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06. 04. 2011 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Westerwelle: Kunstdiplomatie und Diplomatiekunst Exklusiv

Schlagwörter: Westerwelle FDP China

Von Prof. Yin Tongsheng

Vom 31.03 bis 02.04 2011 stattete Bundesvizekanzler und –außenminister Guido Westerwelle China einen offiziellen Besuch ab, um in Beijing vor allem die bislang größte deutsche Kunstausstellung zu eröffnen, an der ersten Runde des strategischen Dialogs auf Ministerebene teilzunehmen und mit der chinesischen Führungsspitze Meinungen über die internationalen Angelegenheiten und die bilateralen Beziehungen auszutauschen. Dies wird von den deutschen Medien als eine Diplomatie der Kunst bezeichnet. Dabei bemüht er sich auch, seine Diplomatiekunst zu zeigen, um möglichst positive Lösungen über Dilemmas hinweg zu finden.

Kunstdiplomatie

Westerwelle sieht diesmal seine Hauptaufgabe darin, gemeinsam mit Staatsrätin Liu Yandong im neu eröffneten Chinesischen Nationalmuseum den Startschuss für die Ausstellung "Die Kunst der Aufklärung" zu geben.

Die Ausstellung wird von den Staatlichen Museen zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München präsentiert. Zu den 600 Exponaten gehören Malereien, Skulpturen, Kunstwerke sowie Kleidung und Schmuckstücke, darunter auch Gemälde von Caspar David Friedrich, Goya, Piranesi und Gainsborough. Die Geschichte der Aufklärung im 18. Jahrhundert wird damit umfassend dokumentiert. Schirmherren sind Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao sowie Bundespräsident Christian Wulff.

Im Rahmen der Ausstellung finden auch fünf Foren zum Thema "Dialog der Aufklärung" mit Teilnehmern aus Deutschland und China statt. Zudem werden Filme, Opern und klassische Musikstücke aufgeführt.

Deutschland möchte als eine Zivilmacht seine Staatsinteressen mit seinen Wertvorstellungen verbinden, indem es sich von einer interessengeleiteten und wertegebundenen Außenpolitik leiten lässt. Aber ein neues außenpolitisches Selbstverständnis Deutschlands, in dem eine neue Balance zwischen innen- und außenpolitischen Interessen und Werten gefunden werden soll, scheint derzeit schwer zu finden.
Studentinnen zeigen ihre Plakate, um Westerwelle zu begrüßen und für Freundschaft zwischen China und Deutschland auszusprechen.

Die Ausstellung sei "weder laut noch plakativ. Daraus aber den Schluss zu ziehen, sie wäre unpolitisch, geht fehl", betonte Westerwelle zur Eröffnung. "Die Freiheit der Kunst ist die schönste Tochter der Freiheit" und nannte die Veranstaltung einen Meilenstein in den kulturellen Beziehungen beider Länder und eine weitere Gelegenheit, bei der sich die deutsche und die chinesische Zivilgesellschaft austauschen könnten.

Heute befindet sich die Welt im Zeichen der wirtschaftlichen Globalisierung. Aber viele Tatsachen zeigen, dass die auswärtige Kulturpolitik untrennbarer Teil der Außenpolitik ist, wie überhaupt Wirtschaft und Kultur nur vermeintliche Gegensätze, in Wahrheit aber kaum voneinander zu trennen sind. Der Kulturaustausch wird deshalb auch als ein wichtiger Aspekt strategischer Partnerschaften gesehen. Die BRD betrachtet den Kulturaustausch als die dritte Säule ihrer Außenpolitik, mit dem Ziel, den Dialog zwischen den Völkern zu fördern und dadurch ein stabiles Fundament für die internationalen Beziehungen zu schaffen. Durch den Kulturaustausch auch jenseits des politischen Diskurses soll das Verständnis der Völker füreinander und die Verständigung miteinander erleichtert und vertieft werden. Dazu gehört auch der Abbau und die Überwindung von Vorurteilen, Stereotypen und Feindbildern. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass der Kulturaustausch zwischen China und Deutschland auf eine lange wechselvolle Geschichte zurückschaut. Punktuelle Kontakte sind schon für das 14. Jahrhundert belegt. Im Jahre 1303 lebten die Brüder Arnold aus Köln als erste Vertreter der Deutschen in Beijing. Wir freuen uns über diesen Kulturaustausch und auf einen noch intensiveren, weil wir der Überzeugung sind, "Steine aus anderen Bergen können uns helfen, Jade zu schleifen."

Diplomatiekunst bei dem Balanceakt zwischen Interessen und Werten gegenüber China

In der modernen Diplomatie stellen Interessen und Werte eine Einheit der Gegensätze dar, weil sie einander bedingen und durchdringen.

Deutschland möchte als eine Zivilmacht seine Staatsinteressen mit seinen Wertvorstellungen verbinden, indem es sich von einer interessengeleiteten und wertegebundenen Außenpolitik leiten lässt. Viele Wissenschaftler vertreten die Auffassung, dass die Staatsinteressen das Handeln eines Staates beherrschen, während die Wertvorstellungen sehr oft als Weichensteller die Bahnen bestimmen, in denen die Dynamik der Interessen das Handeln fortbewegt. Ganz wie der Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker ausführte, Interessen ohne Moral sind unzumutbar, Moral ohne Anwendung auf die Interessen ist Schwärmerei. Aber das Ideal entspricht manchmal nicht der Realität. Die Staatsinteressen können häufig in verschiedenen Bereichen den Wertvorstellungen widersprechen. So sieht sich heute die Bundesregierung, insbesondere Herr Westerwelle als deren Außenminister, oft mit vielfältigen Dilemmas konfrontiert, sowohl politisch als auch wirtschaftlich. Aber ein neues außenpolitisches Selbstverständnis Deutschlands, in dem eine neue Balance zwischen innen- und außenpolitischen Interessen und Werten gefunden werden soll, scheint derzeit schwer zu finden. Darum muss er sich offensichtlich immer wieder bemühen, Brücken über diese Dilemmas hinweg zu schlagen. Auch bei Westerwelles letztem China-Besuch war dies der Fall.

Schon vor seiner Abreise versuchten nicht wenige Medien, Einfluss und Druck auf ihn auszuüben, indem sie auch seine Zitate auflisteten und damit hausieren gingen: Westerwelle soll in China deutlich für Menschenrechte eintreten. Westerwelle-Zitate wecken hohe Erwartungen an China-Besuch des Außenministers. Auch die chinesischen "Dissidenten“ flehen ihn um Hilfe an. Dazu kam noch, dass ein gewisser Journalist und Sinologe, der als Teil von Westerwelles Delegation an der Eröffnungsfeier der Ausstellung teilnehmen sollte, das Visum nicht erhielt mit der Begründung, dass er "kein Freund des chinesischen Volkes" sei. Uns allen ist bekannt, dass eben dieser Sinologe im vergangenen Jahr anlässlich der Verleihung der Hermann-Kesten-Medaille an den heute in Beijing inhaftierten Liu Xiaobo die Laudatio auf den späteren "Nobelpreisträger" gehalten hatte. Seine Ausladung könnte eine Art Retourkutsche dafür sein. Einige Medien forderten dementsprechend Westerwelle auf, seine China-Reise abzusagen. Westerwelle musste sich entscheiden, trat aber dann seine Reise wie geplant an. Eine Absage hätte einen großen Eklat ausgelöst. "Das Wichtige ist, dass nicht mit Sprachlosigkeit reagiert wird, sondern dass man im Gespräch bleibt."

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Quelle: german.china.org.cn

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