Ein „gescheiterter Balanceakt"
Japans Entscheidung über die Olympiadelegation in Beijing missfällt sowohl China als auch den USA
Japan werde zwar keine Regierungsdelegation zu den Olympischen Winterspielen in Beijing schicken, spricht aber explizit nicht von einem „diplomatischen Boykott“. Mit diesem Balanceakt würde Tokio sowohl seinen Nachbarn China als auch den Verbündeten USA verstimmen.

(Foto von VCG)
Nach einem Monat der Unentschlossenheit erklärte Kabinettschef Hirokazu Matsuno am Freitag auf einer Pressekonferenz, dass Japan keine Regierungsdelegation zu den Olympischen Winterspielen 2022 in Beijing entsenden werde. Stattdessen werden Seiko Hashimoto,Abgeordnete des Repräsentantenhauses und Präsidentin des Organisationskomitees für die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio, sowie zwei weitere Personen mit Verbindungen zu den Olympischen Spielen zu den Veranstaltungen im Februar entsandt.Japanische Sportler werden zudem wie geplant an den Spielen teilnehmen, berichtete Kyodo News am Freitag. Matsunoäußerte sich nicht dazu, ob es sich bei der Entscheidung um einen „diplomatischen Boykott" handelt, und erklärte stattdessen, dass die Regierung „keinen speziellen Begriff" habe, um diesen Schritt zu beschreiben.
Chinesische Analysten beurteilten Japans Entscheidung als„misslungenen Balanceakt“, der weder das benachbarte China noch den Verbündeten USA zufrieden stellen dürfte. Chinesische Internetnutzer beschrieben Japans Verhaltenmit dem Spruch„die Hand beißen, die einen füttert" und verwiesen dabei auf Chinas Unterstützung für die Olympischen Spiele in Tokio, während die USA nicht erfreut sein dürften, dass Japan explizit nicht dem „diplomatischen Boykott" der USA folgen.
Japanischen Medien zufolge wurde die Ankündigung von Matsuno und nicht von Premierminister Fumio Kishida gemacht, weil Japan China nicht direkt provozieren wollte, da die beiden Länder im Jahr 2022 den 50. Jahrestag der Normalisierung der diplomatischen Beziehungen feiern.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Zhao Lijian, erklärte bei einer Pressekonferenz am Freitag, dass China das japanische Olympische Komitee und die Athleten zur Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2022 in Beijing willkommen heiße, aber auch, dass man hoffe und die japanische Regierung auffordere, ihre Verpflichtung zur gegenseitigen Unterstützung bei der Ausrichtung der Olympischen Spiele einzuhalten und den Sport zu entpolitisieren.
Japans Schritt lässt den Rest der Welt überdies auch erkennen, dass das Land international nicht respektiert werden könne, da es leider nicht nur in der Diplomatie, sondern auch im Sport seine Unabhängigkeit verloren habe, nachdem die USA die Olympischen Veranstaltungen politisiert hätten, so Analysten.
Liu Jiangyong, Vizedekan des Instituts für moderne internationale Beziehungen an der Tsinghua-Universität, sagte, dass Kishidas Kabinett unter Druck des rechten Flügels der Liberaldemokratischen Partei (LDP) geraten sei, was der Hauptgrund für diese Entscheidung sei. Ironisch merkte er an, dass Japans kalkulierter Balanceakt wahrscheinlich weder das benachbarte China noch seinen Verbündeten USA zufriedenstellen werde.
Westliche Medien, darunter auch Reuters, kommentierten, dass Japan „kurz davor davon abgesehen hat, die Entscheidung einen diplomatischen Boykott zu nennen".

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