Junger Regisseur feiert großen Erfolg

Nach seinem unvorhersehbaren Erfolg mit einem Low-Budget-Streifen, in dem sich Gangster und Gauner in düsteren Städten auf Jagd nach einem Edelstein begeben, betrachtet Ning Hao seinen Erfolg mit dem Zynismus einer seiner Anti-Helden.

"Immer werde ich durch endlose Telefonanrufe und Interviews gestört", sagt der Regisseur. Ihm fehle dadurch jegliche Kraft.

Einen Monat nach dem Start seines Films "Crazy Stone" auf dem chinesischen Festland muss sich Ning mit einem Erfrischungsgetränk für sein Interview stärken.

Seit dem Filmstart am 30. Juni ist Nings düstere Farce mit Einnahmen in Höhe von über 2 Millionen USD der derzeit erfolgreichste Kassenschlager in China.

Der 29-jährige Ning prahlt jedoch nicht mit seinem Erfolg. Darauf angesprochen gab sich der Regisseur nämlich scheinbar völlig ahnungslos.

Doch über die "Akzeptanz" seines für 3,5 Millionen Yuan (345.000 Euro) produzierten Films durch die Mehrheit der Zuschauer zeigte auch er sich erfreut. Und dies trotz des schnellen Dialogs in einem starken Dialekt, für den auch die Chinesen eigentlich einen Untertitel bräuchten.

"Die Shanghaier mögen das nicht. Sie mögen keine anderen Dialekte", sagt Ning.

Tatsächlich sind die Kasseneinnahmen in Chinas westlichster Metropole eher mager. Denn die meisten Shanghaier Kinogänger verweigern sich dem einfachen Charme des Films.

"Crazy Stone" wurde in der versmogten, überlaufenen, am Yangtze gelegenen Hafenstadt Chongqing gedreht, von der sie Welten von Shanghais globalen Ambitionen und Chic trennen.

"Der Film behandelt das Thema eines sich rasend schnell entwickelnden Chinas und der Stadt Chongqing als Mikrokosmos im Land realistisch. In dieser verrückten Stadt gibt es eine Menge verrückte Geschichten, eine Fülle von Gegensätzen und Konflikten sowie Klassen- und Einkommensunterschiede", erklärt Ning.

Korrupte Geschäftsleute, unbezahlte Fabrikarbeiter und der blinde Eifer des schnellen Geldmachens wie in "Crazy Stone" sind für viele chinesische Städte typisch, die sich schnell entwickeln. Ning möchte nach eigener Aussage jedoch weder erziehen noch ermahnen.

"Sollte der Film ein Spiegel der chinesischen Gesellschaft sein, dann ist er der Spiegel eines großen Vergnügungsparks", sagt Ning.

Der Bösewicht ist ein stereotypischer glatzköpfiger Gangster wie er in Hong Konger Filmen vorkommt. Doch seine Vorliebe, Hühner mit der Armbrust zu erschießen, lässt ihn eher lächerlich als angsteinflößend wirken.

Bao, der Held des Films und Ex-Cop, soll die kostbare Jade in der Firma seines Chefs gegen professionelle Einbrecher und eine Bande Kleinkrimineller beschützen. Gleichzeitig hat er jedoch mit einem Harninfekt zu kämpfen.

Nicht wenige Szenen spielen daher in widerlichen Toiletten. Nings Film spart das Thema Moral aus, wie es in den meisten chinesischen Filmen gepredigt wird.

"Ich möchte vor allem unterhalten. Das Publikum muss lachen. Ich kenne einige Diebe. Sie sind nicht unbedingt schlechte Menschen. Ich kenne auch Regierungsbeamte und Leute aus der Immobilienbranche, die nicht durchweg gute Menschen sind", sagt Ning.

Auf die Frage nach einer Ausstrahlung des Streifens im Ausland zuckt Ning mit den Schultern.

Laut Ning waren die Zeiten noch einfacher, als er vor neun Jahren in einem Innenhofhaus in einem Beijinger Vorort lebte.

"Damals war alles noch interessanter. Ich hatte viel Zeit für mich", erzählt er über sein früheres, lässiges Leben. Zuvor war er von seiner Heimatstadt Taiyuan (Provinz Shanxi, Nordchina) in die Hauptstadt gezogen.

Auf seinem Bett träumte er von einem Leben als Art Designer für Filme. Aber sein Nachbar, ein Filmprofessor einer Beijinger Universität, ermutigte ihn zur Regie.

Ein hart erspartes Universitätsstudium und zwei schwerfällige Arthouse-Filme folgten. Keiner von beiden wurde jemals in China gezeigt. Doch der zweite Film "Mongolian Ping Pong" fiel dem Hong Konger Schauspieler und Frauenschwarm Andy Lau auf.

Laus Initiative für Ning als Teil eines Programms zur Förderung chinesischer Talente führte direkt zu dem Film "Crazy Stone”. Der Film ist laut Ning ein Tribut an Quentin Tarantino, Guy Ritchie und den serbischen Arthouse-Regisseur Emir Kusturica.

Ning ist sich über seine Zukunftspläne noch im unklaren, weiß jedoch um den Reiz seines Filmes "Crazy Stone" auf das lokale Publikum. Ein Film, der ohne große Stars und auffällige Spezialeffekte auskommt.

"China hat genau wie die USA auch ein Gespür für Unterhaltung. Der Film zeigt, dass die Chinesen Ja zur chinesischen Kultur sagen und sich nicht mit der McDonald’s-Mentalität zufrieden geben", sagt Ning.

(China.org.cn, China Daily, 16. August 2006)