| Deng Rong über ihren Vater, Deng Xiaoping |
Ein neues Buch „Mein Vater Deng Xiaoping während der Kulturrevolution“ wurde vor kurzem herausgegeben und ist jetzt landesweit erhältlich. Die Autorin dieses Buches, Deng Rong, auch Mao Mao genannt, die jüngste Tochter Deng Xiaopings, schildert in diesem Buch lebendig die Aufs und Abs im politischen Leben Deng Xiaopings in den 10 Jahren der „Kulturrevolution“ (1966-76). Das Buch illustriert mehr als 120 Fotos Dengs und seiner Familie, davon werden die meisten zum ersten Mal veröffentlicht. Auf einer Pressekonferenz beantwortete Deng Rong Fragen von Journalisten. Im Folgenden sind die Auszüge derselbigen abgedruckt.
Frage: In seinen Ausgewählten Werken sagte Ihr Vater, daß die „Kulturrevolution“ für ihn die verwickelste und schmerzlichste Zeit seines Lebens gewesen sei. Können Sie bitte sein Leid während jener Zeit vom Blickwinkel seiner Tochter aus beschreiben? Deng: Mein Vater war in seiner Jugend eigentlich eine frohe offene Natur gewesen. Nach viel erlittenem Leid wurde er im Laufe der Jahre jedoch immer schweigsamer. Bei einer Zusammenkunft mit ausländischen Gästen Anfang der 80er Jahre sagte er, die schmerzlichste Zeit für ihn sei die Periode der „Kulturrevolution“ gewesen, was er jedoch uns gegenüber nie erwähnt hatte. Wir wußten nichts davon, bis wir besagtes Interview darüber zu lesen bekamen. In den letzten Jahren befaßte ich mich mit den Erlebnissen und Erfahrungen meines Vaters und bin zu einem tiefen Verständnis seines wortlosen Schmerzes gekommen: Damals war mein Vater zwar über die Korrektheit seiner Ansichten überzeugt, durfte sich jedoch nicht rechtfertigen, stattdessen wurde er zu Unrecht aller Ämter enthoben und kritisiert. Seine Wohnung wurde durchsucht und er seiner politischen Rechte und Pflichten als Parteimitglied beraubt. Ich kann mir gut vorstellen, was für eine Seelenqual mein Vater als altes Parteimitglied, das sich für die Sache des Kommunismus eingesetzt hatte, ertragen mußte. Was seine Familie anbelangte, war er ebenfalls mit einer harten Zeit konfrontiert. Als Vater mußte er hilflos zusehen, wie alle seine Kinder aus Beijing vertrieben wurden und den Kontakt mit ihm verloren. Nachdem er davon gehört hatte, daß sein ältester Sohn, Deng Pufang, aufgrund ständiger Verfolgung und Quälereien für immer im Rollstuhl landete, brach dies meinem Vater das Herzen. Meine Mutter weinte drei Tage und drei Nächte lang bittere Tränen. Mein Vater sagte endlich: „Wir müssen etwas tun.“ In einem Brief an das Zentralkomitee der Partei Chinas bat mein Vater um eine medizinische Behandlung für meinen Bruder und darum, ihn zu meinem Vater zu bringen, damit er betreut werden könne. Mein Vater war für eine ziemlich lange Zeit in der Provinz Jiangxi (wo Deng Xiaoping Zwangsarbeit unter Aufsicht in einer Fabrik verrichten mußte). Trotz seiner 70 Jahre half er nach Feierabend seinem behinderten Sohn beim Baden, Wäsche waschen, Essen u.a. Er tat dies ohne viele Worte. F.: Sie haben in Ihrem Buch erwähnt, daß Sie über Ihren Vater mit viel Zuneigung geschrieben haben. Könnten Sie Ihre Zuneigung ein bißchen erläutern? Deng: Trotz des politischen Auf und Abs meines Vaters herrschte jedoch in unserer Familie eine innige Atmosphäre. Dieses starke Band der Liebe zwischen den einzelnen Familienmitgliedern möchte ich in meinem Buch widerspiegeln. Meine Familie ist eine ganz gewöhnliche Familie in China gewesen. Wegen meines Vaters wurden wir jedoch immer wieder direkt von der Politik beeinflußt. Während der ganzen „Kulturrevolution“ unterstützten und halfen wir einander, so konnte unsere Familie diese harte Periode durchstehen. F.: Die „Kulturrevolution“ war für Deng Xiaoping die schmerzlichste Periode seines Lebens und ebenfalls eine kritische Periode für Ihr Aufwachsen. Welchen Einfluß hatte Ihr Vater persönlich auf Sie in jener Zeit gehabt? Deng: Die Kulturrevolution umfaßt meine Jugend in der Zeitspanne von 16 bis 26 Jahren. Es war für mein Leben wirklich die kritischste Zeit. Ich war davon ausgegangen, an einer Uni zu studieren und dann einen idealen Arbeitsplatz zu finden. Unerwartet, lösten sich meine Träume in nichts auf. In jener anormalen Zeit wurde ich von einer Mittelschülerin zu einer „Roten Garde“, dann die Tochter eines „Objektes der Revolution“. Schließlich wurde ich zur körperlichen Arbeit aufs Land geschickt. In den damaligen stürmischen politischen Kämpfen war ich jedoch nicht auf Abwege geraten und hatte auch nicht meine Zeit verschwendet, was ich der Belehrung meines Vaters durch sein persönliches Vorbild zu verdanken habe. Als die „Kulturrevolution“ gerade begann, waren mein jüngerer Bruder und ich sehr stolz darauf, daß wir beide „Roten Garden“ wurden und bei der „Kulturrevolution“ mitwirken konnten. Mein Vater befahl uns jedoch, zu Hause zu bleiben und uns nicht an den sogennaten revolutionären Aktivitäten wie Menschen zusammenschlagen und plündern sowie zerstören von Kulturgegenständen zu beteiligen. Seine Worte waren zwar kurz, aber zu respektieren. In dieser äußerst schwierigen Zeit konnten wir keine Hoffnung für unsere Zukunft sehen. Trotzdem trug mein Vater Zuversicht in sich, was uns sehr ermutigte. Als er von Beijing in die Provinz Jiangxi geschickt wurde, sagte er zu einem Verantwortlichen, der ihn empfing, daß er weiter für das Volk arbeiten werde. Seine Worte versetzten zwar diesen Verantwortlichen in Verwunderung, trösteten uns aber. Durch die Bemühungen meines Vaters konnten wir alle an seine Seite zurückkehren und gemeinsam die harte Zeit verbringen. Seine politischen Ansichten sind unbemerkt mit uns verschmolzen und die Norm unserer Verhaltensweise geworden. F.: Im Buch schrieben Sie, daß Ihr Vater immer wieder hinsichtlich Anliegen wie medizinische Behandlung, Bildung und Beschäftigung für seine Kinder an Mao Zedong und Wang Dongxing schrieb, um Hilfe bekommen zu könne. Sind Sie jemals besorgt gewesen, daß diese Briefe das Führerimage Ihres Vaters beeinträchtigen könnten? Deng: Absolut nicht. Ich wollte die Fakten respektieren, als ich mein Buch schrieb. Das ist weder ein Roman oder eine Legende, sondern eine wahre Geschichte. Daher muß ich vom historischen Standpunkt aus jede Sache aufzeichnen. Ich denke, hätte ich irgendwelche Dinge dazugedichtet, wäre ich sicherlich gescheitert. Von Anfang an hatte ich entschieden, in natürlicher Weise jede Tatsache aufzuzeichnen. Mein Vater ist als Konstrukteur der Reform und Öffnung Chinas bekannt und als ein unbeugsamer Mann, trotz dreimaligen Auf- und Abstiegs in seinem politischen Leben. In der Tat genügen diese Fakten nicht, um ihn wirklich voll einzuschätzen. Was ich den Lesern zeigen möchte, sind seine Gefühle und sein wirkliches Leben. Die Familie Deng ist eine einfache Familie wie alle anderen Familien in China. Alle Familien der hochrangigen Führer in China erlebten wie andere Familien die harten Zeiten, z. B. in den 50er Jahren und Anfang der 60er Jahre, als das Land von Naturkatastrophen heimgesucht wurde. In Zhongnanhai, der Residenz der Partei- und Staatsführer, liehen die Menschen auch Geld von anderen, wenn sie finanziell bedrängt waren. Sie liehen einander tägliche Lebensmittel wie Öl, Salz und Reis. Sie prügelten ihre Kinder, wenn sie wütend waren, und die Nachbarn kamen zu ihnen, um sie darüber hinwegzutrösten. Bisher hat jedoch niemand über diese Dinge geschrieben. F.: Sie waren eine ziemlich lange Zeit von Ihrem Vater getrennt. Wie kamen Sie an die Details über besagte Trennungsperioden? Führten Ihr Vater und Ihre Mutter Tagebücher? Deng: Während der „Kulturrevolution“ wurde meine Familie verfolgt und unser Eigentum beschlagnahmt. Außerdem hatten wir viele wertvolle Fotos und Briefe verbrannt. Keiner von uns führte ein Tagebuch in jener anormalen Zeit, was für mich beim Schreiben viele Schwierigkeiten mit sich brachte. Glücklicherweise halfen mir viele Menschen, die damals mit meinem Vater zusammen waren oder mit eigenen Augen etwas, was meinem Vater passiert war, gesehen hatten, einschließlich einiger alter Genossen, die die Parteigeschichte studieren und erforschen. Darüber hinaus war auch meine Familie, insbesondere meine Mutter, Zhuo Lin, eine große Hilfe. Obwohl sie bereits 83 Jahre alt war, las sie jedoch das ganze Manuskript meines Buches mit 300 000 Schriftzeichen Wort für Wort, notierte alles, was ich beim Schreiben versehentlich ausgelassen hatte, und korrigierte sogar meine Schreibfehler. Während ich an meinem Buch schrieb, saß meine ganze Familie jeden Abend zusammen, um sich an die vergangenen Erlebnisse zu erinnern und darüber zu diskutieren. Dies war mir sehr nützlich. Während der Erinnerung an unsere traurige Vergangenheit kam sich unsere ganze Familie noch näher. Deng Pufang, mein ältester Bruder, hatte das unglücklichste Schicksal von uns Kindern. Normalerweise sprechen wir nicht über seine grauenvollen Erlebnisse. Für dieses Buch erzählte er mir jedoch alles, woran er sich noch erinnern konnte. Dies war das erste Mal, daß ich so viel von seiner unglücklichen Vergangenheit zu hören bekam. Nicht nur einmal bekam ich feuchte Augen, während er ruhig erzählte. Ich überprüfte auch zahlreiche Fakten und führte viele Interviews und machte Recherchen, wobei ich wertvolle Hilfe von einigen Revolutionsveteranen, Experten und Gelehrten des zentralen Forschungsbüros für Dokumente und des Dokumenteverlags beim ZK erhielt. F.: Die Periode der Reform und Öffnung Chinas war für Genosse Deng Xiaoping eine glänzende Zeit. Planen Sie, über seine Erlebnisse in dieser Zeit zu schreiben? Deng: Kurz, nachdem ich mein erstes Buch vollendet hatte, schwörte ich, das ganze Leben meines Vaters aufzuzeichnen. Jetzt denke ich jedoch, wie naiv ich damals war. Es ist schwierig, mit meiner begrenzten Schreibfähigkeit über die 70jährigen revolutionären Erlebnisse meines Vaters und über sein 90jähriges Leben, insbesondere über seine glänzendste und wichtigste politische Karriere während der Reform und Öffnung Chinas, zu schreiben. Dennoch werde ich mein Bestes versuchen. |



Ein neues Buch „Mein Vater Deng Xiaoping während der Kulturrevolution“ wurde vor kurzem herausgegeben und ist jetzt landesweit erhältlich. Die Autorin dieses Buches, Deng Rong, auch Mao Mao genannt, die jüngste Tochter Deng Xiaopings, schildert in diesem Buch lebendig die Aufs und Abs im politischen Leben Deng Xiaopings in den 10 Jahren der „Kulturrevolution“ (1966-76). Das Buch illustriert mehr als 120 Fotos Dengs und seiner Familie, davon werden die meisten zum ersten Mal veröffentlicht. Auf einer Pressekonferenz beantwortete Deng Rong Fragen von Journalisten. Im Folgenden sind die Auszüge derselbigen abgedruckt.