Zur Situation des Weltkulturerbes in China

Seitdem China im Jahre 1985 die UNESCO-Weltkulturerbekonvention unterschrieben hat, beteiligt sich das Land mit fachlicher und materieller Hilfe an Aktionen des UNESCO-Weltkulturerbekomitees, wie z.B. der Restaurierung bedeutender Kulturerbestätten.

Seit 1987 sind 29 historische Bauwerke und außergewöhnliche Landschaften sowie 2 Werke des immateriellen Erbes der Menschheit in China in die entsprechenden UNESCO-Listen aufgenommen worden. Zum Welterbe gehören in China Sehenswürdigkeiten wie die Große Mauer, der Kaiserpalast in Beijing, der Huangshan-Berg sowie die Yungang-Grotten bei Datong.

Zur gegenwärtigen Situation des Weltkulturerbes in China meint Professor Xie Ninggao vom Forschungszentrum Weltkulturerbe an der Beijing-Universität: "China ist ein riesiges Land mit einer Vielfalt an landschaftlichen und klimatischen Besonderheiten. Außerdem kann China auf eine 5.000-jährige Geschichte zurückblicken und somit mit zahlreichen Kultur- und Naturdenkmälern aufwarten, die den Kriterien der UNESCO für Weltkultur- bzw. Weltnaturerbe entsprechen. Seit der Unterzeichnung der UNESCO-Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes im Jahre 1985 ist China bemüht, die Integrität und Authentizität seiner in die UNESCO-Liste aufgenommenen Kultur- und Naturdenkmäler zu erhalten und jegliche unsachgemäße bzw. übertriebene Veränderungen in Folge von Restaurierungsarbeiten zu vermeiden. Nur so werden sich auch nachkommende Generationen noch am chinesischen Welterbe erfreuen können."

Auch Guo Zhan, Beauftragter für die Stätten des Weltkulturerbes beim Staatlichen Amt für Kulturobjekte in China, schätzt die Gesamtlage beim Schutz des Welterbes in China durchaus positiv ein: "China hat in den letzten Jahren große Erfolge beim Schutz seiner Weltkultur- und Weltnaturdenkmäler erzielt. Zwar gibt es immer noch eine Kluft zwischen uns und den entwickelten Ländern, aber China ist auch in vielen Bereichen führend, so z.B. beim finanziellen und personellen Aufwand zur Schaffung und Pflege einer den Welterbestätten angemessenen Umgebung. Eines sollte dabei aber auch klar sein: Das Welterbe sollte nicht nur als wertvolles Vermächtnis unserer Vorfahren gewürdigt werden, sondern auch den Tourismus in China ankurbeln."

Da sich die Welterbestätten über das ganze Land verteilen, sind die Lokalverwaltungen mit der Aufgabe beauftragt worden, die Kultur- und Naturdenkmäler zu erhalten und auch als Quelle für die Förderung der einheimischen Wirtschaft zu nutzen. In der Praxis ist es jedoch oft mit Schwierigkeiten verbunden, diese beiden Ziele in Einklang zu bringen. China bildet da nach den Worten von Professor Xie keine Ausnahme: "Die größte Gefahr, die den meisten Welterbestätten in China derzeit droht, ist die unkontrollierte touristische Erschließung. Auch viele andere Länder mit Welterbestätten sind mit diesem Problem konfrontiert."

An einigen Welterbestätten Chinas haben die negativen Folgen einer unkontrollierten touristischen Erschließung deutliche Spuren hinterlassen. Ein solches Negativbeispiel ist z.B. der Taishan-Berg in der ostchinesischen Provinz Shandong. Mit der Seilbahn können die Touristen den Gipfel des Taishan-Berges erreichen, wo sie schon eine lebhafte Tourismusindustrie erwartet, die sich auf dem gesamten Gipfel ausgebreitet hat.

Erfreulich ist, dass der Gegensatz zwischen Denkmalschutz und touristischer Erschließung in China inzwischen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist. So wurde z.B. im September 2002 in Leshan in der südwestchinesischen Provinz Sichuan eine Vereinbarung zum Schutz des Welterbes unterzeichnet. Die sogenannte Leshan-Erklärung sieht vor, dass die Regierungen aller Ebenen in China die Einhaltung der Welterbekonvention der UNESCO als ihre dringlichste Aufgabe betrachten und effektive Organe für den Schutz und die Verwaltung des Welterbes schaffen sollen. Darüber hinaus soll auch ein allgemeines Bewusstsein der Bevölkerung für Belange des Denkmalschutzes geschaffen werden, um so das Welterbe in China vor negativen Einflüssen durch Urbanisierung, Industrialisierung und übermäßige Kommerzialisierung zu schützen.

Die Erfahrungen der letzten Jahre beim Schutz der Welterbestätten müssten nun mit den Erfahrungen der touristischen Erschließung überlegt harmonisiert werden, so der Leiter des Welterbebüros in Suzhou, Xu Wentao: "Wichtig ist die Einstellung der Verwaltungen der Welterbestätten. Sie sollten das Welterbe nicht nur als eine Profitquelle ansehen, sondern vor allem auch als wertvolles Vermächtnis ihrer Vorfahren betrachten. Nach Chinas Beitritt zur WTO konnte China durch interkulturelle Partnerschaften mit den entwickelten Ländern wertvolle Erfahrungen sammeln. Heute pflegen und schützen wir unser Welterbe nach internationalen Gesetzen und Bestimmungen. Wir sind der Meinung, dass nur gut gepflegte und authentische Welterbestätten weitere Besucher anziehen können und so den Tourismus beflügeln."

(CRI/China.org.cn, 29. Juni 2004)