Die Klavierinsel Gulangyu

Bekannt ist die Insel Gulangyu nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch durch ihre geographische Nähe zu der chinesischen "Schatzinsel" Taiwan. l Gulangyu wird häufig auch als "Garten am Meer", als "Museum der internationalen Architektur" oder auch als "Klavier-Insel" bezeichnet.

Die Insel liegt etwa 500 Meter vor der Küste der Stadt Xiamen. Das 1,83 qkm große Eiland ist eine grüne Insel, sie vollständig ist von üppigen Bäumen bedeckt. Aus der Vogelperspektive sieht sie aus wie eine grüne Perle. Die Insel ist eine duftende Welt. Denn nicht nur fast jede Familie auf der Insel hat Blumen im Garten, auch auf den Straßen sind auf Schritt und Tritt prächtige Blumen zu sehen. Die ganze Insel blüht zu allen vier Jahreszeiten.

Gulangyu ist ein ruhiger Ort. Ein idealer Wohnort. In diesem Garten am Meer leben nur 16.000 Menschen. Außerdem fährt auf der Insel kein einziges Auto. 10 Fahrräder sind die einzigen Fahrzeuge. Sie gehören dem Postamt sowie dem Strom- und Gasversorgungsunternehmen. Alle Baumaterialien für die Gebäude auf der Insel wurden in den letzten Jahrzehnten vom Festland auf dem Wasserweg hierher transportiert, und auf der Insel mussten die Arbeiter dann alle Baumaterialien von Hand an die verschiedenen Bauplätze bringen.

Dabei war Gulanyu - der heute so ruhige Garten am Meer –vor einigen Jahrhunderten alles andere als ruhig. Damals, im 16. Jahrhundert, war Gulangyu Teil Bollwerk gegen die niederländischen Kolonialherrscher auf der chinesischen Insel Taiwan. In und um Gulangyu hatte General Zheng Chenggong seine Truppen stationiert. Hier bereiteten sich die Marine-Soldaten auf einen Krieg gegen die Holländer vor. General Zheng und seine Soldaten verbrachten auf der Insel eine schwierige Zeit, bevor sie endlich die Kolonialherrscher aus Taiwan vertreiben konnten.

Auf der Insel Gulangyu sind die Straßen und Gassen eng und verwinkelt. Wer heute durch die Straßen auf der Insel flaniert, wird begeistert sein von dem reizvollen Nebeneinander der verschiedenensten Stilrichtugen und Epochen. Gulangyu bietet dem Besucher die seltene Möglichkeit, Schaufenster und Besichtigungsbummel in idealer Weise miteinander zu verbinden. Daher nennt man die Insel "Museum der internationalen Architektur". Gehen Sie auf irgendeiner Straße auf Gulangyu, treffen Sie entlang der Straße sicherlich unterschiedliche Stilrichtungen und Epochen: Häuser im europäischen Stil mit roten Dächern, gotische Kathedralen und kleine und niedrige Hütten im japanischen Stil stehen nebeneinander. Sie werden sich wahrscheilich fragen, warum die Insel so eine Diversität der Baustile bietet.

Die Antwort gibt die Geschichte: Nach dem Opiumkrieg zwischen China und Großbritannien im Jahre 1840 wurde die Qing-Regierung gezwungen, die Stadt Xiamen für westliche Händler zu öffnen. 13 Länder, darunter Großbritannien, Deutschland, die USA, Frankreich, Japan, die Niederlande und Spanien, durften Konsulate auf der Insel einrichten. Seitdem kamen immer mehr Händler und Missionare aus dem Westen nach Gulangyu. Villen, Schulhäuser, Läden und Kirchen im westlichen Stil entstanden auf der Insel. Diese bittere Geschichte hat bei den Chinesen Wunden hinterlassen - und auf der Insel eine Vielfalt an internationalen Baustilen.

Unter all den Gebäuden im westlichen Baustil ist ein Gärtchen im traditionellen chinesischen Stil ein Muss für jeden Besucher. Der Garten heißt Shuzhuang-Garten. Er war früher der private Besitz eines Händlers aus Taiwan, Lin Erjia. Der Millionär war von der schönen Landschaft auf der Insel angezogen und siedelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Insel an. Der Garten ist vollständig im chinesischen Stil gestaltet. Neben einem verwinkelten Korridor und kleinen Pavillons hat der schlaue Architekt einen Teil des Strandes mit Felsklippen und Meerwasser in den Garten einbezogen. Meereswasser bildet auch einen Teil des Teiches im Garten. Denn die Idee des Gartenbesitzers war die größtmögliche Nähe zu Natur. So heißt zum Beispiel eines der vielen Häuser im Garten 'Ting-Tao-Xuan", also Raum des Meeresrauschens. Und richtig - in diesem Zimmer konnten der Milionär und seine Gäste die Wellen hören.

Hören kann man nicht nur Naturgeräusche wie Wellen, Wind, die kreischenden Möwen und das Zwitschern der Vögel. Auch Musik war und ist immer sehr wichtig im Alltagsleben der Bewohner auf der Insel. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Leben der Bewohner auf der Insel von der Kirche beeinflusst. Viele Familien haben sich ein Klavier angeschafft. In der Blütezeit gab es auf der Insel 500 Klaviere – jede zweite Familie besaß eins. Nun werden Sie nicht erstaunt sein, zu erfahren, dass die Insel tatsächlich die Wiege vieler chinesischer Musiker und vor allem von Pianisten ist. In den letzten 100 Jahren hat die Insel berühmte Musiker wie Hu Shuan, Lin Junqing, Xu Feixing, Yin Chengzong und Chen Zuohuang hervorgebracht.

Das kleine Haus, in dem der Besitzer des Shuzhuang-Gartens die Wellen aus dem Meer vernehmen konnte, ist heute ein kleines Klavier-Museum. In dem Museum sind 70 Klaviere ausgestellt. Sie waren früher alle im Besitz des nun in Australien lebenden Sammlers Hu Youyi.

Die schöne kleine Insel Gulangyu vor der Küste von Xiamen - ein Paradies in Südostchina.

(China.org.cn, 26. Juni 2002)