Kulturaustausch
Gegenwartskultur sichtbar machen Exklusiv
China.org.cn: Österreich ist ein kleines Land, dessen Bekanntheitsgrad vielleicht nicht mit dem von beispielsweise Deutschland mithalten kann. Ist das ein Startnachteil?
Man kann das auch als Vorteil sehen, da man nicht unbedingt in festgefahrenen Schienen unterwegs sein muss. Ich denke auch nicht, dass Österreich so unbekannt ist, ich habe beim Gespräch mit den Chinesen den Eindruck gewonnen, dass das Land für seine Natur und natürlich für Mozart einen gewissen Namen hat. Die Menschen haben zum Glück ein positives Österreich-Bild, das sieht man auch bei den Tourismuszahlen, die im Steigen begriffen sind. Ich bin aber Realist und weiß, dass ich in dieser kurzen Zeitspanne kein vollständiges, zeitgenössisches Österreichbild vermitteln kann. Im Rahmen des Möglichen möchte ich aber doch versuchen, mit einigen Schwerpunkten möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren. Wir haben in vielen Gebieten einen guten Ruf, auf den wir aufbauen können.
China.org.cn: Sie haben vorhin bereits die Klischees erwähnt, Mozart, Sissi, Sound of Music und so weiter. Ist das ein Segen oder ein Fluch?
Sowohl als auch. Natürlich ist es einerseits ein Segen, denn dadurch muss man nicht immer auf’s Neue erklären, was Österreich ist oder wofür das Land steht. Da sind ja schließlich auch positive Bilder und Assoziationen dabei. Der Fluch ist andererseits, dass Klischees schon ein bisschen einschränken und wir mehr zu bieten haben als Sissi und Sound of Music, die schließlich alle einer vergangenen Epoche angehören. Wir können nicht nur in der Vergangenheit leben, sondern sind ein moderner Staat mit einer pluralistischen Gesellschaft, mit all ihren positiven und negativen Seiten. Das ist ein Bild, das eher der aktuellen Realität entspricht und deswegen auch mehr Relevanz hat. Eine Reduktion auf Klischees ist für eine solche Gesellschaft einfach zu wenig. Aber klar, natürlich kann man auch mit ihnen arbeiten, sie werden ja auch von Künstlern, in der Werbung und auch in der Wirtschaft immer wieder verwendet.
China.org.cn: Für Kunstprojekte ist es notwendig, Partner zu finden, um sie zu finanzieren. Ist das in Zeiten, in denen die chinesische Wirtschaft keine zweistelligen Wachstumsraten mehr aufweist, schwieriger geworden?
Generell ist es kein großes Problem, geeignete Partner zu finden, es geht aber in erster Linie um die Projekte selbst. Ich merke nach diesen ersten Wochen und den ersten Antrittsbesuchen, dass das Interesse an Kooperationen grundsätzlich vorhanden ist. Das sehe ich auch an den Anfragen, die ich bekomme. Da muss man selektieren und festlegen, was jetzt wichtig und was eher weniger wichtig ist. Das ist ein Lernprozess, der hier zu durchlaufen ist. Zum Glück habe ich gute und motivierte Mitarbeiter und kooperative Kollegen in den anderen Botschaften, die mir dabei auch helfen. Da ist es wichtig, sich so schnell wie möglich ein Netzwerk aufzubauen. Mir persönlich macht es Spaß, Leute kennenzulernen, besonders im Kultur- und Kunstbereich, weil das schließlich ein Teil meines persönlichen Lebens geworden ist. Darum glaube ich, dass es schon möglich ist, genügend Partner für Kunstprojekte zu gewinnen. Am Ende des Tages geht es selbstverständlich um finanzielle Zuschüsse, aber ich sehe besonders in den Regionen ein Interesse, mit Österreich Projekte zu machen.