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08. 06. 2014 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Bildungsreform: Chinas „Gaokao“ auf dem Prüfstand

Schlagwörter: Gaokao Bildungsreform China

Knapp 9,4 Millionen Schüler – das entspricht in etwa der Einwohnerzahl Schwedens – nehmen an diesem Wochenende in China an der „Gaokao“ teil. Die Ergebnisse dieser Prüfung entscheiden darüber, welche akademischen Wege den Schülern später offenstehen werden.

Die Gaokao ist hart – zu hart vielleicht. Und im Gesamtzusammenhang des chinesischen Bildungssystems möglicherweise ein bisschen zu wichtig. Schon seit vielen Jahren wird das chinesische Bildungssystem im eigenen Land kritisiert, weil es zu starken Wert auf Prüfungsergebnisse und zu wenig Wert auf wirkliche Qualität lege – so lauten zumindest die Anschuldigungen. Deswegen steht die Gaokao, das Sinnbild des Lerneifers chinesischer Schüler, nun selbst auf dem Prüfstand. Sie soll überholt werden, soll die größte Reform seit dem Beginn ihrer Existenz im Jahr 1977 – ein Jahr nach dem Ende der Kulturrevolution – erleben.

Das Schlüsselwort zur Gaokao-Reform könnte das der Dezentralisierung sein. Shanghai fing schon 1985 damit an, und etwa die Hälfte Chinas hat der selbstbewussten Stadt am Jangtse-Delta inzwischen nachgeeifert. So haben beispielsweise die Tsinghua-, Beijing- und etwa 20 weitere Universitäten seit 2003 die Erlaubnis, ihre Zulassungsbestimmungen zum Teil selbst festzulegen. Das bedeutet, dass diese Unis etwa 5 Prozent der Erstsemester unabhängig von deren Gaokao-Ergebnissen zum Studium zulassen können. Zum Beispiel Bewerber mit herausragenden Ergebnissen bei Wissenschaftsolympiaden auf provinzieller oder gar internationaler Ebene – solche Kandidaten haben prinzipiell eine gute Chance, zum Studium an einer der prestigeträchtigsten Unis Chinas zum Studium zugelassen zu werden. Selbst dann, wenn sie im Chinesischen oder im Englischen nicht die Anforderungen erfüllen. Extrapunkte gibt es auf für diejenigen Kandidaten, die über ein herausragendes artistisches oder sportliches Talent verfügen.

Es war sicherlich richtig, die Standards zu diversifizieren und die Tore der Universitäten so für mehr Bewerber mit besonderen Talenten zu öffnen – doch leider wurde mit dieser prinzipiell guten Idee viel Schindluder getrieben.

Cai Rongsheng etwa, der frühere Direktor der Zulassungsstelle der berühmten Renmin-Universität in Beijing, wurde vor einer Woche verhaftet, weil er riesige Summen an Bestechungsgeldern angenommen hatte. Cai stand seit November 2013 unter Verdacht und wurde seit dieser Zeit auch überwacht. Die Renmin-Uni setzte ihr „privates Zulassungsprogramm“ für 2014, kurz nachdem der Verdacht gegen Cai bekannt wurde, aus. Der ehemalige Direktor der Zulassungsstelle wird beschuldigt, über 10 Millionen Yuan (1,2 Mio. Euro) an Geldern kassiert zu haben, um Studenten bei der Studienzulassung zu „helfen“.

Es gibt viele Beschwerden und Zweifel bezüglich der Fairness der Gaokao und der Transparenz des Zulassungssystems. Das sogenannte „Zusatzpunktesystem“ steh dabei im Kreuzfeuer der Kritik.

Was einmal ein Recht der Unis war – nämlich die Zulassung derjenigen Studenten, die man für hinreichend geeignet und talentiert hielt –, habe sich zunehmend in ein System käuflicher Privilegien verwandelt, in dem nicht mehr die Besten weiterkommen, sondern die Reichsten, sagte Wang Feng, der vom Bildungsministerium mit der Reform des Gaokao-Systems beauftragte Bildungsexperte.

Deng Xiuxin, der Präsident der Huazhong-Universität für Landwirtschaft, nannte die Zulassungsprüfungen in Studiengängen wie Kunst als besonders beschämendes Beispiel für derartige Betrugsfälle. Da würden allenfalls durchschnittliche Werke von zuvor bestochenen Prüfern zu „wahren Meisterwerken“ ernannt. „Leute, die keine Kunstexperten sind, bekommen von einem solchen Betrug gar nichts mit“, sagte Deng, seines Zeichens auch Delegierter des Nationalen Volkskongresses (NVK), bei der diesjährigen Sitzung des NVK.

Xiong Qingnian von der Fudan, eine der besten Universitäten Chinas, wünscht sich, dass eine unabhängige, dritte Partei den Zulassungsprozess überwacht und evaluiert. Es wird mit Sicherheit noch einige Zeit dauern, bis ein solcher Vorschlag umgesetzt werden kann. In der Zwischenzeit haben allerdings schon 31 Unis den Umfang der „Zusatzpunktesysteme“ reduziert.

In der südwestchinesischen autonomen Region Guangxi beispielsweise bekommen die Gewinner nationaler Wissenschaftsolympiaden ab sofort keine Extrapunkte mehr. Die Umstellung des Zulassungssystems hatte in der Provinz schon 2011 begonnen. Auch Schüler, die wegen vorbildhaftem Verhalten früher einige Extrapunkte ergattern konnten, werden in Zukunft leer ausgehen.

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Quelle: german.china.org.cn

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