Lhasa

Die Stadt Lhasa liegt im südlichen Zentrum des Autonomen Gebiets Tibet, am nördlichen Ufer des Lhasa-Flusses, eines Nebenflusses des Yarlung Zangbo. Im Osten und Südosten liegen Nyingchi und Shannan, im Westen und Norden Nagqu und im Südwesten Xigaze. Das Gebiet Lhasa umfasst 29.518 qkm, davon entfallen auf das Stadtgebiet 50 qkm. Der Stadt sind der Stadtbezirk Chengguan und die sieben Kreise Damxung, Lhunzhub, Doilungdeqen, Nyemo, Quxu, Dagze und Maizhokunggar unterstellt. Insgesamt leben hier etwa 400.000 Menschen, sie sind Angehörige von mehr als 30 ethnischen Gruppen. Dazu zählen neben Tibetern, die 87% der Bevölkerung ausmachen, vor allem Han-Chinesen und Hui.

Die Stadt Lhasa steigt nach Norden hin an. Das südliche Zentralgebiet wird von der Talebene des Lhasa-Flusses bestimmt. Die jährliche Durchschnittsemperatur liegt bei 7,5º C; im Januar bei 2,3º C und im Juli bei 15,4º C. Lhasa liegt in der gemäßigten Zone und hat Hochland-Monsunklima.

Lhasa ist wichtig für die Landwirtschaft Tibets. Man baut hauptsächlich Qingke-Gerste, Weizen, Mais, Saubohnen und Erbsen an; daneben gedeihen auch Kartoffeln, Rüben, Chinakohl, Tomaten, Gurken und Auberginen. Äpfel, Pfirsiche, Birnen und Walnüsse; unter den Waldbäumen dominieren Pappeln, Weiden, Birken und Zypressen. Die Viehzucht ist auf Yaks, Pianniu (Kreuzung zwischen einem Rinderbullen und einer Yakkuh), Rinder, Schafe und Ziegen konzentriert. Man findet hier zahlreiche für die Medizin wertvolle Materialien wie Cordyceps sinensis (Chinesischer Raupen-Pilz), Fritillaria Thunbergii, Saussurea involucrata, Moschus oder Hirschgeweihsprossen. Wichtige Wildtiere sind Wilde Yaks, Wilde Esel, Mongolische Gazellen, Tibetische Antilopen, Wasserrehe, Rothirsche, Schwäne und Tibetische Schneehühner. Zu den bekannten traditionellen kunstgewerblichen Produkten gehören Kardian (eine Art Sitzkissen), Teppiche, Hüftsäbel, Bamdian (bunte Schürze), Holzschalen sowie Gold- und Silberschmuck.

In Lhasa und den der Stadt unterstellten Gebieten gibt es mehr als 200 bedeutende Sehenswürdigkeiten und historische Stätten, mehr als 20 davon sind bekannte Touristenziele; mehr als 30 weitere Sehenswürdigkeiten wurden in den touristischen Erschließungsplan aufgenommen. Bekannte Sehenswürdigkeiten in Lhasa sind der Potala-Palast, das Jokhang-Kloster, das Ramoche-Kloster, der Norbulingka, die Gedenktafel für das Onkel-Neffe-Bündnis, das Zhaibung-Kloster, das Sera-Kloster, Yongjor Lhukang (auch Teich des Drachenkönigs genannt), der Platz des Potala-Palasts, das Museum des Autonomen Gebiets, das Gandain-Kloster und das Yeba-Kloster im Kreis Dagze, das Curpu-Kloster im Kreis Doilungdeqen, das Razheng-Kloster im Kreis Lhunzhub, das Zhigung-Kloster im Kreis Maizhokunggar, Zhoima Lhakang und das Shiongse-Kloster im Kreis Quxu. Die schönsten Landschaften sind am Namco-See, beim Yangbajain-Erwärmefeld und im Schneegebirge Nyainquetanglha im Kreis Damxung zu finden. Heiße Quellen gibt es in Derzhom im Kreis Maizhokunggar, in Doilung und Xungba Jula im Kreis Doilungdeqen. Sehenswert sind auch die Naturschutzgebiete in Lhunzhub und Maizhokunggar.

Lhasa ist ein Ortsname in tibetischer Sprache. Im tibetischen Buddhismus und auch in der Bon-Religion bedeutet „Lha“ „Gott“ oder „Himmelsgott“, deshalb wäre Lhasa mit „Ort Gottes“ oder „Ort des Himmelsgottes“ zu übersetzen. Früher nannte man Lhasa auch Rasa, was „Ort der Ziegen“ bedeutet. Dies ist auf eine Überlieferung zurückzuführen, wonach die Steine zum Bau des Jokhang-Klosters mit Ziegen transportiert wurden. In alten chinesischen Büchern und Werken gibt es auch noch verschiedene andere Übersetzungen.

Lhasa ist 1400 Jahre alt. Im Jahr 633 verlegte Songtsan Gampo, der Tsanpo des Königreichs Tubo, die Hauptstadt vom heutigen Yarlung in Shannan nach Lhasa und ließ dort den Potala-Palast, das Jokhang-Kloster und das Ramoche-Kloster bauen, um Lhasa zu einem wichtigen Marktflecken zu entwickeln. Bald konzentrierte sich hier der größte Teil der Bevölkerung auf dem tibetischen Plateau; die Grundlage für die Stadt Lhasa war geschaffen. Vom Zerfall des Tubo-Königreichs in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts bis zum Beginn der Ming-Dynastie im 14. Jahrhundert befand sich Lhasa unter der häufig wechselnden Herrschaft verschiedener kleiner Potentaten. Die Stadt entwickelte sich in dieser Zeit nur langsam. Aber die Wege rund um das Jokhang-Kloster, wo man fromm Sutras rezitierte, belebten sich allmählich und so entstand das frühe Stadtbild.

Mit dem Bau der drei großen Klöster der Gelug-Sekte des tibetischen Buddhismus, des Jokhang-, des Sera- und des Zhaibung-Klosters, und besonders durch die Unterstützung der Qing-Dynastie seit dem 17. Jahrhundert wurde die Gelug-Sekte zur vorherrschenden Kraft in Tibet. Die Qing-Regierung erkannte das Reinkarnationssystem an, das dem jeweiligen Dalai Lama die höchste Position in der tibetischen Theokratie zugestand. So wurde die Gandain Phrodang-Herrschaft errichtet; Lhasa wurde wieder das unbestrittene Machtzentrum Tibets und der in Kriegen beschädigte Potala-Palast und das Jokhang-Kloster wurden restauriert. Von der frühen Qing-Zeit bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Wohnhäuser, Läden, Gaststätten und Restaurants gebaut; ganze Geschäftsstraßen entstanden. Die Bevölkerungszahl nahm allmählich zu. Es herrschten feudale Verhältnisse, die übergroße Mehrheit der Bevölkerung war leibeigen und hauste in schäbigen Hütten oder Zelten zwischen den prächtigen Klosterbauten, den Wohnhäusern der Adligen und dem majestätischen Potala-Palast. Als Tibet 1951 befreit wurde, hatte Lhasa einschließlich aller Bettlern und Nomaden nicht ganz 30.000 Einwohner. Als Stadt Lhasa betrachtete man damals den Bereich der heutigen Barkhor-Straße und die nähere Umgebung; die „Stadt“ nahm weniger als 3 qkm Fläche ein.

1960 wurde Lhasa eine richtige Stadt; 1965 wurde das Autonome Gebiet Tibet geschaffen und Lhasa zur Hauptstadt bestimmt. In den letzten 30 Jahren vollzog sich der Umbau der alten Stadt Lhasa unter Berücksichtigung des traditionellen tibetischen Baustils. Ein Stromnetz, ein Wasserversorgungs- und Abflusssystem wurden geschaffen. Nördlich und westlich der alten Stadt entstanden neben Bauten im tibetischen Stil auch komplett eingerichtete moderne Wohnhäuser. Lhasa hat sich sehr verändert. Seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik, besonders aber während der letzten zehn Jahre, erlebte Lhasa drastische Veränderungen. Bei Bewahrung ethnischer und lokaler Besonderheiten vervollständigte man die städtebaulichen Einrichtungen für Dienstleistungen, für Kultur, Bildung und medizinische Versorgung. Das Verkehrswesen und die Telekommunikation entwickeln sich schnell. Lhasa hat das Gesicht einer modernen Stadt angenommen. Heute beträgt die Stadtfläche über 50 qkm.

Lhasa gehört zu den ersten 24 kulturhistorischen Städten Chinas, wie 1982 vom Staatsrat bekannt gegeben wurde. Das Jokhang-Kloster, der Potala-Palast, Norbulingka, das Zhaibung-Kloster, das Sera-Kloster und das Gandain-Kloster stehen als wichtige Kulturgüter unter Schutz. Der Potala-Palast wurde von der UNESCO in die „Liste des Weltkulturerbes“ aufgenommen. Der Antrag, das Jokhang-Kloster ebenfalls aufzunehmen, wurde nun gestellt.

Die im alten Stadtzentrum befindliche Barkhor-Straße zeigt relativ umfassend das Bild der Altstadt. Früher gingen die Pilger um das Jokhang-Kloster herum und rezitierten dabei Sutras, so entstand diese Straße. Man kann also sagen, dass die Altstadt von Lhasa erst durch die Barkhor-Straße entstanden ist. Nahe der Barkhor-Straße liegt auch das Ramoche-Kloster, der älteste Markt von Lhasas, chongsaikang, das ehemalige Yamen (Gerichts- und Amtssitz im feudalen China) aus der Zeit vor der demokratischen Reform in Tibet. Neben diesem ehemaligen Sitz der Beamtenschaft der Qing-Regierung in Tibet gibt es noch über 100 andere kulturelle und historische Stätten. In den letzten Jahrhunderten galt die Barkhor-Straße immer als größter Handelsplatz Tibets. Auch heute haben die Märkte an der Barkhor-Straße für die lokale Wirtschaft Bedeutung. Dies gilt insbesondere für traditionelle kunsthandwerkliche Produkte. Bei dem lebhaften Markttreiben sieht man stets ein reiches Angebot an allerlei Gebrauchsartikeln, kunsthandwerklichen Produkten, Gegenständen für den religiösen Gebrauch und Antiquitäten. Der Pilgerstrom verleiht der Geschäftsstraße eine beinah würdige Atmosphäre.

Weil die Sonne Lhasa jährlich mit Strahlen im Wert von 202 kcal/qkm verwöhnt, nennt man die Stadt auch „Lichtstadt“.

Bis kurz vor der friedlichen Befreiung Tibets 1951 hatte Lhasa keine Straße, die in die übrige Welt führte. Es gab nur einen einfachen Pfad zwischen dem Potala-Palast und Norbulingka, der von einigen Autos befahren wurde, die man zuvor, zerlegt in Einzelteile, auf Yaks nach Tibet transportiert hatte. Heute hat sich Lhasa zu einem wichtigen Land- und Luftverkehrsknotenpunkt entwickelt.

(China Heute/China.org.cn, 21. Januar 2004)