Kommentar

Merkel und Trump: In Trippelschritten aufeinander zubewegt Exklusiv

20.03.2017

von Felix Lehmann

Zwischen Angela Merkel und Donald Trump wird wohl keine innige Freundschaft entstehen. Schon im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf hatte der Republikaner die deutsche Bundeskanzlerin wegen ihrer Flüchtlingspolitik scharf angegriffen. Als der Immobilienmogul im November des vergangenen Jahres unerwartet zum Präsidenten gewählt wurde, fiel Merkels Gratulation an den Wahlsieger deutlich unterkühlt aus. Auch der Politikstil beider Regierungschefs könnte nicht unterschiedlicher sein. Bei den Themen Handel und Einwanderung trennen beide Politiker Welten.

 

Angela Merkel und Donald Trump bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen im Weißen Haus

 

Trotzdem bemühten sich beide am Wochenende sichtlich, die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit zu schaffen. Distanziert, aber respektvoll und bemüht, beschrieben Medien in Deutschland und den USA den Umgang der beiden ungleichen Regierungschefs.

 

Problematisch für Trump sind die bilateralen Handelsbeziehungen. Er will den Handel „fair und gewinnbringend für alle“ gestalten. Derzeit kauft Amerika viel mehr Waren aus Deutschland als umgekehrt. Das so entstehende Handelsdefizit führe zu Ungleichgewichten, die Berlin zu lange ignoriert hat. Trump will die Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft verbessern und interessiert sich daher sehr für das deutsche duale System der Berufsausbildung. Mit besser qualifizierten Facharbeitern könnte auch mehr Wertschöpfung auf dem amerikanischen Kontinent entstehen, so lautet sein Kalkül. Deutschland könnte durch Steuersenkungen seinen Binnenkonsum ankurbeln und somit auch zur Reduzierung der Ungleichgewichte beitragen.

 

Ein weiterer strittiger Punkt ist das Verhältnis zur Nato. Trump hat zwar keinen Hehl daraus gemacht, dass er das Bündnis für „obsolet“ halte; später änderte er seine Meinung jedoch und warf Deutschland vor, viel zu wenig zur Finanzierung des gemeinsamen Verteidigungsbündnisses beizusteuern. Das Zwei-Prozent-Ziel, eine Absichtserklärung der Bündnispartner, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben aufzuwenden, halten neben den USA nur vier weitere Staaten ein.

 

Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt wendet Deutschland 1,18 Prozent für Verteidigungsausgaben auf, dies entspricht knapp 40 Milliarden Euro. Die USA tragen mit 3,62 Prozent vom BIP die Hauptlast, 650 Milliarden Euro. Dennoch steuert Deutschland mit 15 Prozent am zweitmeisten zum zwei Milliarden Euro umfassenden Budget der Nato bei. Die USA stehen mit 22 Prozent an der Spitze.

 

Merkel und Trump haben sich in Washington gegenseitig abgetastet. Damit ist der Anfang zu einem konstruktiven Umgang gemacht. Doch zu einem entspannten Verhältnis ist es noch ein weiter Weg: „Deutschland schuldet der Nato riesige Summen“, rief der Präsident der Bundeskanzlerin nach dem Treffen via Twitter hinterher.

 

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Merkel, Trump, Deutschland, USA