Im Zeitalter der Digitalisierung: Das gedruckte Buch als Zeichen für Qualität Exklusiv
In Bezug auf Digitalisierung ist Deutschland im Gegensatz zum Maschinenbau nicht weltweit führend. Worin liegt Ihrer Meinung nach der Grund?
Ich glaube, das geht auf das Sicherheitsbewusstsein der Deutschen zurück. Es gibt bei uns viele Gesetze, die aus Sicherheitsaspekten die Innovation verhindern oder schwer machen. Wie zum Beispiel wenn ich als Café-Betreiber mein WLAN für die Kunden zur Verfügung stellen möchte, soll ich garantieren, dass sie online kein Verbrechen begehen, sonst muss ich die Verantwortung dafür übernehmen. Das kann ich leider nicht garantieren. So ist die WLAN-Verfügbarkeit nicht mehr möglich.
Ein anderes Beispiel ist die Datensicherheit. Wir haben in Deutschland strenge Datensicherheitsgesetze, die digitales Verbrechen verhindern und gleichzeitig auch die Innovation. Aber ich glaube, das ist auch ein Vorteil von Deutschland. Momentan haben wir nicht viele digitale Verbrechen. Das heißt, die Länder, in denen die digitalen Fortschritte sehr schnell vorangetrieben werden, haben einen Vorteil bei der Geschwindigkeit. Ein Land wie Deutschland hingegen, das Sicherheit viel mehr achtet, gewährleistet Datenqualität und –sicherheit.
In den vergangen Jahren entwickelte sich die Online-Literatur in China schnell. Wie betrachten Sie diese Situation?
Was Online-Literatur angeht, ist China weit vorne. Das ist sehr verbreitet hier. In Deutschland spielt Online-Literatur keine große Rolle. Was mich am meisten beeindruckt ist, dass ein Autor in China mit Online-Literatur hunderte Millionen Yuan verdienen kann. Es gibt weltweit keinen vergleichbaren Erfolg. Das Tolle an der Online-Literatur ist finde ich, dass die Hürden damit anzufangen eher gering sind. Wurde man früher von einem Verlag publiziert, musste man sehr gut sein und zunächst das Vertrauen eines Verlags gewinnen. Das ist ein langwieriger Prozess. Heute kann eigentlich jeder Online-Literatur selbst verlegen.
Dabei sind aber auch Probleme entstanden. Früher war der Verlag ein Qualitätssiegel, heute bekommt die Online-Literatur ihre Bewertungen durch die Leser, wobei die meisten keine Professionellen sind. Noch ein Problem ist, dass es online einfach zu viel Werke gibt und man sich nicht auf ein einzelnes Werk konzentrieren kann.
Wird die Rolle von Verlagen und gedruckten Büchern im Zuge der Digitalisierung schwächer?
Hier sind drei Sachen zu unterscheiden. Das erste ist die Unterhaltungsliteratur, sie wird wahrscheinlich in Zukunft schwächer. Viele junge Leute können sich nicht auf lange Texte konzentrieren und empfinden Lesen nicht mehr als Unterhaltung. Natürlich werden sie dann auch kein Geld dafür ausgeben.
Das zweite ist das gedruckte Buch. Zukünftig wird das gedruckte Buch viel mehr ein Zeichen für Qualität sein. Jetzt gibt es noch viele gedruckte Bücher, mit jeder Art von Inhalten, sehr hochwertigen, mittelprächtigen und auch nicht so qualitätsvollen Dingen. Das wird sich ändern. In Zukunft wird es wahrscheinlich nur noch gedruckte Bücher mit sehr hochwertigen Inhalten geben. Viele Autoren von heute, die mit digitaler Literatur bekannt wurden, wenden sich früher oder später an einen Verlag und wollen gedruckte Bücher veröffentlichen. Das ist immer noch die höchste Anerkennung für einen Autor, von einem renommierten Verlag publiziert zu werden. Das gedruckte Buch wird nicht sterben.
Das Dritte ist der Verlag. Die Rolle des Verlags ändert sich momentan nicht. Es ist einem Verlag eigentlich egal, ob er ein gedrucktes Buch, ein E-Book oder einen Zugang zu einer Datenbank mit Texten produziert. Und die Rolle des Verlags ist qualitätsversorgend, das wird sicher auch weiterhin so bleiben.
Daher kann das geringere Interesse an Unterhaltungsliteratur nicht mit der Rolle von Verlagen gleichgesetzt werden. Der Prozess der Digitalisierung hat nichts mit der Rolle der Verlage oder der Autoren zu tun, sondern viel mehr mit dem Medium selbst.
Was wird das größte Highlight auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse sein?
Das größte Highlight soll "Arts+" sein. "Arts+" ist eine eigene Messe für kulturelle Inhalte, die innerhalb der Frankfurter Buchmesse stattfinden soll. Dabei geht es zum Beispiel um digitalisierte Museumsarchive, digitalisierte Archive von Architekten und Fotosammlungen. Wurden kulturelle Inhalte digitalisiert, dann kann ein Museum neben dem echten Bild nun auch eine digitale Version davon ausstellen. Daraus ergeben sich digitale Ausstellungen, Online-Kataloge, Apps usw. Dann wird das Museum quasi zu einem Verlag, der die Inhalte aufarbeitet, publiziert und verkauft. Mit "Arts+" widmen wir uns der Digitalisierung solcher kultureller Inhalte.
Herr Volland, vielen Dank für dieses Gespräch!