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27. 01. 2011 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
China hat diesbezüglich seinen politischen Willen im Zwölften Fünfjahresplan festgeschrieben. Es gilt damit als eine nationale Priorität. Aber China sagt auch: Die westlichen Industrienationen verfügen über die Technologien, mit der wir das schaffen können.Viel schneller als aus eigener Kraft. Es geht also um die Frage des Technologie- oder Wissenstransfers.
Vor kurzem wurde der Preis für die Internationale Technik- und Wissenschaftskooperation der VR China verliehen – auch an drei deutsche Wissenschaftler, neben einem Astrophysiker und einem Baustoffexperten auch der ehemalige Bundesumweltminister Professor Klaus Töpfer.
Aus Chinas Sicht stellt sich die Frage: Inwieweit sind die westlichen Industrienationen bereit, diesen Technologieexport zu leisten beziehungsweise das nötige Wissen mit China und anderen Schwellenländern zu teilen, damit diese Länder ihre notwendigen, strukturellen Anpassungen schneller und besser schaffen können?
Ich glaube, die Geschichte der letzten 20 Jahre hat ja deutlich gezeigt, dass China, was seine eigene Entwicklung angeht, vom Technologieimport aus den industrialisierten Ländern weitgehend abhängig ist. Das wird sich in den nächsten Jahren ein bisschen verringern, weil China selbst beginnt, Technologien zu entwickeln, zu einem Technologiespieler zu werden, selbst eigene Technologie in bestimmten Kernbereichen in den Weltmarkt einzubringen.
Der zweite Punkt ist: Die Europäische Union und hier insbesondere Deutschland waren diejenigen, die in den letzten 20 Jahren mit Abstand die meiste Technologie nach China exportiert haben. Nicht zuletzt deshalb genießt die deutsche Wirtschaft ein hohes Ansehen in China. Diese Technologie ist in allen relevanten Wirtschaftssektoren transferiert worden. Insbesondere auch im Energiesektor, und hier in den Bereichen, die wir schon angesprochen haben, also Automotive oder Wohnungsbau, bei denen moderne Technologien wie Isolierung und Wärmedämmung ganz entscheidend für energieeffizientere Verfahren sind. Das bedeutet, dass China bereits in den letzten Jahren davon profitiert hat und das bereits passiert ist, was China zu Recht von der internationalen Staatengemeinschaft erwartet und wünscht.
Dieser Prozess des Technologietransfers wird meines Erachtens in den nächsten Jahren weitergehen. Klar ist dabei, dass das auf freiwilliger Basis passieren muss. Es darf nicht durch vertragliche Klauseln eine Form von erzwungenem Technologietransfer stattfinden.
Das ist keinem Unternehmen zumutbar, und unter solchen Prämissen wird es auch keinen Technologietransfer aus Deutschland geben. Aber unsere Unternehmen haben ja zu Hunderten bewiesen, dass sie bereit sind, Technologie in den chinesischen Markt zu bringen.
Auf der Basis von Freiwilligkeit und eines ausreichenden Schutzes des geistigen Eigentums, das in diesen Technologien der Kernbestandteil ist, wird dieser Prozess substanziell weitergehen.
Geistiges Eigentum ist die Voraussetzung für die Entwicklung hin zu einer innovativen Gesellschaft. Und China spürt das inzwischen selbst. Früher fanden Gerichtsverfahren wegen der Verletzung des geistigen Eigentums zwischen einem chinesischen und einem ausländischen Partner statt. Heute sind in China neun von zehn Gerichtsverfahren im Bereich IPR [Intellectual Property Rights] bereits eine Sache zwischen chinesischen Firmen. Der Schutz des geistigen Eigentums ist damit auch ein chinesisches Problem geworden.
Ein mittelständischer Unternehmer ist auf Wohl und Wehe darauf angewiesen, dass seine Kernkompetenzen, dass was an innovativem Kerngehalt in dem Produkt steckt, geschützt bleibt. Da darf nicht irgendeiner, der dieses Produkt nimmt, sozusagen den Kern davon nehmen und es zu einem angeblich eigenen Produkt machen. Das sind internationale Spielregeln.
Ich bin zuversichtlich, wenn ich mir die Entwicklung der letzten Jahre anschaue, dass das Problem a) erkannt ist, b) gesetzlich auf guter Basis vorangebracht worden ist und jetzt der konsequenten Umsetzung in der Praxis bedarf.
Auch hier ist wieder konsequentes Verwaltungshandeln erforderlich. Dort, wo es Verstöße gegen den Schutz geistigen Eigentums gibt, müssen sie geahndet werden. Das führt, ob es sich nun um chinesische oder europäische Produkte handelt, zu dem notwendigen Vertrauen. Wenn das da ist, wird es Technologietransfer geben.
Insgesamt haben wir als Bundesrepublik Deutschland und die deutsche Wirtschaft überhaupt kein Problem, mit neuen Technologien nach China zu kommen. Wir haben gute Erfahrungen gemacht, wenn man die ganze Bandbreite der deutschen Wirtschaft sieht. Aber es ist notwendig, dass sich beide Seiten bewusst sind, dass wir arbeiten müssen an den Einzelfällen, in denen zum Beispiel gegen den Schutz des Eigentums oder bei Vertragsverhandlungen gegen das Prinzip der Freiwilligkeit des Technologietransfers verstoßen wird. Unter den genannten Prämissen sehe ich einen breiten Raum an technologischer Zusammenarbeit.
Botschafter Dr. Michael Schaefer (Foto von Zhang Yue)
Ich möchte Sie zum Schluss einmal bitten, einen Ausblick für 2011 zu geben auf die gemeinsamen Beziehungen zwischen Deutschland und China in den Bereichen, die Sie in unserem Gespräch genannt haben. Was sind die Prioritäten Deutschlands und was wollen Sie persönlich als deutscher Botschafter in China tun?
Wir stehen vor einem sehr aktiven Jahr. 2011 wird nicht nur eine Fortsetzung, sondern, wie ich am Anfang angedeutet habe, neue Höhepunkte im Austausch zwischen unseren beiden Ländern sehen. Politischer Höhepunkt werden die Regierungskonsultationen im Juli sein, die durch Fachminister vorbereitet werden. Wir werden versuchen, das, was im gemeinsamen Kommuniqué vom Juli letzten Jahres vereinbart worden ist, jetzt auch umzusetzen in praktische Politik. Und hier – wir haben ja schon die wesentlichen wirtschaftlichen Bereiche genannt –, wird es ganz konkrete Schritte im Hinblick auf Zusammenarbeit geben.
Neben dem Wirtschaftsbereich werde ich persönlich ein großes Interesse daran haben, die kulturelle Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern zu stärken, und auch die Bildungs- und Wissenschaftskooperation zu vertiefen. Im kulturellen Bereich haben wir ein großes Projekt vor. Wir werden im April als erste große Ausstellung im Nationalmuseum Chinas, das Ende März wieder eröffnet wird, eine Auswahl deutscher Kunst präsentieren.
Das ist die größte Ausstellung, die Deutschland je im Ausland gezeigt hat, und zwar zum Thema ‚Die Kunst der Aufklärung’. Ein wunderbares Thema, das die europäische Geistesgeschichte wie auch die gesellschaftliche Entwicklung vor 150 Jahren neu bestimmt hat.
Es wird auch darum gehen, diese Ausstellung zum Gegenstand zu nehmen, um einen Dialog zwischen vor allem der jüngeren Generation in China mit deutschen Gesprächspartnern zu organisieren. Ein Dialog über Themen, die sich aus dieser Ausstellung ergeben.
Die Aufklärung war geistesgeschichtlich der Nährboden für die moderne gesellschaftspolitische, europäische Entwicklung. Die Fragen werden also sein: Warum hat sich Europa auf dem Boden der Aufklärung so entwickelt, wie wir uns entwickelt haben? Warum hat die gesellschaftliche Entwicklung in China eine andere Richtung genommen? Ich glaube, das sind spannende Themen, die sich ergeben werden.
Wir hoffen, dass wir die Ausstellung, die ein Jahr im Nationalmuseum sein wird, begleiten werden durch einen Dialogprozess, der ebenfalls zwölf Monate in Form von großen öffentlichen Foren, von kleineren Begegnungen, Dialogen mit Kunsthistorikern, mit Philosophen, mit Geistes- und Sozialwissenschaftlern dauern soll. Wir hoffen also, dass das zu einem offenen Dialog führen kann, der insgesamt gesehen dann auch das gegenseitige Verständnis verbessert und vertieft.
Ich glaube, Partnerschaft beruht ganz wesentlich auch darauf, dass man den Partner kennt, dass man seine Geschichte kennt, auch seine Geistesgeschichte; dass man weiß, welches die wesentlichen Antriebskräfte für die Gesellschaft sind. Und ich verspreche mir davon, dass wir durch diesen Dialog mehr lernen übereinander. Das wird sicher einen ganz neuen, wichtigen Wert darstellen für die Partnerschaft auch im Nichtregierungsbereich.
Wir werden dann versuchen, im Bereich der Bildung, der Wissenschaft aufzubauen auf den zahllosen Partnerschaften, die es bereits gibt.
Wir wollen unter dem Arbeitstitel "Deutsch-Chinesische Zukunftsbrücke" ein Netzwerk bauen von jungen Führungseliten. Wir wollen junge Leute im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, die etwa in Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik herausragend sind, zusammenbringen in Form von sogenannten Sommerschulen, und dazu beitragen, dass gerade die junge Generation auf beiden Seiten sich besser kennenlernt. Damit wollen wir dazu beitragen, dass in den nächsten zehn, zwanzig oder dreißig Jahren ein Netzwerk von Kontakten entsteht, dass die Kooperation unserer Länder weitertragen kann.
Das sind zwei tolle Projekte, für die ich mich persönlich sehr, sehr einsetze, und von denen ich mir eine qualitative Vertiefung unserer Partnerschaft verspreche.
Herr Dr. Schaefer, vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: german.china.org.cn
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