Grenzlinien für die nordkoreanische Atomwaffenfrage
Die Vereinigten Staaten sollten nicht auf dieser so genannten „ersten Stufe“ verharren und lediglich auf ein Wunder warten. Sanktionen vonseiten Beijings werden keine sofortigen Veränderungen in Pjöngjangs Atomprogramm hervorrufen. Wenn Washington außerdem nicht bereit ist, einen flexiblen Standpunkt einzunehmen, der Sicherheit und Frieden garantiert, werden seine bloßen Warnungen und Strafmaßnahmen Pjöngjang vielleicht dazu drängen, sich so gut wie möglich zu widersetzen. Um es mit einer alten Redewendung auszudrücken: Wenn die „Peitsche“ zum gewünschten Ziel führen soll, dann muss zur gleichen Zeit auch ein Stück „Zuckerbrot“ bereitliegen.
Eine Militäraktion gegen Nordkorea ist keine einfache Angelegenheit. Wenn der Militärschlag leicht ausfiele, würde Pjöngjangs militärische Macht intakt bleiben, und die südkoreanische Bevölkerung könnte einem Vergeltungsangriff ausgesetzt sein. Man kann nur hoffen, dass Washington in Seoul eine zweite Meinung einholt. Wenn der Militärschlag schwer ausfiele, die Truppen der Vereinigten Staaten und Südkoreas einen Krieg beginnen und versuchen würden, das Regime von Pjöngjang zu stürzen, dann würde die chinesische Bevölkerung ihrer Regierung nicht erlauben, passiv zu bleiben. Die Chinesen werden so etwas nicht geschehen lassen, insbesondere nicht auf dem Boden, wo die chinesische Freiwilligenarmee am Anfang der 1950er Jahre gekämpft hat. Das Land ist überzogen mit dem Blut chinesischer Soldaten, die tapfer gekämpft haben. Außerdem würde eine Einnahme Pjöngjangs durch die verbündeten Armeen der Vereinigten Staaten und Südkoreas die geopolitische Lage auf der Koreanischen Halbinsel drastisch verändern.
Die Probleme bezüglich der Koreanischen Halbinsel sind heikel und beinhalten viele historische und geopolitische Faktoren. Es dient gemeinsamen Interessen sowohl Chinas als auch der Vereinigten Staaten, und es ist das „gemeinsame Interesse“, welches sich aktuell zum herausragendsten Problem entwickelt hat. Pjöngjangs beharrliche Verfolgung eines Atomprogramms in offensichtlicher Missachtung der Weltmeinungen hat China und die Vereinigten Staaten, einst Feinde während des Koreakrieges, zu kooperierenden Partnern gemacht. Wenn Pjöngjang weiterhin darauf beharrt, seinen eigenen Weg zu gehen, dann würden China und die Vereinigten Staaten zwangsläufig die Sanktionen ausweiten.
Segen und Hoffnung erwartet die nordkoreanische Regierung, wenn sie sich der Grenze von Chinas Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten gewahr bleiben kann. Es ist aufrichtig zu hoffen, dass Pjöngjang versteht, dass China trotz seiner Sanktionen keinen Sturz des Pjöngjanger Regimes beabsichtigt. Obwohl Chinas Sanktionen einige Schwierigkeiten hervorrufen können, wird Nordkorea infolgedessen nicht kollabieren.
Es wäre eine bedauerliche Konsequenz der Geschichte, wenn Pjöngjang mit seinen zwanghaften und unrealistischen nuklearen Ambitionen sowie seinem permanenten Gemurre fortfahren sollte. Für China genießt die Entnuklearisierung Nordkoreas vor allen anderen Interessen Vorrang.