Russland wird sich China nicht entfremden
Russland erwarte keine unmöglichen Ergebnisse beim bevorstehenden Gipfeltreffen zwischen Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden in Genf. Beide Seiten würden schwerlich wichtige Probleme bei dem Treffen lösen können, sagt der russische Botschafter in China, Andrei Denisow, gegenüber der Global Times in einem Exklusivinterview.
(Foto von VCG)
Der Botschafter weist darauf hin, dass Russland mit China in Konsultationen treten würde, wenn die beiden Spitzenpolitiker über Themen sprechen würden, die China beträfen. Er unterstreicht, dass die russisch-chinesischen Beziehungen sich nicht ändern würden, ganz unabhängig von der Haltung, die die USA gegenüber Russland einnähmen.
Putin und Biden wollen sich am 16. Juni in Genf treffen. Es wird dies das erste Treffen der beiden politischen Führer nach dem Amtsantritt Bidens sein.
Analysten gehen davon aus, dass Biden und Putin bei ihrer ersten Begegnung Themen wie Abrüstung, geostrategische Stabilität, Umweltschutz, COVID-19 und Konflikte in den Brennpunkten der Welt erörtern werden.
Denisow führt gegenüber der Global Times aus, dass Russland alle Maßnahmen begrüße, die zum Abbau von Spannungen und Wettbewerb beitrügen, allerdings auch sehr vorsichtig sei in seiner Erwartungshaltung gegenüber dem Verhältnis zwischen Russland und den USA, vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die gegenwärtigen Beziehungen zwischen den beiden Ländern sehr angespannt seien.
Russland sei realistisch und erwarte keine unmöglichen Ergebnisse. Das Gipfeltreffen werde voraussichtlich keine wesentlichen Fragen zwischen den beiden Seiten klären können. Es wäre ein gutes Ergebnis, wenn der Gipfel Weichenstellungen für die Lösung von Problemen in der Zukunft schaffen würde, so Denisow.
In Medienberichten sehen einige politische Beobachter das Gipfeltreffen von Genf als Gelegenheit, die Eiszeit in den Beziehungen zwischen Russland und den USA zu beenden. Dem stehen allerdings Äußerungen beider Seiten gegenüber, die geeignet sind, die Erwartungen Außenstehender zu dämpfen. Biden versprach einen harten Kurs gegenüber Putin, er wolle ihn vor allem in Menschenrechtsfragen unter Druck setzen, während Putin verkünden ließ, dass er sich von dem Treffen mit seinem amerikanischen Amtskollegen keinen Durchbruch verspreche.
Einige Beobachter führen aus, dass es zwar schwierig sei, das Eis in den amerikanisch-russischen Beziehungen zu brechen, die USA aber ein Interesse daran haben könnten, die Beziehungen zu stabilisieren und Spannungen abzubauen, um sich auf China konzentrieren zu können. So könnte sich das Treffen in Genf als Gelegenheit erweisen, um auf Entspannungskurs gegenüber Russland zu gehen.
Entgegen dieser Auffassung sagt Denisow gegenüber der Global Times, dass die Vorstellung, dass sich Russland von China entfremden ließ, wenn die Vereinigten Staaten mit einer kurzzeitigen Entspannung des Verhältnisses zu Russland lockten, "sehr kurzsichtig" sei.
"Russland ist klüger als die Amerikaner denken," meint Denisow.
Der Diplomat sagt, dass während des Besuchs des russischen Außenministers Sergei Lawrow in China und der Russland-Visite des Mitglieds des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (KP) Chinas und der Kommission für Außenpolitik der KP Chinas, Yang Jiechi, Fragen der Amerikapolitik besprochen wurden. Falls in Genf zwischen Russland und den USA Themen mit China-Bezug zur Sprache kämen, würde sich Russland darüber mit China austauschen.