Anpassung der Nuklearpolitik

USA sollten bedingungslos auf „Ersteinsatz von Atomwaffen" verzichten

01.11.2021

Die USA als weltweit führende Militärmacht stehen in der Pflicht, endlich bedingungslos eine „No First Use“-Nuklearpolitik einzuführen. Schon unter Barack Obama hatte es einen solchen Trend gegeben, sein Nachfolger Donald Trump hatte diese Entwicklung jedoch wieder umgekehrt. Auch wenn die US-Verbündeten zunächst nicht glücklich wären, wäre es ein wichtiger Schritt für den globalen Frieden.

 

Foto von VCG.


Die USA planen, die Überprüfung ihrer Atomwaffen-Politik („Nuclear Posture Review“) bis zum Ende dieses Jahres abzuschließen. Berichten zufolge erörtert die Regierung von Präsident Joe Biden, ob sie den Einsatz von Kernwaffen einschränken sollte, zum Beispiel durch die Ankündigung des „Verzichts auf den Ersteinsatz von Kernwaffen" („No First Use“) oder durch eine Erklärung des „alleinigen Zwecks". Letzteres würde heißen, dass Kernwaffen nur unter bestimmten Umständen eingesetzt werden können, unter anderem als Reaktion auf einen nuklearen Angriff.

 

Medienberichten zufolge haben sich die Verbündeten der USA - darunter das Vereinigte Königreich, Deutschland, Frankreich, Japan und Australien - nachdrücklich gegen eine Anpassung der Nuklearpolitik der USA ausgesprochen. Sie glauben, dass ein solcher Schritt ihren Schutz durch die USA schwächen würde. Diese mögliche Politik-Anpassung würde zudem auch bedeuten, dass die USA China und Russland ein Entgegenkommen anbieten würden.

 

Schon seit langem wird darüber diskutiert, ob die USA ihren Einsatz von Atomwaffen einschränken sollten. Während der Amtszeit des früheren Präsidenten Barack Obama waren die USA bereits kurz davor, diese Anpassung vorzunehmen. Die Obama-Regierung erwog die Verabschiedung einer „No First Use"-Verpflichtung und entwarf sogar eine Vision für eine Welt ohne Atomwaffen. Obamas Plan wurde jedoch bald darauf aufgegeben, nachdem er von den Verbündeten der USA –zum Beispiel Japan - abgelehnt wurde.

 

Als Donald Trump im Oval Office saß, verfolgten die USA dann sogar eine gegensätzliche Politik und beschleunigten die Modernisierung ihres Atomwaffenarsenals. Der Haushalt der Trump-Regierung für das Jahr 2018 enthielt 60 bis 90 Milliarden US-Dollar für Atomwaffenprogramme. Jetzt hat die demokratische Regierung unter Joe Biden die Kontrolle über den nuklearen Knopf, und es ist durchaus möglich, dass sie darüber nachdenkt, die nuklearen Risiken in der Welt zu verringern. Sollte Biden wirklich den Schritt wagen, den „Verzicht auf den Ersteinsatz" von Atomwaffen anzukündigen oder pragmatische Maßnahmen zur Eindämmung der US-Atompolitik zu ergreifen, würde dieser Schritt weltweit auf breite Zustimmung stoßen.

 

Allerdings scheint Biden bislang offensichtlich die von der Trump-Administration eingeschlagene Strategie der Verschärfung des Wettbewerbs zwischen den Großmächten fortzusetzen. Die Beziehungen zwischen den Großmächten sind heute wesentlich angespannter als noch unter der Obama-Regierung. Biden setzt auf ein koordiniertes Vorgehen mit den Verbündeten und einen scharfen Wettbewerb mit China und Russland. Es ist höchst zweifelhaft, ob Biden den Mut hat, echte Schritte zur Einschränkung des Einsatzes von Atomwaffen zu unternehmen.

 

Die Reaktionen der Verbündeten der USA, wie sie in den Medien zu lesen sind, sind ziemlich enttäuschend. Vor allem Länder wie Japan lehnen eine Einschränkung des Einsatzes von Atomwaffen ab, obwohl das Land einst selbst unter einem Atomschlag zu leiden hatte. Die von den Verbündeten der USA vertretene Anti-Atom-Doktrin ist eine reine Täuschung. Im Gegenteil, was sie verfolgen, ist eine einseitige nukleare Sicherheit. Sie wollen ihr eigenes Recht auf die Nutzung der Kernenergie ausweiten, versuchen parallel aber mit allen Mitteln, das Recht der anderen auf die Nutzung der Kernenergie zu beschneiden.

 

China hat schon sehr früh die „No first use"-Atompolitik verkündet. Seit dem ersten Tag, an dem es Atomwaffen besaß, hat es stets an dieser Politik festgehalten. Die Verbündeten der USA sollten daher in diesem Sinne denken: Falls China von dieser Politik abrückt, wie viel Druck wird es dann auf die regionale Sicherheit ausüben? Wenn die USA, die weltweit führende Militärmacht, Beschränkungen für den Einsatz von Atomwaffen ankündigen, wird dies zweifellos konstruktive Möglichkeiten für die globale Sicherheit schaffen, wobei die Vorteile die Nachteile überwiegen.

 

Die Atomwaffen-Politik ist das heikelste Sicherheitsdilemma - insbesondere Fragen wie die Anzahl der nuklearen Sprengköpfe und der Raketenabwehr. Sollten die USA die Führung bei der Einschränkung des Einsatzes von Atomwaffen in dieser Ära übernehmen können, würden sie wahrscheinlich den von China in der Vergangenheit eingeschlagenen Weg fortsetzen und damit eine neue Periode nuklearer Sicherheit einleiten. US-Verbündete wie Japan und Australien tappen in die Falle ihres eigenen kleinlichen Kalküls, aber sie werden sich nicht sicherer fühlen, wenn die USA nicht versuchen, die Verpflichtung zur Einschränkung des Einsatzes von Atomwaffen einzugehen.

 

Eine Gruppe ehemaliger US-Beamter und -Experten, darunter der frühere Verteidigungsminister William Perry, schrieb einen Brief an den damaligen japanischen Premierminister Yoshihide Suga und andere japanische Parteiführer. Darin forderten sie Japan dazu auf, sich einer von den USA möglicherweise angekündigten nuklearen „No First Use"-Haltung nicht zu widersetzen. Diese ehemaligen Beamten haben ihre Appelle sicherlich nicht aus der Sicht Chinas und Russlands formuliert. Ihre Überlegungen zur nuklearen Sicherheit verdienen das Verständnis der westlichen Welt – und nicht die grundsätzliche Ablehnung.

 

China hat keine Möglichkeit zu beeinflussen, ob die USA letztendlich auf eine Beschränkung des Einsatzes von Atomwaffen zusteuern werden. Selbst wenn die USA dies tun sollten, wird es höchstwahrscheinlich keine einseitige Entscheidung bleiben. Die USA werden wahrscheinlich von China, Russland und anderen Ländern verlangen, dass sie einige ihrer Forderungen erfüllen. In diesem Fall ist es möglich, dass sie neuen Druck auf China ausüben werden. 


China muss zunächst noch seine eigenen Aufgaben gut erledigen und seine eigenen nuklearen Abschreckungsfähigkeiten stärken. China ist die einzige Atommacht, die erklärt hat, dass sie keine Atomwaffen zuerst einsetzen wird. Die Entwicklung der sogenannten Zweitschlagsfähigkeit ist daher besonders wichtig. Chinas Moral in seiner Atompolitik war immer angemessen. Diejenigen Länder und Kräfte, die sich gegen die Beschränkung des Einsatzes von Atomwaffen durch die USA aussprechen, sind einfach nicht qualifiziert, mit dem Finger auf Chinas Atompolitik zu zeigen. Denn ihre moralischen Koordinaten sind falsch.


Ein Kommentar von Global Times.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: USA,Nuklearpolitik,bedingungslos,Ersteinsatz,Atomwaffen