Krise in Chance verwandeln
Chinas Automobilsektor strebt einheimische Chip-Fertigung an
Die Pandemie und die Störungen der internationalen Lieferketten haben Chinas Abhängigkeit von ausländischen Chip-Herstellern im Automobilsektor noch einmal verdeutlicht. Doch Experten drängen die Branche nun dazu, die aktuelle Krise als Chance zu verstehen und mehr dafür zu tun, einen einheimischen Chip-Fertigungssektor aufzubauen.
Mitarbeiter sind in einer Werkstadtt vom GAC Motor in Ürümqi, der Hauptstadt der nordwestchinesischen Uigurischen Autonomen Region Xinjiang, beschäftigt. (Foto von Xinhua, 24. September 2020)
Während die weltweiten Autohersteller – einschließlich derer in China –
aktuell mit einem Engpass bei der Chiplieferung zu kämpfen haben, der bereits im vierten Quartal des letzten Jahres begonnen hatte, ermutigen einige chinesische Automobilexperten die Branche dazu, die Krise in eine Chance zu verwandeln und nun eine größere inländische Chip-Produktionsbasis aufzubauen.
Der Automobilhersteller GAC Group beispielsweise erforscht und entwickelt aktiv Alternativen für Auto-Chips. Erstausrüster, die sie beliefern, müssen Maßnahmen wie Lieferüberwachung, Informationsaustausch und die Verbindung von verschiedenen Abteilungen ergreifen, damit sie Risiken rechtzeitig erkennen und darauf reagieren können.
GAC Capital investierte im September 2020 in das chinesische Fahrzeugchip-Start-up Horizon Robotics. GAC Capital und das GAC-R&D Center (Forschungszentrum) sind eine strategische Partnerschaft mit Horizon eingegangen und haben gemeinsam den „Journey 3 Chip“ für künstliche Intelligenz (KI) für den Autohersteller entwickelt.
GAC sagte, dass die Auswirkungen der Chip-Knappheit nur vorübergehend und die Unterbrechungen der Produktion daher auch kontrollierbar sein würden. Das Unternehmen halte demnach auch an seinem Ziel fest, die Verkaufszahlen im Jahr 2021 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr zu steigern.
Seit Anfang März haben globale Fahrzeughersteller von Ford bis Volkswagen ihre Produktion in einigen Werken wegen des Chipmangels ausgesetzt. Die Engpässe sind vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Branche schneller als erwartet von der Pandemie erholt, insbesondere in China, dem größten Automarkt der Welt.
Chinesische Autohersteller waren jedoch nicht in der Lage, die Chip-Krise zu vermeiden, weil sie 90 bis 95 Prozent ihrer Chips importieren, wie Daten zeigten.
William Li Bin, CEO des chinesischen Elektrofahrzeug-Herstellers Nio, erklärte, dass die meisten der nun knappen Chips einfache Versionen seien, die nur ein US-Dollar kosten. Der Chipmangel werde im zweiten Quartal eine zunehmende Herausforderung sein, bevor er im dritten Quartal dann allmählich nachlassen werde, schätzte Li. Nio hatte angekündigt, aufgrund der Chip-Knappheit die Produktion ab dem 29. März für fünf Tage zu stoppen.
Chinesische Autoexperten ermutigen die einheimische Auto- und Chipindustrie derweil dazu, die Lokalisierung (Chip-Fertigung im Inland) zu beschleunigen, da der Chipmangel sowohl eine Krise als auch eine Chance darstelle.
Dong Yang, Präsident der China Electric Vehicle Charging Infrastructure Promotion Alliance, sagte, dass die starke Abhängigkeit von importierten Auto-Chips Risiken für die Sicherheit der Lieferkette berge, zum Beispiel im Falle einer Pandemie oder eines Aufflammens geopolitischer Spannungen.
Als weltweit größter Markt für Elektrofahrzeuge wird China eine steigende Nachfrage nach Auto-Chips verzeichnen, da die Fahrzeuge immer intelligenter werden und die Technologie für autonomes Fahren reife. Das bedeute logischerweise, dass China auch seine Chipkapazitäten entsprechend ausbauen müsse, erläuterte Mei Songlin, ein in Shanghai ansässiger Autoanalyst.
Li Shaohua, stellvertretender Generalsekretär der Chinesischen Vereinigung der Automobilhersteller, sagte, dass die Erholung mindestens neun Monate bis ein Jahr dauern werde - also länger als die vorherige Schätzung von sechs Monaten. Er betonte gleichzeitig, dass die Entwicklung inländischer Auto-Chips nicht nur technologische Probleme lösen, sondern auch die Sorgen auf dem Markt lindern würde.
Laut Wang Chuanfu, Vorsitzender des einheimischen Elektroautoherstellers BYD, ist das Unternehmen nicht von der weltweiten Chip-Knappheit betroffen und musste dank seiner eigenen fortschrittlichen Chip-Forschung und -Entwicklung die Produktion nicht aussetzen.
BYD Semiconductor, die Chip-Sparte des Unternehmens, ist Chinas größter Hersteller von Bipolartransistoren mit angeordneter Gateelektrode (IGBT) für die Automobilindustrie. Das Unternehmen konkurriert mit ausländischen Chip-Giganten wie Infineon Technologies aus Deutschland oder Mitsubishi Electric aus Japan, die den weltweiten IGBT-Markt seit langem dominieren.