Ke Ke Xi Li - Mountain Patrol (2004)

Unter all den Kassenschlagern, die in China in den letzten Monaten in den Kinos liefen, sticht der eigenwillige Film des Drehbuchautors und Regisseurs Lu Chuan hervor. Bereits bei seiner Premiere begeisterte der Film "Ke Ke Xi Li" (englischer Titel "Mountain Patrol"), in dem vor allem lokale Tibeter und unbekannte Schauspieler mitspielen, das Publikum.

Der Abenteuerfilm in westlichem Stil wurde bereits mit dem "Golden Rooster Award" ausgezeichnet, dem chinesischen Pendant zu dem amerikanischen "Academy Award". Der Film wird auch auf den Filmfestspielen in Tokio und Venedig zu sehen sein. Nach Anlauf des Films sagten mehr als 10.000 Zuschauer ihr Votum für die Nominierung des Filmes als Bester fremdsprachiger Film während der Oskar-Verleihung 2005 zu.

Der Film mit einem Budget von 10 Millionen Yuan (ca. 920.000 €) gedreht, spielte allein durch die Vergabe von Copyrightrechten an das Ausland 800.000 USD ein. An chinesischen Kinokassen wird mit Einnahmen in Höhe von 10 Millionen Yuan gerechnet. Doch was hat dieses Filmfieber ausgelöst?

Vor 1985 lebten in Hohxil (auf Chinesisch Ke Ke Xi Li) mehr als 1 Million Tibetantilopen, auch "Chiru-Antilopen" genannt. Dann stieg mit dem Preisanstieg für feine Wolle gleichzeitig auch die Nachfrage nach Pashmina-Schals. Wilderer überschwemmten daraufhin das Gebiet Hohxil, so dass die Zahl der Tibetantilopen innerhalb nur weniger Jahre auf unter 20.000 sank.

1993 stellte die lokale tibetische und han-chinesische Bevölkerung ein freiwilliges Patrouillenteam gegen Wilderei zum Schutz dieser Tierart auf. Sie verließen ihre Familien und riskierten ihr Leben, um in der Wildnis gegen bestens bewaffnete Wilderer zu kämpfen. Neben anderen Teammitgliedern opferten auch zwei ihrer Anführer, Sonam Dargyi und Taba Dorje, ihr Leben für diese Sache und wurden von den Wilderern getötet.

Nach ihrem Tod gründete China zum Schutz der Tibetantilope das Naturreservat Hohxil. Eine Naturschutzstation wurde sogar nach Sonam Dargyi benannt. Dessen Tochter Kunsang Yangtso spielt in Lus Film eine Hauptrolle, da sie es für eine gute Idee hielt, auf diese Weise ihrem Vater zu gedenken.

Auftakt des Films bildet der Tod eines Patrouillemitglieds. Der weitere Verlauf handelt von der Verfolgungsjagd auf die Wilderer, während der das Team unterwegs auf über 1000 tote Antilopen stößt und mit allerhand Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wie liegengebliebene Jeeps infolge Benzinmangels, Nahrungsmittelknappheit und mit Schneemassen bedeckte, von der Außenwelt abgeschnittene Bergpässe.

Aber auch die Filmhelden, wie der Patrouillenführer Ritai, sind mit Fehlern behaftet. Manchmal sind sie sogar weit davon entfernt, heroisch zu sein und verdienen ihr Geld zur Finanzierung der Wildereipatrouille aus dubiosen Quellen. Laut einem Zitat von Ritai, könnten die Gesichter und Hände der Pilger, die auf die Knie fallen, um Buddha ihren Respekt zu zeigen, nicht schmutziger sein. Dafür seien jedoch die Herzen rein.

Die Inspiration zu dem Film "Ke Ke Xi Li" bekam Lu Chuan, der nicht einmal 40 Jahre alt ist, nachdem er den Dokumentarfilm "Balance" von Peng Hui gesehen hatte, der 1997 nach Hoh Xil ging, um dort drei Jahre lang diesen Film zu drehen. Er schrieb auch einen Artikel mit dem Titel "Schutz von Hohxil", der seine Freundschaft zu Taba Dorje, dem zweiten Patrouillenführer, erzählt. Tragischerweise wurde Taba Dorje erschlossen, bevor er den Artikel lesen konnte.

Anfangs weigerte sich Peng, sich den Film "Ke Ke Xi Li" anzusehen. Denn er befürchtete Veränderungen in der Handlung oder der Darstellung der Charaktere. Doch Lu ermutigte ihn und Peng ließ sich umstimmen. Nachdem er den Film gesehen hatte, sagte Peng, dass er sich dadurch an viele Freunde und Vorfälle erinnert gefühlt habe. Lu Chuan habe ihn nicht enttäuscht.

Der Film erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel eines Reporters. Um Authentizität und Glaubwürdigkeit zu erzeugen, spielen in dem Film hauptsächlich unbekannte Schauspieler, manchmal sogar Laienschauspieler anstelle bekannter Filmstars mit. Der Film glamourisiert die Schauspieler in kleinster Weise und zeigt sie daher realistisch mit zerlumpten Kleidern und dreckigen Gesichtern.

Trotz der Tragik der Geschichte will der Film keine Sentimentalität wecken. Lu Chuan möchte dem Zuschauer mehr Raum für Überlegungen lassen und nicht auf die Tränendrüse drücken, was ihn schnell vergessen lässt.

Hohxil gilt als eine der weltweit härtesten Naturlandschaften. Gedreht wurde von August bis November im Gebiet Wudaoliang, das sich bei rauhem und unvorhersagbarem Wetter auf 4500 bis 5000 Meter über dem Meeresspiegel befindet.

Jeder der am Dreh Beteiligten bekam die Höhenkrankheit oder eine andere Krankheit zu spüren. Am Ende des Drehs waren nur noch 60 der anfänglichen 108 Setmitarbeiter vor Ort. Äußerst schwierige Szenen und Stunts auf Treibsand wurden unter Extrembedingungen mit Laiendarstellern gedreht, die sich jedoch als motiviert und hochbegabt erwiesen.

Das Ende des Films ist aus vielerlei Gründen bedeutsam. Der Film bricht nicht nur mit einem Tabu und zeigt erstmals eine Himmelsbestattung, sondern er zeigt auch zum ersten Mal eine Tibetantilope in einem Film.

Der Ausgang des Films ist weit von dem Happy End entfernt, nach dem sich vermutlich viele Zuschauer sehnen. Lu sagt, er habe lange darüber nachgedacht und glaube sich für das richtige Ende entschieden zu haben. Ritais Idealismus führte ihn unausweichlich dem Ende entgegen. Seine Ideale seien zu weit von der unangenehmen Realität der Situation entfernt gewesen.

(China.org.cn, 12. Januar 2005)