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14. 06. 2013 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Beijing: Existenzgründung im Café

Schlagwörter: Unternehmer Cafe Hightech

Die Cafés im Hightech-Viertel Zhongguancun sind beliebte Treffpunkte für Investoren und angehende Unternehmer.

Alles andere als eine Rumpelkammer: In der zweiten Etage eines etwas heruntergekommenen Hotels im Haidian Book Complex befindet sich das Garage Café, ein ruhiger Zufluchtsort vom nahe gelegenen Hightech-Viertel Zhongguancun. In heimeliger Atmosphäre werden hier Ideen für Start-Ups ausgebrütet.

Auf Expansionskurs: Nach zwei Jahren in Beijing plant das 3W-Café, ein IT-Themencafé in Zhonguancun in Haidian, weitere Ableger in Shanghai und Shenzhen (Provinz Guangdong).

In Beijings Hightech-Viertel Zhonguancun gibt es ein Café, das mittlerweile weit mehr bietet als nur einen schnellen Koffeinkick und einen kostenlosen WLAN-Hotspot. Es hat sich zum Treffpunkt für Investoren und Unternehmer entwickelt, einem Ort, an dem in gemütlicher Atmosphäre Start-Ups geboren werden.

Garage Café heißt dieser Treffpunkt. Der Name lässt an einen Betrieb im Erdgeschoss denken. Das Café befindet sich in Wirklichkeit jedoch im zweiten Stock eines etwas heruntergekommenen Hotels an der Nordwestrecke der vierten Ringstraße in Haidian. Als es noch keine Online-Buchläden gab, strömten dort die Studenten in den Büchermarkt, um sich Nachschlagewerke für ihre Prüfungen zu kaufen. Jetzt schauen stattdessen die Hightech-Unternehmer vorbei.

Warum? Weil eine Tasse Kaffee für 2,70 Euro äußerst günstig ist im Vergleich zu den Kosten für Büromiete und Internetzugang in der benachbarten Hightech-Zone Zhongguancun, auch bekannt als Chinas Silicon Valley und Gegend mit horrenden Mieten.

Als Su Di sich entschloss, das Café zu eröffnen, wählte er ganz bewusst den ruhigen Büchermarkt als Standort aus. "Auch wenn wir direkt neben dem Hightech-Viertel liegen, sind die Mieten hier nur halb so hoch", erklärt Su. "Und unsere Zielgruppe unterscheidet sich sehr von der gewöhnlicher Cafés."

Das ist durchaus keine Prahlerei. Zu ihm kommen die Geschäftsführer von HSBC Holdings, McKinsey & Company, MetLife, der Bürgermeister von Beijing und der US-Botschafter. Und Sus Gäste setzen darauf, dass mögliche künftige Investoren ihre Gespräche belauschen.

Brutstätte für Ideen

Für Su ist das Café nicht nur ein Ort, in den Leute kurz mal für einen Kaffee hereinschauen. Zuvor arbeitete er als Investmentdirektor bei ChinaCache, einem Dienstleister für Webcontent, Streaming Media und Cloud Computing. Die Idee, ein Café zu eröffnen, in dem sich Unternehmensgründer und Investoren treffen, kaum ihm ganz zufällig, als er in einem Verkehrsstau steckte.

Zunächst nahm er das Ganze selber nicht ernst. Aber seine Freunde überzeugten ihn von der Machbarkeit der Idee und so beschloss er, einen Versuch zu starten.

"Am Anfang war alles nur ein Spaß, ich habe mich darauf eingestellt, Geld zu verlieren", erklärt Su. "Ich wollte, dass das Café eine Art Utopia für Start-Ups wird, und eine Utopie bringt gewöhnlich keine Gewinne ein."

Den Namen "Garage Café" wählten Su und seine Freunde, weil Unternehmen wie Apple, Hewlett-Packard und Harley Davidson ihre ersten Schritte allesamt in Garagen machten. Die Miete ist ein immens wichtiges Kriterium für zahlreiche chinesische Unternehmer in Beijing. "Wir wollten ein offenes Büro für Existenzgründer schaffen, an dem sie sich zu Teams zusammenfinden und für wenig Geld aufhalten können", so Su.

Der erste Monat des Cafés im April 2011 war Besorgnis erregend. Nur drei Start-Up-Teams kamen, der Kaffee, den sie konsumierten, deckte kaum 10 Prozent der monatlichen Miete von 100.000 Yuan (12.315 Euro) ab.

Die Wende kam, als Mo Xiaoxi, einer seiner ersten Gäste, mit Sus Hilfe seinen ersten Investor fand. Aus einem 30 Kilometer entfernten Vorort kam Mo jeden Tag in das Café, um ein Internetprojekt mit seinen beiden Partnern zu besprechen. "Ich hatte beschlossen, es drei Monate zu versuchen, und falls es nicht funktionieren sollte, wieder zurück in meine Heimatstadt zu gehen", erzählt Mo, der nur 30.000 Yuan (3700 Euro) Startkapital besaß.

Su registrierte das Durchhaltevermögen und das Engagement der jungen Unternehmensgründer und überzeugte seinen Freund Lin Xinhe, einen Vermögensverwalter bei 58.com, einer Online-Werbeplattform aus Beijing, mit ihnen ins Geschäft zu treten. Bevor er wusste, was los war, flossen bereits Investitionen in Höhe von 150.000 Yuan (rund 18.500 Euro) in Mos Unternehmen.

Diese Erfolgsgeschichte lockte weitere Existenzgründer in das Café. Auch sie hofften, einen Investor zu finden. "Mit jedem, der kam, habe ich über seine Pläne gesprochen", sagt Su, dem es nicht nur Spaß machte, die Geschichten der Leute anzuhören, sondern der sich auch über ein immer besser laufendes Geschäft freuen konnte. Bekannte Privatinvestoren wie Xue Manzi und Cai Wensheng wurden zu seinen Stammkunden und hypten das Café in ihren Mikroblogs.

Im Dezember 2011 nannte das Verwaltungskomitee des Zhongguancun Haidian Science Park das Café eine "Brutstätte für Innovationen" und erleichterte das Registrierungsverfahren für einige der Start-Ups, die dort ihren Anfang nahmen. Eine große Ehre für Sus noch junges Geschäft, das erst im zweiten Jahr mittels Merchandising Gewinne abwarf. Die Marke "Garage Café" war geboren.

Café-Boom

Anders als das Garage Café, dessen Besitzer und Betreiber aus Beijing stammt, wurde das nahe gelegene Beta Café zwei Jahre zuvor in Hangzhou (Provinz Zhejiang) ins Leben gerufen. Bai Ya, Designer bei Chinas wichtigster Online-Bezahl-Plattform Alipay, war einer der Gründer. Anfangs wollte er einfach nur einen festen Treffpunkt für seine Freunde schaffen.

Mehr als 300 Leute standen bei der Eröffnung Schlange. Zu Bais großem Erschrecken und Erstaunen kamen sie nicht aber wegen Kaffee und Essen, sondern um neue Leute aus der IT-Branche kennen zu lernen.

Ein Ableger des Beta Café eröffnete im Februar 2011 in Zhongguancun. Auch hier können sich Gäste einen ganzen Tag lang zum Preis einer Tasse Kaffee auf gemütlichen Sofas in U-Form entspannen, einen unzensierten Internetzugang gibt es außerdem. Die meisten Gäste arbeiten für Youku.com, ein Internet-Videoportal wie Youtube, oder Tencent, den Betreiber des äußerst beliebten QQ-Webportals.

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Quelle: Beijing Rundschau

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