China: Fragen und Antworten

Frage: China reformiert zurzeit sein Justizsystem. Worauf liegt dabei der Schwerpunkt? Wie gedenkt man die legitimen Rechte und Interessen der Staatsbürger sowie die Einhaltung der Rechtsmaßstäbe zu gewährleisten?

Antwort: Bekanntermaßen ist die Reform des Justizsystems ein wichtiger Bestandteil der Reform des politischen Systems. In den vergangenen zehn Jahren kam die Reform des Justizsystems gut voran. Gibt es heute Streitigkeiten zwischen Bürgern und der Regierung, kann man das auch vor Gericht klären. Die Prozessparteien brauchen sich nicht um die Einhaltung der Rechtsmaßstäbe zu sorgen. Es sind große Veränderungen im politischen Leben Chinas vor sich gegangen.

Früher wurde die juristische Neutralität oft außer Acht gelassen. Besonderheiten bei der Arbeitsweise der Justizbehörden wurden häufig ignoriert. Seit 1978, dem Jahr der Reform und Öffnung nach außen, hat sich die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation Chinas gründlich verändert, was neue Ansprüche an das Justizsystem Chinas stellt. Die Regierung, die Gesellschaft und die Bevölkerung haben ihre Einstellung zur Justiz verändert. Heute werden moderne juristische Begriffe wie juristische Gerechtigkeit, unabhängige Rechtsprechung, juristische Leistungsfähigkeit, juristische Demokratie, Gerechtigkeit des gerichtlichen Verfahrens oder Professionalisierung der Richter allgemein akzeptiert. Damit wurde die ideologische Grundlage für die Reform des chinesischen Justizsystems geschaffen.

Gegenwärtig befindet sich China in einer Periode der gesellschaftlichen Neugestaltung, die zur Errichtung eines Rechtsstaates führt. Die Gesetzesherrschaft ist davon abhängig, inwieweit den Justizbehörden stärkere gesellschaftliche Bedeutung zuerkannt wird. Seit mehr als zehn Jahren schreitet die Reform des chinesischen Justizsystems nach einem konkreten Plan rasch voran. Inzwischen haben die chinesischen Justizbehörden das Richterverwaltungs-, das Prozessverfahrens- und das Prozessbeweissystem reformiert und vervollständigt. Die Reform des Gerichtsverfahrens wie des Zivil- und Strafrechts wurde intensiviert. Das administrative Justizsystem und das Rechtsberatungssystem wurden errichtet bzw. vervollständigt und das Einspruchssystem sowie das System zum Wiederaufnahmeverfahren standardisiert. Die zivile Rechtsprechung wurde reformiert; die meisten Fälle werden nun in öffentlichen Gerichtsverhandlungen behandelt. Mit Ausnahme der Fälle, bei denen die Öffentlichkeit durch Gesetz ausgeschlossen ist, muss alles andere in öffentlicher Gerichtsverhandlung entschieden werden. Staatsbürger dürfen als Zuhörer an der Verhandlung teilnehmen. Medien ist die Berichterstattung erlaubt, gegebenenfalls dürfen Gerichtsverhandlungen vom Fernsehen oder Rundfunk live gesendet werden, um die Transparenz der Rechtsprechung sowie die juristische Unparteilichkeit zu gewährleisten.

Am 1. Mai 2005 trat vom Ständigen Ausschuss des 10. Nationalen Volkskongresses angenommene Beschluss über die Vervollkommnung des Volksschöffensystems in Kraft. Volksschöffen werden nach einem gesetzlichen Verfahren gewählt und beteiligen sich gesetzmäßig an der Rechtsprechung. Sie haben die gleichen Rechte wie die Richter. Darin kommt die juristische Demokratie zum Ausdruck. Dies trägt zur besseren Überwachung des Rechtswesens durch das Volk und zur Sicherung der legitimen Rechte und Interessen der Staatsbürger bei.

Bei der Reform des chinesischen Justizsystems werden das Niveau der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Chinas, die kulturelle Tradition des Landes sowie die zurzeit vordringlichen Probleme und die gegenwärtige Leistungsfähigkeit der Richter berücksichtigt. China wird weiterhin souverän sein Justizsystem reformieren, um unparteiisch und gerecht zum Wohle der ganzen Gesellschaft zu wirken. Den Erfordernissen einer fairen Rechtsprechung und strengen Gesetzvollstreckung entsprechend werden der Aufbau der Justizbehörden, die Aufteilung von Befugnissen und das Verwaltungssystem weiter vervollständigt. Ein leistungsfähiges Rechtssystem wird aufgebaut, in dem Machtbefugnisse und Pflichten ausdrücklich definiert sind und die zuständigen Ämter koordiniert zusammenarbeiten.

Ein Volksschöffe (rechts hinten) in Tianjin bei einer Gerichtsverhandlung