China: Fragen und Antworten | |
Frage: Die Politik, einzelne Gebiete und Personen anzuspornen, damit sie als erste zu Reichtum gelangen, hat zum Anwachsen der Unterschiede zwischen arm und reich geführt, was die chinesische Regierung gewiss mit Sorge sieht. Doch ist dies eine unbestreitbare Tatsache. Es wurde berichtet, dass der Index, der den Unterschied zwischen arm und reich nach international allgemein anerkannten Normen widerspiegelt, in China so außerordentlich hoch ist, dass Hassausbrüche gegen Reiche nicht auszuschließen sind. Wie sieht die chinesische Regierung dieses Problem? Was wird sie tun, um eine weitere Vertiefung der Kluft zwischen arm und reich zu vermeiden? Antwort: Gewisse Unterschiede zwischen arm und reich sind eine zwangsläufige Folge der weltwirtschaftlichen Entwicklung. Es wird einige Zeit dauern, bis das große Ziel des gemeinsamen Reichwerdens der ganzen Gesellschaft verwirklicht werden wird. China befindet sich gegenwärtig auf dem Wege zu diesem Ziel. Doch gegenwärtig ist es nicht möglich zu erreichen, dass alle 1,3 Mrd. Chinesen aus jeder Maßnahme zur Reform und Öffnung zugleich Nutzen ziehen können. Gewiss hat bisher ein Teil der Bevölkerung mehr und ein anderer weniger davon profitiert. Unstrittig ist aber auch, dass sich in den vergangenen Jahren die Lebensbedingungen aller Chinesen verbessert haben. Natürlich haben wir erkannt, dass die Einkommensunterschiede zwischen Städtern und Bauern in letzter Zeit ständig gewachsen sind. Das hat ganz normale Ursachen. Einige Bürger haben dank ihrer Arbeitsfähigkeit einigen Reichtum erworben. Auch Einkommen von einer oder zwei Millionen Yuan pro Jahr können durchaus respektabel erworben sein. Andererseits gibt es aber auch Leute, die zu ihrem Geld durch Korruption oder auf andere illegale Weise kommen. Dagegen geht man entschieden und energisch vor. Schon immer sind Chinesen für Gleichheit eingetreten. Seit alters gilt im Volk: "Nicht um das Wenige, sondern um die Ungleichheit muss man sich sorgen." Gleichmäßige Verteilung und Gerechtigkeit waren im Verständnis des Volkes ein und dasselbe. Der Unterschied zwischen arm und reich galt als ungerecht. Darum führt die gegenwärtig wachsende Kluft zwischen Armen und Reichen auch zu Gefühlen des Hasses einiger Armer gegen reiche Leute. Dass sich der Unterschied zwischen arm und reich vergrößert, spiegelt die kritisch gewordene Situation bei Verteilung und Umverteilung von Einkommen wider. Um dieses Problem zu lösen, muss einerseits schnell ein System der sozialen Absicherung aufgebaut werden, damit sich für breite Massen die Lebensbedingungen effektiv verbessern. Auf dem Land ist die Bekämpfung der Armut weiter zu intensivieren. Hier muss vermehrt in den Aufbau der Infrastruktur investiert werden, mit staatlicher Finanzhilfe sind vor allem die Produktions- und Lebensbedingungen der Bauern in den armen Gebieten zu verbessern. In Städten und Gemeinden haben wir inzwischen ein umfassendes soziales Absicherungssystem geschaffen, das zumindest das Existenzminimum für mehr als 20 Mio. Menschen garantiert. Außerdem wurden staatlicherseits große Anstrengungen unternommen, um für Freigesetzte und Arbeitslose möglichst schnell neue Arbeitsplätze zu schaffen bzw. sie in ihrem Beruf wiederzubeschäftigen. Andererseits beschäftigen wir uns mit einer Reform des Systems der Einkommensverteilung. Vor allem muss das Problem der Erstverteilung grundsätzlich in Angriff genommen werden. Dafür hat man verschiedene gesetzliche, wirtschaftliche und administrative Maßnahmen vorgesehen. So soll der Eingangssatz zur Einkommenssteuer angehoben werden, um Geringverdienende steuerlich zu entlasten. Für Luxusgüter wird eine besondere Verbrauchssteuer erhoben werden. Das soll z. B. den Erwerb von Luxuswohnungen bzw. -häusern, von Markenautos, von hochwertigen Kosmetika betreffen, aber auch Luxusbankette, Freizeitgestaltung in und an luxuriösen Stätten oder die Zucht von Haustieren. Ferner ist geplant, mit den Geldern aus solchen besonderen Steuern einen speziellen Hilfsfonds für Arme zu schaffen, der zur Reduzierung der Unterschiede zwischen arm und reich beitragen soll. China hat gegenüber aller Welt deutlich gemacht, in den ersten 20 Jahren dieses Jahrhunderts mit konzentrierter Kraft eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand höheren Niveaus allseitig aufbauen zu wollen. Davon werden mehr als eine Milliarde Menschen profitieren. Dieser Satz beinhaltet auch, dass die chinesische Regierung die negativen Einflüsse erkannt hat, die eine Vergrößerung der Unterschiede zwischen arm und reich hinsichtlich der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung mit sich bringen würde. Damit wird die Politik aus dem Anfangsstadium der Reform und Öffnung, einige Personen zuerst zu Reichtum kommen zu lassen, durch die Politik ersetzt, eine Gesellschaft mit allgemeinem Wohlstand auf höherer Ebene zu errichten. Gut situierte tibetische Bauernfamilie vor der Fahrt mit dem eigenen Auto zur Besichtigung von Lhasa. |