China: Fragen und Antworten

Frage: In jedem Land gibt es arme Menschen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Notlage sich keinen Anwalt nehmen können, um Klage zu erheben. Hat die chinesische Regierung ein Rechtsberatungssystem eingeführt, um solche Menschen zu unterstützen? Welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen, um eine Rechtsberatung zu erhalten?

Antwort: Das Rechtsberatungssystem ist ein wichtiger Bestandteil des Aufbaus eines sozialistischen Rechtssystems und eines gerechten Justizwesens in China. Anfang 1994 erklärte die chinesische Justizbehörde offiziell, sie werde ein Rechtsberatungssystem aufbauen und zur Geltung bringen, damit arme Menschen nicht mehr wegen ihrer wirtschaftlichen Notlage daran gehindert werden, ihr Recht auf juristische Unterstützung wahrzunehmen, das ja allen Staatsbürgern gleichermaßen zusteht. Im Rahmen des Rechtsberatungssystems wird das in der Verfassung der Volksrepublik China festgelegte Prinzip "Vor dem Gesetz sind alle gleich" in die Tat umgesetzt.

Nach 10-jährigen Analysen wurden in China praktische Maßnahmen zur Rechtsberatung eingeführt, die den Verhältnissen des Landes entsprechen. Im März und Mai 1996 wurden die Strafprozessordnung bzw. das Rechtsanwaltsgesetz erlassen, in denen das Rechtsberatungssystem im chinesischen Rechtssystem verankert wurde. Danach müssen Rechtsberatungen einheitlich beantragt, überprüft und genehmigt werden. Ebenfalls muss das Prinzip der einheitlichen Behandlung von Rechtsfällen und der einheitlichen Überwachung des gesamten Prozessverlaufs befolgt werden. Bisher wurden Rechtsberatungsorgane auf Zentral-, Provinz-, Bezirks- und Kreisebene gebildet, die mit den zuständigen Volksgerichten übereinstimmen. Eine große Zahl von Sachbearbeitern für Rechtsberatungen wurde qualifiziert. Gegenwärtig wird der Umfang der Rechtsberatungen weiter ausgebaut, die sich auf Straf-, Zivil- und administrative Prozesse sowie auf Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beziehen. Statistiken zufolge entstanden bis 2004 im ganzen Land 3023 Rechtsberatungsorgane. In diesem Jahr wurden insgesamt 190 187 Prozesse behandelt. 294 138 Parteien wurde Unterstützung gewährt. Verschiedene Berufskreise beteiligen sich aktiv an Rechtsberatungen. Die Frauenverbände des ganzen Landes haben insgesamt 2700 Rechtsberatungszentren für Frauen und Organe für die Wahrung der Rechte und Interessen der Frauen gegründet. Heute sind 2990 Rechtsberatungsorganisationen der Gewerkschaften auf verschiedenen Ebenen des Landes tätig. Behindertenverbände des Landes haben mit mehr als 3000 Anwaltsbüros Vereinbarungen über die Zusammenarbeit bei Rechtsberatungen getroffen und unterzeichnet, um die legitimen Rechte und Interessen von Behinderten zu wahren. Mehr als 30 Universitäten, darunter die Peking-, die Tsinghua- und die Wuhan-Universität gewähren sozialen Schwachen Rechtsberatungen, indem sie rechtliche Unterstützung und Jurabildung miteinander verbinden.

Wie in anderen Ländern muss man auch in China vor allem zwei Voraussetzungen erfüllen, um in den Genuss einer Rechtsberatung zu gelangen. Erstens muss der/die Staatsbürger/in handfeste Beweise dafür erbringen, dass seine/ ihre legitimen Rechte und Interessen verletzt wurden und er/sie deswegen rechtliche Unterstützung braucht. Zweitens darf der/die Staatsbürger/in aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sein, sich einen Rechtsanwalt zu nehmen und Klage zu erheben. Da sich die Wirtschaft in verschiedenen Regionen Chinas unterschiedlich entwickelt, sind verschiedene Maßstäbe an die Beurteilung einer wirtschaftlichen Notlage zu legen. Allgemein gilt die Absicherungsgrenze des Existenzminimums, die von den Regierungen der jeweiligen Gebiete festgelegt werden.

Das chinesische Rechtsberatungssystem wird von den breiten Volksmassen begrüßt. Immer mehr Regierungsstellen legen großen Wert darauf, das Rechtsberatungssystem aufzubauen und zur Geltung zu bringen. Jährlich erhalten die Rechtsberatungszentren des Landes Fonds von den zentralen Finanzorganen zur Unterstützung ihrer Arbeit. Die lokalen Regierungen auf verschiedenen Ebenen finanzieren die Rechtsberatungszentren in den eigenen Gebieten.

Mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung nehmen immer mehr chinesische Staatsbürger Rechtsberatungen in Anspruch. Endziel der Entwicklung des chinesischen Rechtsberatungssystems ist, allen Staatsbürgern, die rechtliche Unterstützung brauchen, diese auch zufriedenstellend zu gewähren.

Eine alte Frau bei Rechtsberatung in Harbin