Chinas Technologiekonzern Huawei hat am Mittwoch die Einführung seines proprietären Harmony-Betriebssystems (HarmonyOS) für Smartphones angekündigt. Das Unternehmen versucht, sich von den amerikanischen Sanktionen zu erholen, die sein Handygeschäft behindern.

Huawei wird ab Mittwochabend damit beginnen, HarmonyOS auf bestimmten Modellen seiner Smartphones auszurollen und bietet den Nutzern damit die Möglichkeit, von dem aktuellen Betriebssystem, das auf Googles Plattform Android basiert, zu wechseln.

Der Einsatz von HarmonyOS bedeutet, dass das Unternehmen nicht mehr vollständig von Android abhängig sein wird. Die amerikanischen Sanktionen verbieten dem zu Alphabet gehörenden Unternehmen Google den technischen Support für neue Huawei-Telefonmodelle und den Zugang zu den mobilen Services von Google, dem Bündel von Entwicklerdiensten, auf denen die meisten Android-Apps basieren.

Anstatt als gleichwertiger Ersatz zu dienen, präsentiert Huawei HarmonyOS als eine Plattform für das Internet der Dinge, die auf anderen Geräten wie Laptops, Smartwatches, Autos und Haushaltsgeräten laufen und diese miteinander verbinden soll.

Huawei strebt an, HarmonyOS bis zum Jahresende auf 200 Millionen Smartphones und 100 Millionen Smart Devices von Drittanbietern auszurollen, sagte Wang Chenglu, Präsident der Softwareabteilung der Huawei Consumer Business Group, welche die Bemühungen von Huawei zur Entwicklung von HarmonyOS seit 2016 leitet. 

Chinas führender Telekommunikationsausrüster steht seit Mai 2019 wegen sogenannter nationaler Sicherheitsbedenken für den amerikanischen Handel auf einer schwarzen Liste. Huawei hat die Vorwürfe wiederholt bestritten.

Das Verbot setzt Huaweis Handset-Geschäft unter immensen Druck. Das Unternehmen war früher der größte Smartphonehersteller der Welt, heute liegt Huawei mit einem Marktanteil von vier Prozent im ersten Quartal weltweit noch auf Platz sechs.

Aber Wang sagte, das Unternehmen blicke mit HarmonyOS über Smartphones hinaus. Der Smartphonemarkt habe eine Sättigung erreicht. Smartphones würden das dominierende Gerät im Leben der Menschen bleiben, vor allem weil die meisten Entwickler kaum andere Plattformen haben, für die sie entwickeln können. Stattdessen gebe es Bedarf für ein System, das die Lücke zwischen den Geräten überbrückt, sagte Wang.

„Das Problem mit den bestehenden Betriebssystemen liegt darin, dass die Geräte nicht einfach miteinander verbunden werden können“, sagte Wang. Die Benützer müssten dazu oft erst separate Apps herunterladen. „Aber mit Harmony können Geräte zu einem Supergerät verbunden werden. Es wird als ein Dateisystem funktionieren, buchstäblich wie ein einziges Gerät“, stellte er klar.

Wang sagte, er werde es begrüßen, wenn andere Smartphonehersteller HarmonyOS übernehmen könnten, fügte aber hinzu, dass Huawei größere Chancen in der Zusammenarbeit mit Herstellern von anderen Geräten sieht.

Will Wong, ein Research Manager bei der International Data Corporation, sagte, dass es für Huawei nicht zwingend notwendig sei, dass andere Smartphonehersteller HarmonyOS übernehmen. „Aber damit Huawei seine Ziele erreichen kann, wird es wichtig sein, andere Elektronikmarken und sogar Autohersteller für das Betriebssystem an Bord zu holen. China bietet ein günstiges Markt-Ökosystem, um dieses Ziel zu erreichen“, sagte Wong.