von Oliver Zwahlen, Shanghai

Manfred Lauck (55) leitet seit rund zweieinhalb Jahren die Deutsche Schule in Shanghai. Eine seiner größten Herausforderungen ist, den Kindern eine problemlose Rückkehr in das deutsche Schulsystem mit seinen vielen föderalen Unterschieden zu ermöglichen.

Manfred Lauck leitet seit rund 2,5 Jahren die Deutsche Schule in Shanghai.

Es ist ein Freitagnachmittag. Die meisten Lehrer sind bereits ins Wochenende gegangen. Vor dem Schulgelände der Deutschen Schule Shanghai, dem EuroCampus, warten Busse darauf, die Schüler nach Hause zu fahren. Das Gelände liegt weit im Westen der Stadt hinter dem Flughafen Hongqiao, eine Gegend, in die sich kaum je Touristen verirren. Hier hatten sich schon früh einige deutsche Firmen angesiedelt – und mit ihnen auch ihre deutschen Mitarbeiter. Sie bildeten die erste Klientel der Privatschule, die 1995 mit nur vier Kindern in der Nähe gegründet wurde. Chinesisch hört man auf dem Schulgelände kaum. Es wird vor allem Deutsch gesprochen – und auch Französisch, da die Deutsche Schule ihre Räumlichkeiten mit der Französischen Schule teilt. "Das ist ein Teil unserer Geschichte", erklärt Schulleiter Manfred Lauck etwas später. "Bereits seit der Gründung der Schule sind wir mit den Franzosen zusammen. Das hatte sich insgesamt bewährt, deshalb wurde auch der EuroCampus 2005 gemeinsam errichtet."

Lauck setzt sich in seinem Büro im zweiten Stock an einen kleinen Tisch und bietet Kaffee an. Er wirkt entspannt und antwortet ausführlich auf die Fragen. Seit rund zweieinhalb Jahren leitet er nun schon die Deutsche Schule Shanghai. Für den Norddeutschen war ein Einsatz in China nur eine von mehreren Optionen. Dass Lauck ausgerechnet Leiter der Deutschen Schule von Shanghai wurde, bezeichnet er als einen Zufall: "Auslöser war eine Stellenausschreibung als Leiter für die deutsche Schule in Singapur", erinnert sich der 55-Jährige. "Das hat mich sehr gereizt: Ich wollte wieder eine neue Herausforderung, am besten in einer fremden Kultur. Also habe ich mich gleich auf mehrere Stellen im Ausland beworben. Schließlich ist es dann China geworden." Auch die private Situation passte: Die beiden Kinder waren bereits erwachsen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Lauck im Ausland lebt und arbeitet. Bevor er später Leiter des Gymnasiums Kronwerk in Rendsburg wurde, unterrichtete er fast acht Jahre lang die Fächer Deutsch und Englisch in Kairo. "Die Lage in China ist jedoch ganz anders als damals in Ägypten", resümiert Lauck. Die Bildungsstätte in Kairo sei eine klassische Begegnungsschule gewesen. Das heißt, die meisten der Schüler waren keine Deutschen, sondern Einheimische, deren Eltern Kontakt mit dem deutschen Bildungssystem hatten. "Das waren nicht wenige, denn deutsche Schulen haben dort eine lange Tradition."

Diese Begegnung fehlt an der Schule in China. "Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen dürfen wir chinesische Kinder nur mit einer Ausnahmegenehmigung aufnehmen. Die kann zum Beispiel dann beantragt werden, wenn die Eltern selbst lange in Deutschland gelebt oder das deutsche Bildungssystem durchlaufen haben." So kommt es dann auch, dass rund 90 Prozent der inzwischen über tausend Kinder aus Deutschland kommen beziehungsweise einen deutschen Pass haben. Der Rest stammt vorwiegend aus der Schweiz und Österreich. Allerdings gebe es auch viele Kinder aus deutsch-chinesischen Ehen. Dadurch komme die Begegnung mit der chinesischen Kultur trotzdem nicht zu kurz.