von Wang Ran und Ren Bin, Beijing

Am 8. Juni hat Lao Luo (Robert Zollitsch), ein deutscher Komponist chinesischer Musik, sein erstes Kammermusikkonzert für traditionelle chinesische Instrumente in Beijing auf die Bühne gebracht. Gemeinsam mit seiner Frau Gong Linna, einer bekannten chinesischen Sängerin, arbeitet er an neuen Entwicklungsmöglichkeiten für die chinesische Musik. Im Interview mit China.org.cn erläutertet er sein Musikkonzept, spricht über die Probleme der derzeitigen chinesischen Musik und schlägt vor, wie man chinesische Musik erfolgreich auf westliche Bühnen bringen kann.

Lao Luo bei einem Interview mit China.org.cn.

China.org.cn: Was bedeutet Ihr Name “Lao Luo” (ch. 老锣）?

Lao Luo: Das ist heute mein Künstlername. Als ich meine Frau Gong Linna 2002 kennen lernte, fingen meine chinesischen Freunde an, mich "Lao Luo" (ch. 老罗) zu nennen, weil mein Vorname Robert ist. Danach habe ich mich für das chinesische Schriftzeichen "锣" entschieden, was für das chinesische Schlaginstrument "Gong" steht und darauf hinweist, dass ich Musiker bin.

China.org.cn: Sie haben in Deutschland Musik studiert. Warum sind Sie auf die Idee gekommen, nach China zu kommen?

Lao Luo: Nach meinem Abschluss im Jahre 1992 an der Hochschule der Künste Berlin (HDK) wollte ich gerne noch im Ausland weiter lernen, aber ich wusste noch nicht wohin ich gerne gehen würde. Zufällig bekam ich von einer deutschen Freundin, einer Spezialistin für chinesische Mathematikgeschichte, eine Kassette mit Guqin-Musik (klassische chinesische Zither) geschenkt. Die Musik faszinierte mich, war aber doch fremd und befremdend eintönig. Ich mochte nicht glauben, das an der Musik Chinas mit seiner großen klassischen Kultur nicht mehr dran sei als ich zu dieser Zeit verstehen konnte. Das war für mich ein guter Grund mehr über chinesische Musik zu lernen. Außerdem wollte ich mit chineischen Musikern zusammen musizieren, ein bis dahin kaum betretener Bereich. So kam ich 1993 zum Studium der Guqin and die Hochschule für Musik Shanghai.

China.org.cn: Welche Unterschiede gibt es zwischen der traditionellen chinesischen und der westlichen Musik?

Lao Luo: Die hauptsächlichen Unterschiede liegen jeweils in den Gegensätzen von "Qi" (ch. 气) und "Yun" (ch. 韵) zwischen der chinesischen und westlichen Musik. Beide Begriffe sind wesentlich für Musik. In der chinesischen Musik steht "Qi" für den Zustand des Musikers und "Yun" für einen Vorgang. Dies ist gerade umgekehrt in der westlichen Musik.

Hier eine Methapher dazu: "Qi" in der chinesischen Musik ist etwa so, dass man sich am Flussbett befindet und den fließenden Fluss anschaut. In der europäischen klassischen Musik ist es eher so, dass man sich im Boot mit dem Fluss bewegt. "Yun" ist in der westlichen Musik vergleichbar damit, dass man im Garten sitzt und fliegende Schmetterlinge beobachtet, eine Stimmung, ein Zustand. In chinesischer Musik dagegen ist "Yun" ein aktiver Vorgang, ein Prozess. Es ist eher so als würde man auf dem Rücken des Schmetterlings fliegen. "Yun" ist besonders wichtig für die chinesische Musik, allerdings wird "Yun" von vielen chinesischen Musikern heute vernachlässigt oder nicht mehr verstanden.

China.org.cn: Welche Probleme hat Ihrer Meinung nach die chinesische Musik?

Lao Luo: Ein großes Problem der chinesischen Musik ist es, dass sich viele Musiker immer nur innerhalb eng gesteckter Genregrenzen bewegen. Und das Kuriose daran ist, dass diese Genres nicht authentisch chinesisch sind, sondern aus dem Westen importierte Genres wie Rock, Jazz, Musical, oder auch westliche zeitgenössische Kunstmusik, und die meisten Musiker in China bewegen sich nur darin. Dabei müsste man sich gar nicht innerhalb dieser engen Grenzen aufhalten, man könnte den ganzen Raum nutzen und alles miteinander verbinden. Man könnte Gesangstechniken aus chinesischer Volksmusik und Elemente aus der klassischen chinesischen Oper in eine musikalische Geschichte einbringen, anstatt an einem engen Konzept festzuhalten und zu sagen, ein Musical hat genau so oder so zu sein, eine Oper dagegen muss dies und das aufweisen.