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30. 08. 2013 Druckversion | Artikel versenden| Kontakt

Christian Y. Schmidt

Der Briefschreiber von drüben Exklusiv

Schlagwörter: Im Jahr des Hasendrachen Christian Y. Schmidt Aha-Erlebnis

Sie schreiben im Vorwort, es würde sich bei dem Buch um einen "vorläufigen Schlusspunkt" handeln. Warum?

Das steht im Buch in einem langen, ausführlichen Vorwort. Das werde ich hier nicht verraten. Außer vielleicht, dass für den vorläufigen Schlusspunkt ein ganzes Gründebündel verantwortlich ist. Mein Ziel ist es jetzt, dass das Wort "Gründebündel" in den Duden aufgenommen wird. Auch das war ein Grund fürs Aufhören. Aber irgendwann fange ich ja auch vielleicht wieder an, aus China zu berichten. Das halte ich mir offen.

In Ihrem jüngsten Buch kommt relativ häufig die China-Berichterstattung in Deutschland zur Sprache, der Sie offensichtlich kritisch gegenüberstehen. Warum?

Weil die China-Berichterstattung und noch viel mehr die China-Kommentierung in Deutschland selbst ein falsches Bild von China malen. Das heißt, dass das, was in China passiert, durch bestimmte Filter läuft. Manches wird herausgehoben, andere Ereignisse fallen unter den Tisch. Und es wird interpretiert, was das Zeugs hält. Ich habe das in meinem Buch anhand der Zeile "Chinas Führung wird nervös" einmal so halb empirisch nachgewiesen. Diese Formulierung fand ich zum ersten Mal in einem Spiegel-Artikel von 1978. Seitdem wurde die Floskel von den deutschen Medien tausendfach wiederholt. "Chinas Führung ist nervös, sehr nervös, hypernervös, wird nervös". Über 30 Jahre lang bis heute, immer und immer wieder. Dabei weiß ja überhaupt kein Journalist, wie sich die chinesische Führung fühlt. Das ist reine Interpretation.

Sind Sie der Meinung, dass Medienkonsumenten in Deutschland ein falsches Bild von China haben?

Ja, und das ist nur meine Meinung. Ich habe das eigentlich bei jedem meiner deutschen Besucher in Beijing erlebt. Jeder hatte geglaubt, die Stadt sei viel rückschrittlicher oder was weiß ich sonst noch alles. Praktisch jeder war positiv überrascht. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Probleme in Beijing gibt. Der Smog zum Beispiel wird von Jahr zu Jahr schlimmer.

Kann es sein, dass Ihr neues Buch im Vergleich zu früheren Werke (vor allem "Bliefe von dlüben") weniger humorvoll ausfällt? Oder anders gefragt: Wird die Stimmung Ihrer Meinung nach in China ernster?

Ich glaube, sie wird weltweit ernster. Die Konkurrenz um Energie und Rohstoffe nimmt zu, weil mehr und mehr Leute so leben wollen wie die Mittelschichten im Westen. Und eine Menge Leute in China können sich das auch inzwischen leisten. Das heißt, es bleibt letztlich weniger für alle. Damit werden aber wohl die Bewohner der westlichen Industrieländer größere Probleme bekommen als die Chinesen.

Wie hat sich Ihre eigene Wahrnehmung von China im Verlauf der Zeit verändert?

Ich bin wahrscheinlich kritischer geworden. Es ist ziemlich klar, dass sich China weiter demokratisieren muss, um größere Auseinandersetzungen um die Entwicklung des Landes auf den Straßen zu vermeiden. Vor allen in den großen Städten wollen die neuen Mittelschichten mehr an den Entscheidungen partizipieren. Das hinzubekommen, ist natürlich nicht einfach und braucht auch Zeit. Aber ich habe den Eindruck, dass sich in diesem Bereich im Moment nicht viel bewegt. Dieses Ausbleiben von Reformen könnte sich irgendwann rächen.

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Quelle: german.china.org.cn

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