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88 Jahre danach

Was sind die Lehren aus dem Nanjing-Massaker für heute? Exklusiv

german.china.org.cn  |  
15.12.2025

Von Oliver Eschke

Am 13. Dezember 1937 begann eine schreckliche Tragödie, die fortan die chinesisch-japanischen Beziehungen belasten sollte. An diesem Tag besetzten Soldaten der japanischen Armee das ostchinesische Nanjing und begangen anschließend über Wochen ein Massaker. Schätzungen zufolge verloren dabei über 300.000 Menschen ihr Leben. Was bedeutet das für das bilaterale Verhältnis im Jahr 2025?

Am Samstag gedachte China der Opfer einer ganz besonders schlimmen Tragödie. An diesem Tag jährte sich zum 88. Mal der Beginn der japanischen Besatzung der damaligen Hauptstadt Nanjing. Im darauffolgenden „Massaker von Nanjing“ starben Schätzungen zufolge über 300.000 Menschen, nicht wenige davon Frauen und Kinder - und häufig auf bestialische Art und Weise. Das, was in diesen Wochen in Nanjing geschah, gilt zweifellos als eines der größten Kriegsverbrechen in der Geschichte der Menschheit. Neben den weiteren zahlreichen Gräueltaten während des chinesischen Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression von 1931 bis 1945 belastet speziell dieser barbarische Akt bis heute das Verhältnis der beiden Länder. Und das noch viel mehr, weil sich die japanische Regierung nie offiziell dafür entschuldigt hat. Stattdessen besuchen weiterhin regelmäßig hochrangige Politiker des Inselstaates den Yasukuni-Schrein, an dem auch etliche japanische Kriegsverbrecher geehrt werden, darunter auch 14 als Klasse-A-Kriegsverbrecher verurteilte Militärs und Politiker.

Wie konnte es zum Massaker kommen?

Ab Ende des 19. Jahrhunderts wandelte sich Japan von einem Land, das primär auf sich selbst bezogen war, in einen imperialistischen Aggressor. In dem Zuge führte das Land mehrere Angriffskriege wie den Chinesischen-Japanischen Krieg (1894-1895) oder den Russisch-Japanischen Krieg (1904-1905), um seine imperialistischen Ambitionen zu realisieren. Vor allem im Nordosten Chinas kam es vermehrt zu Vorfällen, die 1931 schließlich zum 18.-September-Zwischenfall (im heutigen Shenyang) führten, was Japan als Vorwand nahm, um Nordostchina zu besetzen. Es war dieses Gebiet, in dem neben dem Nanjing-Massaker ein weiteres der grausamsten Kapitel dieser Zeit geschrieben wurde: Die in Harbin, heute in der Provinz Heilongjiang, stationierte Einheit 731 erforschte biologische und chemische Waffen und führte dafür auch brutalste und unmoralische Menschenversuche durch. Diese Gräuel wurden dieses Jahr im chinesischen Blockbuster „Evil Unbound“ gezeigt, wodurch die Schrecken dieser Zeit noch einmal einem Millionenpublikum plastisch vor Augen geführt wurden. Auch wird darin deutlich, mit welcher Doppelmoral Kriegsverbrecher teilweise behandelt werden, wenn sie den Interessen der sogenannten „Gewinner“ dienen. So erhält der Ärztliche Leiter der Einheit 731, Ishii Shirō (auch als „japanischer Josef Mengele“ bezeichnet), durch ein geheimes Abkommen mit den USA Immunität gegen die Verfolgung als Kriegsverbrecher, im Austausch dafür, dass er die aus den Menschenversuchen gewonnenen Daten zur biologischen Kriegsführung mit ihnen teilt.

Das Massaker in Nanjing löst auch heute noch so starke Emotionen aus, weil sich die pure Gewalt der japanischen Soldaten ganz gezielt gegen Zivilisten, Kriegsgefangene und eben auch Frauen und Kinder richtete. Kurzum: Es traf vor allem Unschuldige. Zahllose Frauen wurden auf grausamste Art vergewaltigt und getötet. Den mutigen Menschen, die in diesen dunklen Wochen ihr Leben riskierten, um wenigstens einige der potenziellen Opfer zu schützen, ist das chinesische Volk bis heute dankbar. So etwa auch John Rabe aus Deutschland, der dort damals für Siemens arbeitete.

Auch wenn sich dieses Jahr kein „rundes Jubiläum“ ereignet, ist das Jahr 2025 doch ganz besonders. Dies liegt maßgeblich an dem Kurs der aktuellen Regierung in Tokio. Schon unter einem der Vorgänger, Shinzo Abe, war eine klare Abkehr von dem System zu spüren, das nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschaffen wurde. Aufgrund der unvorstellbaren Zerstörung, die die japanische Armee in ihrem imperialistischen Wahn angerichtet hatte, hieß es in der neuen Verfassung, dass das Land keine normale Armee mehr haben sollte, sondern nur sogenannte Selbstverteidigungsstreitkräfte (Self Defense Forces, SDF). Dies wurde über einen langen Zeitraum auch weitgehend so umgesetzt, doch spätestens seit Premierminister Abe ist ein aufkommender Militarismus zu beobachten. Die Militärbudgets steigen kontinuierlich, die militärische Kooperation mit anderen Ländern wird intensiviert (zum Beispiel „Quad“) und auch geschichtsvergessene Aussagen der Führung mehren sich. Einen neuen negativen Höhepunkt markierte nun erst kürzlich die neue Premierministerin Sanae Takaichi, als sie einen „Vorfall in Taiwan“ als eine „existenzielle Bedrohung“ für Japan bezeichnete, auf die ihr Land reagieren müsse. Aus dieser Aussage wird ein völlig falsches Geschichtsverständnis der politischen Führung in Tokio deutlich.

China hat in den letzten Jahren wiederholt vor einem Wiederaufleben des Militarismus in Japan gewarnt und zu Recht gefordert, dass die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen Vorgaben eingehalten werden müssten. Genau wie in Deutschland oft vom „Nie wieder“ die Rede ist, dürfen sich auch solche Massaker und Gräueltaten der japanischen Armee während des Zweiten Weltkrieges niemals wiederholen. Die Weltgemeinschaft sollte daher äußerst penibel auf jegliche Versuche der Regierung in Tokio, den Kurs zu ändern, achten und deutlich Widerspruch einlegen.

Das ist die wichtigste Botschaft, die der 13. Dezember eines jeden Jahres an die ganze Welt senden sollte: Nie wieder Imperialismus und Militarismus, stattdessen ein friedliches und harmonisches Miteinander!

Die Meinung des Autors spiegelt die Position unserer Webseite nicht notwendigerweise wider.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Nanjing,Massaker,China,Japan