Topabsolventen eher im Nachteil?

Mit dem Abschluss einer renommierten chinesischen Universität in der Tasche war einem früher eine große Karriere sicher. Heute scheint dieser bei der Jobsuche eher hinderlich zu sein.

Berichten der China Youth Daily zufolge scheinen viele Absolventen von Spitzenuniversitäten über ihre Versuche frustriert zu sein, in mittelständischen Firmen oder Kleinunternehmen zu landen. Grund hierfür ist die Sorge der Arbeitgeber, dass sich Arbeitnehmer mit einem Topabschluss in der Tasche nach dem ersten Fußfassen auf der Karriereleiter schnell für eine andere bessere Firma entscheiden könnten.

Die gleiche Situation trifft auch auf Yang Hening zu, Absolvent der renommierten Nankai-Universität in Tianjin. Mit einem Abschluss in Betriebswirtschaft und umfangreichen Praktika-Erfahrungen schien Yang geradezu prädestiniert, auf dem Arbeitsmarkt gute Chancen zu haben. Doch alle seine Bewerbungen für Stellen in lokalen Kleinunternehmen fruchteten nicht.

Yang war enttäuscht. Er gibt seiner Ausbildung die Schuld an den Absagen, und macht die Sorge seiner potentiellen Arbeitgeber, dass es sich bei ihm um einen Berufsanfänger handelt, der häufig die Stelle wechselt und um sein zukünftiges Gehalt pokert, für die wiederholten Absagen verantwortlich.

Yangs Vermutung bestätigte sich dann auch wenig später in einem Bewerbungsgespräch mit einem Personaler. Der Mitarbeiter eines kleinen Unternehmens äußerte sich in dem Gespräch nämlich dahingehend, dass die Entwicklung seiner Firma durch den häufigen Personalwechsel stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Deshalb müsse er Bewerber mit dem Abschluss einer Topuni als "unsicheren" Kandidaten bewerten.

Statistische Daten fundieren die Sorge der Kleinunternehmer. Einer Studie zufolge bevorzugt die Mehrheit der Topabsolventen mit hervorragendem Werdegang die Arbeit in einer namhaften Firma. Die Studie verweist darauf, dass diese bevorzugt mit kleineren Firmen einen Kurzzeitvertrag abschließen, um anschließend bei einem Großunternehmen einzusteigen.

Aber die Frage der Loyalität beschäftigt auch die Großkonzerne. Als Chinas führendes Softwareunternehmen stellt Kingsoft jedes Jahr 100 neue Mitarbeiter ein. Topabsolventen sind aufgrund ihrer Illoyalität nicht mehr darunter.

Sogar ein Manager von Toyota China gibt an, Topabsolventen als letzten Ausweg zu sehen. Als Grund nennt er mangelnde Loyalität.

Laut Liu Yuebo, Dozent an der Nankai-Universität und Karriereberater, sind Topabsolventen stark ichbezogen, was im mangelnden Interesse für den Arbeitgeber zum Ausdruck komme. Beim Auswahlverfahren würden Loyalität und Ausbildung gleichermaßen stark bewertet.

Lius Sichtweise wird auch von Herrn Chen geteilt, der Personalleiter eines Staatsunternehmens ist. Auch Chen bewertet den Abschluss einer Topuniversität nicht mehr als allein ausschlaggebend. Das ehrliche Interesse an einer Arbeitsstelle stünde an erster Stelle.

(China.org.cn, CRI, 12. Februar 2007)