Opern in China (Teil XIX): Die Kunqu-Oper (3)

In dem dritten Teil des Beitrags über die Kunqu-Oper geht es um die Entwicklung der Oper in der VR China, ihr Repertoire sowie ihre Masken und Rollen.

 

Die Kunqu-Oper in der VR China

 

Nach der Gründung der Volksrepublik 1949 gab sich die chinesische Regierung große Mühe, die Kunst der Kunqu-Oper zu schützen und weiterzuentwickeln. Die Künstler, die in verschiedenen Landesteilen verstreut lebten, wurden in Ensembles zusammengefasst. Außerdem wurden Kunqu-Oper Festspiele in Beijing und Shanghai veranstaltet.

1956 kam das Guofeng-Ensemble für die Kunqu- und Suzhou-Oper der Provinz Jiangsu zur Aufführung nach Beijing. Seine Aufführung des Theaterstücks „15 Groschenketten“, das von der Rehabilitierung eines Justizirrtums durch den aufrechten Beamten Kuang Zhong handelt, fand bei den Zuschauern einen großen Anklang. Die fast schon verstummte Kunqu-Oper erregte in der Hauptstadt großes Aufsehen. Später kommentierte man das Ereignis folgendermaßen: „Eine Opernart wird durch ein Theaterstück gerettet“. Dies war ein großer Fortschritt für die Wiederbelebung der Kunqu-Oper.

1957 wurde das Ensemble der Nördlichen Kunqu-Oper und 1960 das Shanghaier Jugendensemble der Peking- und Kunqu-Oper ins Leben gerufen. Kunqu-Oper-Ensembles wurden auch in den Provinzen Jiangsu und Hunan gegründet. In verschiedenen Landesteilen erfuhren die Studiengesellschaften für die Kunqu-Oper großen Zulauf. Eine große Anzahl neuer Kunqu-Oper-Darsteller wuchs in dieser Zeit heran, so z.B. Hua Wenyi und Yue Meiti aus Shanghai, Hou Shaokui und Hong Xuefei aus Beijing und Zhang Jiqing aus Jiangsu, um nur einige Namen zu nennen.

 

Das Repertoire der Kunqu-Oper

 

Im Verlauf ihrer Jahrhunderte langen Entwicklung entstanden viele Kunqu-Oper-Dramen. Das Repertoire besteht unter anderem aus über 400 Potpourris aus der Nanxi (Südliche Oper), den Legenden und der Zaju (lyrische Oper) aus der Yuan-Zeit (1271-1368). Manche repräsentative Dramen der Kunqu-Oper stammen aus der Hand hervorragender Literaten. Viele von ihnen sind berühmte Schriftsteller der chinesischen Literaturgeschichte. Guan Hanqing, Dramatiker aus der Yuan-Dynastie, hat über 60 Dramen geschrieben. Die meisten seiner 18 hinterlassenen Dramen sind im Repertoire der Kunqu-Oper bewahrt.

Weitere ausgezeichnete Dramen sind: „Die Geschichte des Westflügels“ von Wang Shifu aus der Yuan-Zeit, „Der Päonien-Pavillon“ von Tang Xianzu aus der Ming-Dynastie, „Die Changsheng-Halle“ von Hong Sheng aus der Qing-Dynastie und „Ein Fächer mit Pfirsichblütenmotiv“ von Kong Shangren aus der Qing-Zeit.

„Die Geschichte des Westflügels“ drückt durch eine Liebesgeschichte die Sehnsucht der jungen Männer und Frauen in der feudalen Gesellschaft nach Freiheit in der Eheschließung aus. Dieses Stück der Kunqu-Oper zählt wegen seines hohen Niveaus, sowohl der Ci-Gedichte und Qu-Melodien als auch der Handlung, zu den klassischen Werken in der chinesischen, die Liebe als Hauptthema behandelnden Dramatik. Die Ci-Gedichte und Qu-Melodien in der Szene „Abschied im Chang-Pavillon“ im Theaterstück „Die Geschichte des Westflügels“ und in der Szene „Du Liliang im Garten“ im Stück „Der Päonien-Pavillon“ werden beispielsweise oft rezitiert und sind sehr beliebt, obwohl sie schwer zu singen sind.

 

Rollen und Masken in der Kunqu-Oper

 

Bei der Kunqu-Oper werden die Rollen sehr detailliert verteilt. Es gibt sieben verschiedenartige Rollen: Sheng (männliche Rolle), Dan (Frauenrolle), Jing (charakterisierte Rollen, meistens mit einem buntbemalten Gesicht), Chou (Clown), Mo (männliche Rolle mittleren Alters), Wai (alte männliche Rolle) und Tie (Nebenrolle). Die Pekingoper dagegen kennt nur die ersten vier.

Jede Rollenart hat mehrere Ausdifferenzierungen. Die Sheng-Rolle wird beispielsweise in Lao-Sheng (männliche Rolle mittleren oder älteren Alters, meistens mit einem Bart), Wu-Sheng (junge Männer oder Männer in den besten Jahren, die in der Kampfkunst erfahren sind) und Xiao-Sheng (junge Männer ohne Bart) unterschieden. Die Rollen werden dann je nach der sozialen Stellung weiter unterteilt. Die Xiao-Sheng gliedert sich beispielsweise noch in Größere und Kleinere Guan-Sheng (Beamte), Jin-Sheng (Hauptrolle im Liebesdrama), Qiong-Sheng (verarmter Literat) und Zhiwei-Sheng (junger General mit zwei Fasanschwanzfedern an der Kopfbedeckung ). Die Pekingoper differenziert dagegen nicht so stark.

Bei der Kunqu-Oper werden Masken vor allem für die Rollen Jing und Chou, manchmal auch für die Rollen Sheng und Dan benutzt. Rot, Weiß und Schwarz sind die Hauptfarben der Masken. Blau, Grün, Purpur und Gold werden als Hauptfarben in den Masken für die Helden des grünen Waldes oder die Unsterblichen und Gespenster verwendet. Die Farben in den Masken der Kunqu-Oper haben die gleichen Bedeutungen wie die in der Pekingoper: Rot steht für Loyalität, Schwarz für Aufrichtigkeit und Weiß für Intrige. Die meisten Zeichnungen und Typen bei der Pekingoper sind Variationen aus der Kunqu-Oper, manche sogar direkt von ihr übernommen.

(Im vierten Teil unseres Beitrags über die Kunqu-Oper geht es unter anderem um die Besonderheiten in Gesang und Tanz der Oper. Der Beitrag erscheint am Donnerstag, den 24. Juli 2003.)

(China im Bild/China.org.cn, 22. Juli 2003)