale Antworten.“


Auch andere, etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, hielten das Banner von Multilateralismus und gemeinsamer Pandemiebekämpfung hoch: „Doch wer meint, allein besser zurecht zu kommen, der irrt. Unser Wohlergehen ist ein geteiltes. Und unser Leid auch.“ Und sie nannte die Corona-Pandemie als ein Beispiel dafür, „dass globale Probleme über Ländergrenzen hinweg und auf allen Ebenen Verständigung und Zusammenarbeit erfordern”. In deutschen Medien wurde kommentierend der eigentliche Adressat dieser Botschaft genannt: US-Präsident Trump.


Einen etwas bitteren Beigeschmack erhielt das Jubiläum allerdings am Folgetag mit dem Beginn der VN-Vollversammlung. Präsident Trump, der eine eigene Grußbotschaft zum Jubiläumsakt verschmäht hatte, benutzte die Eröffnung der Vollversammlung zu üblen Attacken gegen China in Sachen Pandemie in einer Rede, die selbst eine China wirklich nicht wohlgesonnene Zeitung in Deutschland als „lustlose Wahlkampfrede“ bezeichnete. Ein Präsident, der die dramatische Pandemielage in den USA zu verantworten hat, indem er lange keine Maßnahmen ergriffen und die Gefahren verharmlost hat mit Worten: „Wenn die ersten Sonnenstrahlen kommen, ist das Virus weg.“ Aber die Methoden dieses Präsidenten werden allerorten mit weiter zunehmendem Kopfschütteln wahrgenommen. Die Deutsche Welle überschrieb bereits vor Jahresfrist einen Kommentar mit den Worten „Donald Trump - der Brandstifter im Weißen Haus“, und die üblicherweise eher sachliche und zurückhaltende Neue Zürcher Zeitung formulierte „Wie viel Skandal, Lüge und Machtmissbrauch verträgt das Amt des US-Präsidenten? Im politischen Nahkampf ist Trump der unbestrittene Meister – sein Metier sind Schmutzkampagnen, Pöbeleien, Lügen und Verdrehungen.“


Trotz dieses für eine Jubiläumsfeier reichlich unwürdigen Zwischenfalls ist aber festzuhalten, dass der Tenor der vielen verantwortungsvollen Stellungnahmen - auch derjenigen des VN-Generalsekretärs - an die zentralen Zielsetzungen der Gründung der Völkergemeinschaft anknüpfte: Friedliche Entwicklung, harmonische Kooperation und internationale Sicherheit. Gut, dass neben Staatspräsident Xi auch sehr viele andere herausragende politische Akteure klar und eindeutig zum Ausdruck brachten: Globale Gefährdungen und Bedrohungen wie nunmehr die COVID-19-Pandemie lassen sich nur gemeinsam, durch vertrauensvolle Zusammenarbeit und Multilateralismus meistern, niemals aber durch Isolationismus, Feindseligkeit und rücksichtslosen nationalen Egoismus!


Der Autor, Dr. jur. Michael Borchmann, ist Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D. und Senior Adviser der China International Investment Promotion Agency (CIIPA). Die Meinung des Autors spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.


Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: China,VN,Multilateralismus,Trump,Pandemiebekämpfung