Zhou Hengxiang und sein Deutsch-Chinesisches Rechtswörterbuch Exklusiv

07.02.2018

von Ren Bin


2017 erregte dasDeutsch-Chinesische Rechtswörterbuchmit seiner Erstveröffentlichung in Deutschland einiges Aufsehen. Der Verfasser Zhou Hengxiang lehrte zunächst an einer chinesischen Universität, bevor er mit einem Forschungsstipendium der Humboldt-Stiftung nach Deutschland kam und sich dort der Sprachforschung widmete. In Deutschland war er 14 Jahre lang als Dolmetscher und Übersetzer für den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog im Einsatz. Vor kurzem hat er mitChina.org.cnüber die Entstehungsgeschichte seines Rechtswörterbuches gesprochen.


Das Deutsch-Chinesische Rechtswörterbuch (Foto: Shan Yuqi, Xinhua)

 

China.org.cn: Herr Zhou, erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung desDeutsch-Chinesischen Rechtswörterbuches. Wie sind sie darauf gekommen, ein solches Nachschlagewerk auszuarbeiten?

Zhou:Als Germanist habe ich mich vor allem mit der deutschen Sprache und der vergleichenden Untersuchung der deutschen und chinesischen Sprache beschäftigt. 1990 kam ich im Rahmen eines Humboldt-Forschungsstipendiums nach Deutschland. In dieser Zeit wurde bei mir ein starkes Interesse an der Rechtssprache geweckt und ich hatte angefangen, stetig sprachliches Rohmaterial zu sammeln. Letzten Endes war es der deutsch-chinesische Rechtsstaatsdialog, der mir den Impuls zur Ausarbeitung desDeutsch-Chinesischen Rechtswörterbuchesgegeben hat.

Am 30.06.2000 haben China und Deutschland die Vereinbarung zum Austausch und der Zusammenarbeit im Rechtsbereich unterzeichnet und damit den deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog ins Leben gerufen. Im Rahmen dieses Dialogs finden Symposien, gegenseitige Expertenbesuche sowie die Aus- und Fortbildung von Juristen statt. Dabei habe ich 14 Jahre lang als Dolmetscher und Übersetzer mitgewirkt, beauftragt vom Bundesjustizministerium (jetzt: „Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz). In dieser Zeit habe ich neben den unzähligen Dolmetschereinsätzen viele Gesetze und Rechtsdokumente bidirektional sowie zahlreiche deutsche Gesetze auszugsweise ins Chinesische übersetzt.

Solche Arbeiten und ein nachhaltiger Austausch zwischen China und Deutschland auf dem Rechtsgebiet bedürfen präziser Fachwörterbücher. Der Status quo ist aber so: es gibt kaum bilinguale Wörterbücher, die ihren Fokus auf juristische Fachbegriffe legen. Viele deutsche Rechtsbegriffe sind in den vorhandenen deutsch-chinesischen Wörterbüchern nicht auffindbar. Außerdem finden sich in diesen Wörterbüchern oft unpräzise Erläuterungen zu Rechtsbegriffen, wie zum Beispiel zu den Begriffen "Angeklagter" und "Beklagter". Bei dem ersten Begriff handelt es sich um einen strafrechtlichen und bei dem zweiten um einen zivilrechtlichen Ausdruck. Aber viele Wörterbücher übersetzen beide Begriffe einfach als 被告 (beigao) und erwecken somit den Eindruck, dass diese beiden Begriffe synonym seien.

Deshalb habe ich schon kurz nach meiner Teilnahme am deutsch-chinesischen Rechtsstaatsdialog angefangen, an einem Deutsch-Chinesischen Rechtswörterbuch zu arbeiten.

 

Wie lange hat die Arbeit daran insgesamt gedauert?

Bis zur endgültigen Publikation hat es über zehn Jahre gedauert. Besonders anstrengend waren vor allem die letzten Jahre vor der Publikation. Neben meiner normalen Tätigkeit war ich in diesen Jahren fast ausschließlich mit dem Wörterbuch beschäftigt. Trotz des Alters von über 60 Jahren habe ich jeden Tag bis ein oder zwei Uhr in der Nacht gearbeitet. 

Glücklicherweise lassen sich im heutigen Informationszeitalter viele Informationen im Internet finden, beispielsweise alle deutschen Gesetze und Verordnungen sowie viele wissenschaftliche Arbeiten und Aufsätze. Andernfalls hätte das Wörterbuch wohl noch mehr Zeit benötigt, um das Licht der Welt erblicken zu können.


Zhou Hengxiang, der Verfasser des Deutsch-Chinesischen Rechtwörterbuchs, signiert Exemplare seines Werks.


Das Wörterbuch enthält mehr als 21.000 Stichwörter und über 1000 deutsche Abkürzungen. Können Sie uns erklären, wie sie diese Einträge gesammelt haben? Gab es eine Vorlage?

An einer konkreten Vorlage habe ich mich nicht orientiert, einerseits weil ich kein meinen Vorstellungen entsprechendes deutsches Rechtswörterbuch finden konnte, andererseits weil ich mein eigenes geistiges Eigentum schaffen wollte. Die einzelnen Lemmata, nämlich die Stichwörter, habe ich aus mehreren Richtungen gesammelt. Erstens waren es die deutschen Gesetze, Gesetzesbücher und Verordnungen, die ich entweder komplett oder auszugsweise ins Chinesische übersetzt habe, darunterdie Zivilprozessordnung, die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren, das Bürgerliche Gesetzbuch, das Gesellschaftsgesetz, Arbeitsgesetz, die Bundesrechtsanwaltsordnung, das Beurkundungsgesetz, das Gewaltschutzgesetz, die Grundbuchordnungunddie Insolvenzordnung. Zweitens waren es die von mir ins Chinesische übersetzten deutschsprachigen Rechtsdokumente und Urkunden, beispielsweise Informationsmaterialien, Klageschriften und Urteile sowie verschiedene Vertragstexte. Außerdem habe ich das Handbuch der Rechtsförmlichkeit vollständig übersetzt, dabei handelt es sich um ein vom Bundesjustizministerium herausgegebenes Werk zur Gestaltung von Gesetzen und Rechtsverordnungen. Darüber hinaus habe ich die chinesische Übersetzung der deutschen Strafprozessordnung korrekturgelesen und noch über 1000 juristische und rechtswissenschaftliche Arbeiten zu verschiedenen Fachthemen durchgearbeitet.

 

Wie schafft man es, ein Wörterbuch mit so einer Vielzahl an Einträgen korrektur zu lesen?

Die Korrektur hat den gesamten Arbeitsprozess begleitet. Beim Durcharbeiten juristischer Arbeiten aus China bin ich immer wieder auf Fehler gestoßen, deshalb durfte ich die dort erwähnten deutschen Fachbegriffe nicht einfach übernehmen, sondern musste sie immer mit den deutschen Originalbegriffen abgleichen. Vor der Abgabe des fertigen Manuskripts habe ich den gesamten Text selber mehrfach korrekturgelesen. Danach habe ich ihn noch mehrmals gemeinsam mit dem verantwortlichen Redakteur korrigiert. Er hat seinerseits noch weitere deutsche Lektoren herangezogen.

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Quelle: german.china.org.cn

Schlagworte: Zhou Hengxiang, Chinesisch, Deutsch, Rechtswörterbuch