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07. 06. 2010 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Das Runde muss ins Runde: Cuju – Fußball im alten China

Von Wolfgang Schaub

Die Fans fiebern dem 11. Juni 2010 entgegen. 32 Teams werden dann einen Monat lang um den Fußball-WM-Titel dribbeln, flanken, köpfen und schießen. Und im Ursprungsland des Fußballs werden hunderte von Millionen vor den Fernsehern sitzen. Gemeint ist China – wo die Fußballgeschichte ihren Anfang nahm.

"Tor!" Über das Gesicht von Kanzler Cao Cao breitete sich Zufriedenheit aus und die Zuschauer, meistens Soldaten in voller Rüstung, tobten vor Freude. Vorausgegangen war ein Solo, das auch einem heutigen Fußballstar alle Ehre gemacht hätte: ein strammer Volleyschuss nach einem Dribbling und einem balltechnischen Kabinettstückchen. Der weiße Ball rollte unbehelligt in eines der sechs kleinen quadratischen Tore, die nebeneinander auf jeder Seite des Spielfeldes in Mauern eingelassen waren. Unbehelligt – da es damals noch keinen Torwart gab. Damals – das war vor ca. achtzehnhundert Jahren.

Cao Cao versammelte seine Befehlshaber um sich und lobte den Einsatz der Spieler im soeben beendeten Cuju-Spiel: "Jeder muss ein hartes Cuju-Training absolvieren. Nur mit einem durchtrainierten Körper können wir diesen Krieg gewinnen." Und dann beförderte er den Torschützen, eben noch ein einfacher Soldat, zum Kommandeur.

So stellte sich Regisseur John Woo in seinem monumentalen Historiendrama Red Cliff ein Cuju-Spiel und seinen Stellenwert im Jahr 208 vor. Kanzler Cao Cao hatte den Königreichen Shu und Wu den Krieg erklärt, um den Fortbestand der Han-Dynastie zu sichern. In ihrer Not schlossen diese sich zusammen, um gemeinsam dem Riesenheer die Stirn zu bieten. John Woo war überrascht, als er seinen Film in Europa zeigte und ihm vorgeworfen wurde, er hätte historisch inkorrekt ein modernes Spiel in die Handlung eingebaut. In einem Interview mit cinemablend im November 2009 erklärte er seine Intention: "Das Kinopublikum im Westen ist mit unseren Kungfu-Filmen bestens vertraut, (...) aber Kungfu ist nur ein Teil unserer Kultur. Ich möchte, dass man auch weiß, dass Fußball vor 3000 Jahren hier in China seinen Siegeszug antrat. (...) In den alten Zeiten diente das Spiel in der Ausbildung der Soldaten zum Erwerb von Schnelligkeit, Teamgeist und Körperfitness. Fußball begann in China."

Dieses Wissen hat sich allerdings noch nicht bei allen Fußballfans herumgesprochen. Fußball, die weltweit populärste Sportart, wird noch von vielen als eine britische Erfindung angesehen, vor allem deswegen, weil seine modernen Regeln in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England aufgeschrieben wurden, doch ein genauerer Blick in die Geschichte zeigt, dass Fußball schon immer und überall gespielt wurde. Die alten Griechen, Römer und Ägypter haben schon den Ball gekickt, Fußballvarianten sind auch aus Japan, Mexiko, Malaysia und Australien bekannt.

Doch wo stand die Wiege, oder besser: das erste Tor? Die Frage ist spätestens seit Juli 2004 geklärt und damit amtlich: Die früheste bekannte Form des Fußballs wurde unter dem Namen Cuju vor mehr als 2000 Jahren in China gespielt, erklärte FIFA-Präsident Sepp Blatter. Genauer gesagt in Linzi, einer Stadt in der Provinz Shandong. Heute ein Stadtbezirk im Verwaltungsgebiet der Stadt Zibo war Linzi vor mehr als 2500 Jahren die Hauptstadt des Staates Qi. In der wohlhabenden Stadt, übrigens eine der größten weltweit damals, soll es keinen Bürger gegeben haben, der nicht ein Musikinstrument beherrscht, Hühnerkämpfen oder Hunderennen beigewohnt, das Sechs-Steine-Brettspiel (Vorläufer des Go und chinesischen Schachs) praktiziert oder Cuju gespielt hat. Die Stadtverwaltung im heutigen Linzi ist nach der Anerkennung von Cuju als nationales immaterielles Erbe im Jahre 2006 nun bestrebt, von der UNESCO auch das entsprechende internationale Gütesiegel zu erhalten. Ein Fußballmuseum über Cuju ist schon eingerichtet und 5000 Grund- und Mittelschüler lernen diese alte Variante des Fußballspiels.

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Quelle: China Heute

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