Tibetische Oper
Die tibetische Oper heißt auf Tibetisch "Adjilam". Sie ist in den von den Tibetern bewohnten Gebieten, Tibet, Sichuan, Qinghai und Yunnan verbreitet und gilt als einzigartig.

Die tibetische Oper entstand im 8. Jahrhundert. Ihre ursprüngliche Form war eine Beschwörungstanzzeremonie, wobei religiöse Feierlichkeiten mit dem lokalen Volkstanz verbunden wurden. Erst im 17. Jahrhundert löste sich die tibetische Oper von der Religion und entwickelte sich zu einer unabhängigen Kunstform. Die tibetische Oper wird meistens im Freien, aber auch auf Bühnen aufgeführt. Die Opernsänger tragen Masken oder lassen sich weiß oder rot schminken. Die einzigen Schlaginstrumente sind eine Trommel und ein Becken. Im Laufe der Aufführung stellt ein Redner dem Publikum die Handlung vor. Es gibt in der tibetischen Oper nur wenig Dialoge oder Monologe. Da die Oper häufig im Freien aufgeführt wird, ist der Gesang laut und hellklingend, was den unbefangenen Charakter der Figuren zum Ausdruck bringt. Kampfszenen und Tänze sind ebenfalls wichtige Bestandteile der tibetischen Oper. Jedem Arienabschnitt folgt ein Tanz. Bergsteigen, Schiffahren, Reiten, Fliegen im Himmel und Springen ins Meer, Kampf gegen Dämonen und Einfangen des Teufels, alle Handlungen haben entsprechende Tanzbewegungen.

Die tibetische Oper hat zahlreiche Gesangsmelodien. Sie gliedern sich etwa in die Langmelodie für Freude oder die Trauermelodie für Schmerz und Sorge. Durch den Wechsel dieser Melodien werden die Gefühle der Figuren differenziert zum Ausdruck gebracht. Die Länge der Opern ist sehr verschieden. Manche dauern einige Stunden, manche sogar ein bis zwei Tage. Durch Gesang und Tanz wird die Oper verlängert und durch die Erzählung der Handlungen in Bambusklapper-Begleitung wieder verkürzt. Jede Oper hat drei Teile: Der erste Teil ist Gesang und Tanz zur Verehrung von Gottheiten. Ein als Jäger bekleideter Operndarsteller tritt mit einem bunten Pfeil in der Hand auf und singt laut, um Segenswünsche zu äußern. Es folgt der Auftritt von Operndarstellern in Kronprinzen-Kleidung, sie werden als Glückbringer für das Publikum betrachtet. Abgeschlossen wird der erste Teil vom Gesang und Tanz der Feen, dargestellt wird das Heruntersteigen der Feen vom Himmel auf die Erde, um mit den Menschen dort Lebensfreude zu teilen. Der zweite Teil ist der Hauptteil. In ihm wird die Handlung der Geschichte in Form von Gesang und Tanz dargestellt. Im dritten Teil wünschen die Operndarsteller durch Gruppengesang und -tanz dem Publikum Glück.

Das traditionelle Repertoire der tibetischen Oper ist umfangreich. Viele Stücke werden jedoch nicht mehr aufgeführt. Erhalten geblieben sind vor allem acht wichtige Opern.

In Tibet gibt es zahlreiche lokale Opernensembles. In manchen Regionen hat fast jedes Dorf sein eigenes Opernensemble. Auf dem Lande finden Opernvorführungen im Freien oder in Zelten statt, oft ohne Dekorationen oder Bühnenvorhang. Selbst Besucher, die weit entfernt wohnen, kommen oft zu den Aufführungen.

1960 wurde das offizielle Ensemble für Tibetische Oper des Autonomen Gebiets Tibet gegründet. Danach wurden viele traditionelle Repertoires neu bearbeitet und aufgeführt. Anstatt im Freien wird die tibetischeOper nun auch auf der Bühne vorgeführt.

(CRI,  27. September 2000)