Arbeitselan und Entschlossenheit bei der Armutsbekämpfung entfalten

28.10.2020

Mit einer Gartenschere beschneidet die 35-jährige Qin Yongqiu Zweige der Passionsfrucht und kümmert sich sorgfältig um ihren Obstgarten. „Die Früchte sind fast schon reif und es wird nicht mehr lange dauern, bis sie gepflückt und verkauft werden können“, freut sich Qin. 


Qin Yongqiu beim Schneiden der Zweige (Foto: Li Kaizhai) 


Aus Armut verließ Qin Yongqiu vor einigen Jahren das Dorf Zhadong und entschied sich, im Bezirk Yizhou der Stadt Hechi im Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang-Nationalität zu arbeiten und zu leben. Ihre Eltern blieben im Dorf und bestritten ihren Lebensunterhalt durch den Anbau von Mais. Nachdem das Dorf eine Straßenanbindung erhalten hatte, kehrten sie und ihr Mann auf Empfehlung des Ersten Sekretärs des Dorfes Xie Wanju nach Zhadong zurück. Auf dem ursprünglichen Maisfeld pflanzen sie nun Passionsfrüchte. 


„Selbst bei der gleichen Landarbeit können Passionsfrüchte mehr Profit als Mais abwerfen“, sagt Qin. Xie Wanju erkärt: „Früher lag der Maisertrag bei 150 bis 200 Kilogramm pro Mu (etwa 0,07 Hektar), und dabei kamen rund 400 Yuan (umgerechnet ca. 50 Euro) als Verdienst heraus. Wenn die Passionsfrucht gut bewirtschaftet wird, ist ein Ertrag von 500 Kilogram pro Mu möglich. Es wird konservativ geschätzt, dass selbst bei einem Verkaufspreis von nur zwei Yuan (ca 0,26 Euro) pro Kilogramm das Einkommen drei- oder viermal höher sein kann als das von Mais."  


Die Passionsfrucht hat einen kurzen Zyklus von der Pflanzung bis zur Ernte, und auch einen geringeren Bodenbedarf, daher ist Zhadong sehr geeignet für die Pflanzung. Um die Passionsfruchtindustrie zu entwickeln, wurden den umstellungswilligen Dorfbewohnern verschiedene Subventionen gewährt. „Man braucht nicht nur kein Geld für die Passionsfruchtsämlinge der ersten Pflanzung, ich habe auch noch einen Zuschuss von mehr als 500 Yuan (umgerechnet ca. 60 Euro) pro Mu erhalten“, sagt Qin Yongqiu. 


Passionsfrüchte im Dorf Zhadong (Foto: Li Kaizhi) 


Qin Yongqius Passionsfruchtgeschäft hatte sich reibungslos entwickelt, aber in diesem Jahr änderte sich die Situation. Aufgrund der coronabedingten Einschränkungen konnte man sich mehrere Monate lang nicht um das Passionsfruchtfeld kümmern. Darüber hinaus wurde das Dorf Zhadong während der Regenzeit im Juli und August  von Überschwemmungen heimgesucht, die einen nachteiligen Einfluss auf die Qualität der Passionsfrüchte hatten. 


Um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern, ging Qins Ehemann vor kurzem nach Guangzhou, um dort zu arbeiten. Sie selbst kümmert sich um ihre beiden Kinder, so dass sie weniger Zeit findet, ins Dorf zu kommen, um die Passionsfrucht zu beschneiden. 


Angesichts dieser Situation suchte sie aktiv mit Hilfe des Dorfkomitees nach einem Ausweg. „Egal wie die Dorfbewohner aus der Armut herauskommen, solange sie aus der Armut herauskommen und immer besser und besser leben können, ist das ein Erfolg“, sagt Xie Wanju pragmatisch. 


Auch Qin Yongfu, der größte Seidenraupenzüchter im Dorf, muss sich umorientieren. 


Als „Heimat der chinesischen Serikultur“ gibt es viele Firmen im Bezirk Yizhou, die in der Seidenverarbeitung tätig sind. Eine bedeutende Menge ihrer Produkte wird in mehr als zehn Länder und Regionen wie Japan, Indien, Italien und Rumänien exportiert. Doch da sich die Epidemie seit Anfang dieses Jahres auf der ganzen Welt ausgebreitet hat, sind die Seidenexporte fast zum Erliegen gekommen. Qin Yongfu, der von der Serikultur lebt, ist davon betroffen. 


„Die Nachfrage ist deutlich zurückgegangen. Obwohl es immer noch viele Käufer von Kokons gibt, ist es nicht vergleichbar mit dem letzten Jahr, und das gilt auch für  Bezugspreis“, sagte Qin Yongfu. 


Das Dorf habe in den letzten Jahren relativ gute Gewinne durch die Viehzucht erzielt, unterstützt durch das Dorfkomitee, so Qin weiter. Derzeit denkt er darüber nach, ob er sich neben dem Serikulturgeschäft auch der Rinderzucht widmen soll. 


Die Unterstützung der Erwerbszweige ist für die Armutsüberwindung von entscheidender Bedeutung. Die Erhöhung der Einnahmen ist eine wichtige Methode zur Armutsbekämpfung und verlangt langfristige Anstrengungen.  


Xie Wanju unternimmt auch neue Versuche, die charakteristischen Erwerbszweige im Dorf Zhadong zu entwickeln. Obwohl es sowohl Erfolge als auch Enttäuschungen gegeben hat, ist Xie Wanju der Meinung, dass sich vor allem die Einstellung vieler Dorfbewohner geändert hat.  Vor der Straßeneröffnung, der Armutsbekämpfung durch Umsiedlung und der Entwicklung von Industrien waren sich die Dorfbewohner trotz ihrer Armut der aktuellen Situation nicht recht bewusst und hatten nicht genug Motivation, diese Situation zu ändern. „Aber mit der Entwicklung und dem Wandel des Dorfes in den letzten Jahren hat sich das Denken von  immer mehr Dorfbewohnern von ‚Ich sollte mich aus der Armut befreien‘ zu ‚Ich will mich aus der Armut befreien‘ verändert. Jeder ist bereit, nach Wegen zu suchen, um aus der Armut herauszukommen und ein wohlhabendes Leben zu führen.“ Darüber ist Xie sehr erfreut. 


Im Dorf Zhadong gab es einst 101 Haushalte mit 314 Menschen, die in Armut lebten, und die Armutshäufigkeitsrate lag bei 48,8 Prozent. Nach fast fünfjähriger harter Arbeit sind lediglich 16 Personen in den verbleibenden sechs Haushalten der Armut noch nicht entkommen. Alle haben den Standard der zweifachen Sorgenfreiheit (nämlich bezüglich ausreichender Nahrung und wärmender Kleidung) und der dreifachen Gewährleistung (nämlich der Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht, der grundlegenden Dienstleistungen von medizinischer Betreuung und Gesundheitsfürsorge sowie des sicheren Wohnraums) erreicht. Und diese sind für das Dorf Zhadong nur der Anfang. 

Diesen Artikel DruckenMerkenSendenFeedback

Quelle: Beijing Rundschau

Schlagworte: Passionsfrucht,Straßenanbindung,Subvention,Armut