Trotz fruchtbarer Ergebnisse muss das gegenseitige Verstehen gefördert werden Exklusiv
Darüber hinaus richten wir gerade eine internationale akademische Gemeinschaft ein, welche ausländische Studierende auf den Gebieten Studium, Forschung und Alltag vollständig in die Universität integriert, so dass diese nicht mehr gesondert behandelt werden. Sie können bei uns Vorträge über Kultur und Gebräuche ihrer Heimat halten. Sie können auch an Forschungsprojekten teilnehmen. Das entspricht dem Ziel der SISU, eine Fremdsprachenuniversität auf Weltniveau zu errichten, die sich nationales, regionales und globales Wissen auf die Fahnen geschrieben hat. Wenn Muttersprachler an Länderstudien teilnehmen, bringen sie unterschiedliche Sichtweisen mit. Für unsere Forschungsarbeit ist das von großem Nutzen. Solche Beispiele sind in der Praxis keineswegs eine Seltenheit.
In den letzten fünf Jahren wurden in der deutsch-chinesischen Bildungskooperation viele Erfolge erzielt. Was denken Sie, welche Probleme die beiden Länder zukünftig noch zu lösen haben?
Die Kooperation im Bildungssektor müssen wir immer noch zuerst von der Bildung selbst her verstehen. Ich denke, eine dringende Aufgabe ist es, das gegenseitige Verstehen zu fördern.
Inzwischen sind die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China sehr eng, aber Deutschland hat gegenüber der chinesischen Entwicklung noch einige Vorbehalte, die möglicherweise auf Missverständnissen und Vorurteilen beruhen. Gerade vor Kurzem hat der deutsche Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel sogar behauptet, China wolle Europa spalten. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Wenn wir spürbare „Kontaktdefizite“ im Austausch zwischen den Ländern wahrnehmen, dann muss die Bildung die Aufgabe übernehmen, das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Von deutscher Seite gibt es jetzt viele Austausch-Aktivitäten, die im Grunde auch gut sind. Wir nehmen daran auch teil, aber man muss darauf achten, ob diese Aktivitäten zu politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Zwecken dienen. Wenn wir einen wirklichen Austausch erreichen wollen, dann muss man das richtig planen, sonst ist der Informationstransfer eine Einbahnstraße. Wenn es zum Beispiel um die Seidenstraßeninitiative geht, denken einige Deutsche, dass sie für China dazu dient, die Überkapazität im Inland zu kompensieren und den Weltmarkt zu übernehmen. Solche Missverständnisse sind häufig und vielleicht gar nicht böse gemeint, aber wir brauchen Gegenthesen, um darauf zu reagieren. Da besteht noch ein gewisser Erklärungsbedarf.
Als Pädagoge hoffe ich, dass wir die Studierenden anleiten können, das Problem ganzheitlich und mit einem kritischen Geist zu betrachten. Deutschland ist natürlich ein einflussreiches Land, dessen Verwaltung, Kultur und Wirtschaft einzigartig sind, dennoch gibt es an vielen Stellen auch Verbesserungsbedarf. Wir brauchen einen guten Plan, müssen im gemeinsamen Austausch die Dinge hinterfragen und Aussagen auf Basis von Fakten treffen. Nur, wenn wir die Schüler und Studierenden zum gemeinsamen Austausch und ganzheitlicher Erfahrung anleiten, entsteht ein tatsächlicher Nutzen für ihren Entwicklungsprozess. Deshalb glaube ich, einer der Gründe, dass Staatspräsident Xi seinen Blick auf den Jugendaustausch zwischen beiden Ländern gerichtet hat, liegt darin, ein wirkliches Verständnis zu fördern.
Damit kommen wir zum Ende, vielen Dank für das Interview.
*Das Interview wurde auf Chinesisch geführt und redaktionell bearbeitet.