Alte Wohnsiedlungen am Fuß des Huangshan-Gebirges

In zwei Dörfern am Fuß des Huangshan-Gebirges in Ostchina stehen Jahrhunderte alte Wohnsiedlungen, die vor sechs Jahren auf die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen wurden. Eine Entdeckungsreise führte uns zu den Dörfern Xidi und Hongcun in der ostchinesischen Provinz Anhui.

Etwa eine Autostunde vom Huangshan-Gebirge entfernt liegt der Kreis Yixian. Dort befinden sich die beiden unter Denkmalschutz stehenden Dörfer. Das Dorf Xidi ist etwa 8 Kilometer von der Kreisstadt entfernt. Das Dorf hat eine Ost-West-Ausdehnung von 700 Metern, von Nord nach Süd erstreckt es sich 300 Meter weit. Im Dorf gibt es etwa 200 gut erhaltene, alte Wohnhäuser, die ältesten von ihnen sind bereits 600 Jahre alt.

Die Türrahmen der Wohnhäuser in Xidi bestehen meistens aus schwarzem Marmor.

Zwei Bäche rauschen durch das Dorf. Im ersten Moment hat man das Gefühl, man sei in eine irreale Welt eingetaucht. Reiseleiterin Gao Liwen erklärte, dass man noch nicht alle Wohnhäuser in Xidi besichtigen kann. In den für Touristen zugänglichen Häusern kann man Möbel und Einrichtungsgegenstände im Originalzustand sehen. Sie stammen aus der Zeit der Ming- und Qing-Dynastie, also von 1370-1911:

"Momentan kann man nur 12 bis 13 alte Wohnhäuser in Xidi besichtigen. In den Häusern kann man Möbel, alltägliche Gebrauchsgegenstände sowie Malereien und Kaligrafien aus der Ming- und Qing-Dynastie sehen."

Historischen Quellen zufolge floh im siebten Jahrhundert ein Kronprinz vor

Aufständen aus der Kaiserstadt nach Anhui. Er entschied sich, in seinem Zufluchts-Dorf anonym zu bleiben. Nach und nach wuchs das Dorf Xidi, als mehr und mehr Menschen in den folgenden Jahrhunderten hierher zogen. Im 14. Jahrhundert schlugen einige Bewohner die Möglichkeit aus, an der kaiserlichen Prüfung teilzunehmen. Sie brachten sich damit um die Chance, vom Kaiser zum Mandarin ernannt zu werden. Sie aber wurden Kaufleute und verdienten in anderen Landesteilen viel Geld. Als sie nach Xidi zurückkehrten, bauten diese erfolgreichen Händler in ihrem Heimatdorf prunkvolle Wohnhäuser, Ahnentempel, Straßen und Brücken.

Der Architekturforscher Yang Hongxun machte auf die filigranen und aufwendigen Ziegelgravuren und Holzschnitzereien an und in den Wohnhäusern von Xidi aufmerksam. Er sagte:

"Was das Dorf Xidi von anderen Siedlungen in der Region unterscheidet, ist die große Zahl alter Wohnhäuser. Außerdem sind die vielen Steingravuren und Holzschnitzereien bemerkenswert, die von großem technischen Können zeugen und einen großen künstlichen Wert haben."

Das Dorf Hongcun liegt elf Kilometer von der Kreisstadt Yixian entfernt, nimmt eine Fläche von 19 Hektar ein und ist noch älter als Xidi. Als man die ersten Wohnhäuser in Hongcun errichtete, baute man sie auf einem schmalen Streifen zwischen einem niedrigen Hügel und einem Bach, der sich am Fuß des Hügels entlang schlängelt. Da immer mehr Menschen nach Hongcun zogen, standen die Wohnhäuser bald dicht nebeneinander. Da die Häuser so eng standen, war es sehr gefährlich, wenn in einem der Häuser ein Brand ausbrach. Meist brannte dann die gesamte Nachbarschaft mit ab. Daher kam man auf die Idee, den Bach so umzuleiten, dass er an jedem Haus im Dorf vorbei floss. So konnte jedes Feuer schnell gelöscht werden und die vorher so häufigen, verheerenden Brandkatastrophen konnten verhindert werden. Die Wasserumleitung wurde durch eine Schleuse erreicht, die bis heute sehr gut funktioniert. Der Architekturforscher Yang Hongxun erzählte, die Planung des Wasserprojektes in Hongcun gilt bis heute als beispielhaft.

"Die Menschen haben die geografische Lage und die Gegebenheiten optimal ausgenutzt. Die Menschen respektierten bei ihrem Entwurf die Natur und konnten dennoch die natürliche Kraft des Wassers nutzen. Das Dorf ist auf einem schmalen Streifen zwischen einem Hügel und einem Bach entstanden. Dies bietet ideale natürliche Voraussetzungen für eine Umleitung des Baches."

In Hongcun gibt es mehr als 300 historische Häuser aus der Ming- und Qing-Dynastie, die gut erhalten sind. Sehr sehenswert ist der Hof Cheng-Zhi-Tang. Früher war der Hof der Wohnsitz eines großen Salzhändlers. Der Hof besteht zum großen Teil aus Holz. Ähnlich wie an den Häusern in Xidi finden sich am Cheng-Zhi-Tang-Hof hervorragende Holzschnitzereien. Die Schnitzereien sind so filigran und präzise, dass 20 Arbeiter vier Jahre brauchten, um sie zu vollenden.

Li Jin hat den Hof Cheng-Zhi-Tang bereits besichtigt. Er schilderte seinen Eindruck:

"Die Holzschnitzereien, die menschliche Figuren darstellen, wirken ebenso lebendig, wie die Blumenabbildungen oder die Vogelmotive auf Gläsern und Ziegeln. Mich hat die Schnitzerei an einer Holztür besonders tief beeindruckt. Auf der Tür sind 100 spielende Knaben zu sehen. Manche spielen mit Lampions, einige schlagen Gongs oder Trommeln, wieder andere zünden Feuerwerkskörper. Es gibt auch einige, die Trompete spielen. Manche laufen auch auf Stelzen herum."

Der Architekturforscher Yang Hongxun meinte, ausländische Touristen könnten die chinesische Kultur nach einem Besuch der beiden Dörfer besser verstehen:

"Die historische Architektur in den Dörfern gehört zum vielfältigen Kulturerbe der Menschheit. Die Architektur ist ein Teil der Geschichte der Ming- und Qing-Dynastie. Ausländische Touristen können hier sehen, dass es in China eine wunderschöne, historische Wohnhaus-Architektur gibt, die unter Denkmalschutz steht und sehr gut erhalten ist."

Reisetipp:

Der Aufenthalt in Xidi und Hongcun ist nicht teuer. Für eine Übernachtung in einem der Wohnhöfe zahlt man umgerechnet 5 Euro. Am Tag kann man einen ausgiebigen Rundgang durch das Dorf machen. Dort gibt es einige Antiquitätengeschäfte, in denen man interessante Stücke finden kann. Gegen Abend kann man entspannt zwischen den Höfen spazieren gehen. Dabei können Sie sich von der Beschaulichkeit der beiden Ortschaften verzaubern lassen.

(China.org.cn, 18. August 2006)