China: Fragen und Antworten

Frage: 1998 intensivierte China die Reform der staatseigenen Unternehmen. Als Folge wurden zahlreiche Arbeiter und Angestellte freigesetzt. Welche Maßnahmen hat die Regierung getroffen, um diese Menschen sozial abzusichern, um etwas für ihre Wiederbeschäftigung zu tun, kurz, um ihre Lebensbedingungen nicht existentiell zu beeinträchtigen?

Antwort: In vielen staatlichen Betrieben waren früher meist mehr Personen als notwendig beschäftigt. Auch das trug zur anhaltend negativen Bilanz dieser Unternehmen bei. 1998 wurde also versucht, die Verluste der staatseigenen Unternehmen durch Personalabbau zu reduzieren. Man muss die Lage und die Geschichte Chinas genauer kennen, um zu begreifen, dass diese Personalreduzierung der Staatsunternehmen nicht nur marktorientiert sein konnte; die Regierung hatte sich auch weiter um diese Freigesetzten zu kümmern. Es wurden Zentren für ihre Wiederbeschäftigung gegründet. Die Akten der Freigesetzten wurden weiterhin in den Unternehmen aufbewahrt, in denen sie gearbeitet hatten. In China wurden diese Menschen "freigesetzte Angestellte und Arbeiter" genannt.

Um das Existenzminimum der freigesetzten Angestellten und Arbeiter angemessen zu sichern und etwas für ihre Wiederbeschäftigung zu tun, wurden in allen Provinzen, autonomen Gebieten und regierungsunmittelbaren Städten von unten nach oben organisierte Servicezentren für Wiederbeschäftigung gegründet. Jedes Staatsunternehmen, das Personal reduziert, muss ein Servicezentrum für Wiederbeschäftigung einrichten, dessen Aufgabe unter anderem in der Verteilung von Geld für die elementaren Lebenshaltungskosten an die freigesetzten Angestellten und Arbeiter sowie in der Auszahlung der Alters-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungsprämien liegt. Die Freigesetzten bekommen die Kosten für ihre Lebenshaltung maximal drei Jahre vom Servicezentrum erstattet. Hat man nach dieser Frist noch keine neue Beschäftigung gefunden, kann man entsprechenden Regelungen gemäß maximal weitere zwei Jahre Geld aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Hat man dann immer noch keine Beschäftigung gefunden, wird Stadtbewohnern ein Existenzminimum gezahlt.

Neben der Sicherung des Existenzminimums für Freigesetzte wurden von der Regierung Maßnahmen getroffen, um freigesetzte Angestellte und Arbeiter zu qualifizieren und zu organisieren. Sie können an einer Berufsausbildung teilnehmen, um ihre Chancen für eine Wiederbeschäftigung zu erhöhen. Gleichzeitig wurden marktorientierte Beschäftigungsmechanismen geschaffen, die in der staatlichen Leitlinie zur "selbstständigen Auswahl von Arbeitsstellen durch Arbeitssuchende, zur Beschäftigungsregulierung durch den Markt und zur Beschäftigungsförderung durch die Regierung" fixiert wurden. Die dafür notwendigen Maßnahmen wurden finanziell abgesichert. Unternehmen sollen ihr Betriebsgelände, vorhandene Einrichtungen und ihre Technik nutzen, um eine effektive Produktion und eine effiziente Betriebswirtschaft aufzubauen, um durch so geschaffene Möglichkeiten überzähliges Personal abzubauen und den Freigesetzten eventuell geeignete Arbeitsplätze zuzuweisen. Auch die Beschäftigung bei öffentlichen Projekten wie Städte- und Straßenbau, Umweltschutz und Aufforstung ist zu organisieren. Werden Freigesetzte mit Dienstleistung im Wohnviertel beschäftigt, werden die erforderlichen Registrierungen beim Verwaltungsamt für Industrie und Handel vereinfacht. Außerdem werden sie in den ersten drei Jahren von der Gewerbe-, der Einkommenssteuer und anderen administrativen Gebühren befreit. In einigen abgelegenen Gebieten und Grubenfeldern wird unter den Freigesetzten dafür geworben, Ödland urbar zu machen oder in der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, bei der Viehzucht oder der Fischerei Beschäftigung zu suchen.

Laut Statistik waren in staatseigenen Unternehmen Chinas 50 Mio. Menschen tätig. Zwischen 1998 und heute wurden fast 30 Mio. Angestellte und Arbeiter freigesetzt. Dank des Absicherungssystems für das Existenzminimum und der Maßnahmen zur Wiederbeschäftigung von freigesetzten Belegschaften der Staatsunternehmen wurde so die elementare Lebenshaltung von mehr als 28 Mio. Freigesetzten gesichert. Mehr als 8 Mio. von ihnen beziehen eine Arbeitslosenunterstützung.

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts sinkt die Zahl der von Staatsunternehmen freigesetzten Belegschaft. 2000 betrug sie 9,41 Mio., 2001 6 Mio., 2002 4,1 Mio., 2003 2,6 Mio. und 2004 1,53 Mio. Bis Ende 2005 soll die Zahl gegen Null tendieren. Dann könnte Ende 2005 das Absicherungssystem für die elementare Lebenshaltung der von Staatsunternehmen freigesetzten Angestellten und Arbeiter eingestellt werden. Künftig soll neuerlich von Staatsunternehmen reduziertes Personal durch den Arbeitsmarkt zur Wiederbeschäftigung kommen. Wer nicht wiederbeschäftigt wird, erhält Unterstützung durch die Arbeitslosenversicherung oder die Absicherung des Existenzminimums für Stadtbewohner. Das bedeutet, dass der 1998 entstandene Begriff "freigesetzte Angestellte und Arbeiter staatseigener Unternehmen" historisch wird.