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24. 11. 2011 | Druckversion | Artikel versenden| Kontakt |
Wie würden Sie die Zusammenarbeit zwischen deutschen und chinesischen Wissenschaftlern beschreiben? Merkt man kulturelle Unterschiede, oder sind sich Wissenschaftler dazu "zu ähnlich"?
Wenn es auf diese Frage überhaupt eine pauschale Antwort gibt, dann die, dass Wissenschaftler im Allgemeinen hochgradig individuell sind, deutsche wie chinesische. Darin sind sie einander sicher ähnlich. Chinesische Kolleginnen und Kollegen meiner Altersklasse haben als Kind noch die Kulturrevolution erlebt. Das bedeutet: von verkürzter und mangelhafter Schulausbildung bis zum Professor im Turbotempo. Viele haben sich mit ungeheurer und bewundernswerter Willenskraft Wissen angeeignet, um Weltniveau zu erreichen. Unsere Biografien und Ausbildungsgänge sind nicht vergleichbar und das kann sich auswirken. Je intensiver wir jedoch gemeinsam an einem wissenschaftlichen Problem interessiert sind und arbeiten, desto mehr treten die Unterschiede in den Hintergrund.
Gibt es denn Unterschiede in der Herangehensweise an wissenschaftliche Probleme?
In der Archäologie kooperieren natur- und humanwissenschaftliche Disziplinen aufs Engste. Man kann sich das so vorstellen: Sondage- und Analysemethoden der Geologie, Physik und Chemie werden gebraucht, um einen Schuh zu finden und seine Herstellung zu rekonstruieren. Geschichte, Soziologie oder Ethnologie können dazu beitragen zu verstehen, wer ihn unter welchen Umständen getragen und schließlich verloren hat. Im Idealfall kennen wir zum Schluss den Kurzlebenslauf des Schuheigentümers und sein soziales Umfeld. Für einen chinesischen Archäologen sind historische Aufzeichnungen, also Texte und damit die Argumente der Geschichtsforschung häufig wichtiger als die naturwissenschaftlichen Ergebnisse. Das hängt ganz einfach damit zusammen, dass die Geschichtsschreibung in China so früh einsetzt und der erste Historiker Chinas, Sima Qian, im 2. Jahrhundert v. Chr. bereits einen Überblick über zwei Jahrtausende gibt. Debatten um die Zuverlässigkeit seiner Informationen, die er selbst auch nur noch als Überlieferung kannte gibt es, aber die fundamentale Bedeutung der Historiographie auch für die Frühzeit der chinesischen Kultur ist unbestritten. Deutsche Archäologen geben den naturwissenschaftlichen Ergebnissen mehr Gewicht.
An welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie persönlich denn aktuell?
Wir arbeiten gerade an dem 3000 Jahre alten Bestattungsplatz Liushui in Xinjiang. Es ist der erste derartige Fundplatz, den man in dem Bereich des Kunlun-Gebirges gefunden hat, der durch den Keriya-Fluss unmittelbar mit den Oasen am Rande und in der Taklamakan-Wüste verbunden ist. Er ist noch nie mit solcher Intensität, wie wir sie betreiben, erforscht wurden. Seine Altersbestimmung macht ihn zu einem entscheidenden Puzzlestück im Bild der Entstehung mobiler Wirtschaftsformen in Zentralasien. Es geht um die Phase der Herausbildung von reiternomadischen Gruppen, die im 1. Jahrtausend. v. Chr. die eurasischen Steppen beherrschten und durch Herodot als "Skythen" bekannt wurden.
Was reizt Sie persönlich an China?
Das große Rätsel der unheimlichen Assoziationskraft der chinesischen Kultur über Jahrtausende hinweg.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Wagner, und noch eine letzte persönliche Frage zum Schluss: Was vermissen Sie denn an China, wenn Sie wieder in Deutschland sind?
Wagner (lacht): Die weit verbreitete Vorfreude auf die Zukunft.
Quelle: german.china.org.cn
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