USA, kein Zentrum der Demokratie mehr
Der „Demokratie-Gipfel" offenbart die Widersprüche in der amerikanischen Demokratie
Mit dem „Demokratie-Gipfel“ wollten die USA sich abermals als „Führende Kraft der Demokratie“ darstellen, obwohl dies längst nicht mehr der Wahrheit entspricht. Die Probleme in den USA häufen sich - von ethnischen Spannungen über Aufstände von Demokratiefeinden bis hin zu gescheiterten „Demokratieexporten“ – und daher müssen sich die Verbündeten langsam vom bisherigen demokratischen System mit Washington im Zentrum verabschieden.
Archivbild vom Sturm auf das Washingtoner Kapitol (Liu Jie/ Xinhua)
Der von der US-Regierung organisierte „Demokratie-Gipfel" ist sowohl eine politische Farce, um bestimmte Länder unter dem Vorwand der Demokratie zu unterdrücken, als auch ein Machtspiel, bei dem jedem klar ist, worum es in Wahrheit geht.
Die Ziele, die die USA mit der Ausrichtung des „Demokratie-Gipfels" verfolgten, liegen auf der Hand: die Welt mit der Mentalität des Kalten Krieges zu spalten, die internationale Gemeinschaft auf der Grundlage von Ideologien aufzuteilen, sich selbst als „Führende Kraft der Demokratie" zu behaupten und die „demokratische Allianz" zu stärken, indem ein gemeinsamer Feind geschaffen wird. In einer Zeit, in der weitere Ausbrüche des Coronavirus drohen und daher mehr denn je internationale Zusammenarbeit und Frieden erforderlich sind, ist es jedoch klar, dass Versuche, die Demokratie für sich zu vereinnahmen und unverhohlen zu spaltenden Konfrontationen aufzurufen, nicht auf positive Resonanz stoßen werden.
Die USA haben ihr Demokratiemodell immer als das beste angepriesen, als die „absolute Wahrheit", die überall auf der Welt anzuwenden sei. Die Wahrheit ist jedoch, dass das amerikanische Demokratiesystem mittlerweile in großen Widersprüchen gefangen ist.
Die amerikanische Demokratie ist ohne Frage ein wichtiger Teil der Geschichte der demokratischen politischen Praxis. Doch im Laufe der Zeit und mit der gesellschaftlichen Entwicklung sind in der amerikanischen Politik auch immer mehr Probleme entstanden, die zu ernsthaften Konflikten, Auseinandersetzungen und gar zu sozialen Spaltungen geführt haben. In „The Three Paradoxes of Democracy“ („Die drei Widersprüche der Demokratie“) hatte Larry Diamond, ein Senior Fellow an der Stanford University, schon im Jahr 1990 darauf hingewiesen, dass die Demokratie nicht nur das am meisten gelobt politische System sei, sondern wahrscheinlich auch das am schwierigsten zu erhaltende.
In den letzten Jahren hatten die Vereinigten Staaten ernsthafte Probleme mit ihrer nationalen Governance und ihrer Fähigkeit, angemessen auf Krisen zu reagieren. Jüngst hat vor allem der Tod von Hunderttausenden von Menschen durch die Pandemie das System der USA in Frage gestellt. Hinzu kommen der Tod von George Floyd durch Polizeigewalt und die rassistisch motivierte Gewalt an Asiaten – dies alles spiegelt die harte Realität in den heutigen USA wider und zeigt, dass die Rechte von Minderheiten nicht geschützt sind. Die Unruhen im Kongress am 6. Januar haben den Mythos der USA als „Leuchtturm der Demokratie" dann vollends in Frage gestellt. Als auf die 20 Jahre dauernde militärische Besatzung in Afghanistan im August der chaotische Rückzug erfolgte, wurde schließlich auch allen klar, dass der US-amerikanische „Demokratieexport" gnadenlos gescheitert ist.
Auch in dem von der vorherigen US-Regierung angezettelten „Handelskrieg" zeigen die USA keinerlei Gnade gegenüber ihren Verbündeten und lösen somit auf allen Seiten starke Ressentiments aus. Langfristig werden diese Entfremdungen innerhalb des westlichen „demokratischen Bündnissystems" die bisherige Führungsposition der USA immer mehr schwächen. Daher sah die US-Regierung nun keine andere Möglichkeit, als erneut die Fahne der Demokratie hochzuhalten, um ihre Partner „zurück ins Boot“ zu holen. Dieser Rückblick erklärt, wie die Farce des „Demokratiegipfels“ überhaupt entstehen konnte. Er erklärt, warum die USA erneut als „oberster Meister“ auftreten und mehr als 110 Länder und Regionen auswählen konnten, mit denen sie zusammen dieses Schauspiel aufführen.
In Wahrheit ist ein Land nicht automatisch demokratisch, nur weil die USA so entschieden haben. Die Vereinigten Staaten scheinen der Ansicht zu sein, dass ein Land demokratisch ist, sobald es mit einer bestimmten „politischen Ausrüstung“ ausgestattet ist. Ob eine Demokratie effektiv ist und gut funktioniert, hängt in Wirklichkeit aber nicht nur von einer solchen „politischen Ausrüstung“ ab, sondern vielmehr von der konkreten Umsetzung und den Menschen, die die Demokratie anwenden.
Mit anderen Worten: In der heutigen, immer vielfältiger werdenden Welt hat jedes Land das Recht darauf, sein eigenes Demokratiemodell und seinen eigenen Entwicklungsweg zu wählen, der seinen eigenen Anforderungen und Gegebenheiten entspricht.