China: Vertiefung der Reformen als Gegenmaßnahme
Vor fünf Jahren noch war es üblich, sich zu fragen, ob China wirklich innovativer werden würde. Jetzt besteht bei den meisten Experten wenig Zweifel daran. Überdies erreichten 2012 nur Bejing, Shanghai und Tianjin das Pro-Kopf-Einkommen, das die Weltbank als Grenze zur Klassifizierung als Land mit hohem Einkommen festlegt. Zusammen machten die drei Städte 62 Millionen Menschen aus. 2017 kamen noch die Provinzen Jiangsu sowie Zhejiang und damit weitere 136 Millionen Menschen dazu. Nächstes Jahr könnten die Provinzen Fujian und Guangdong dazustoßen, was die Gesamtbevölkerungsanzahl auf 285 Millionen erheben würde.
Die Frage, wie China auf Amerikas Handelsprovokationen reagieren wird, wird zwar unweigerlich die Schlagzeigen der nächsten Monate bestimmen. Doch die wirkliche Frage wird vielmehr sein, ob China seine heimischen Reformen vertieft, was notwendig ist, um den Lebensstandard in Provinzen wie Yunnan oder Gansu auf den der Küstenprovinzen zu heben.
China macht vieles richtig, wie zum Beispiel die landesweite Weiterentwicklung der Transport- und Energieinfrastruktur. Aber es gibt auch weniger ermutigende jüngste Trends.
2000 betrug Chinas durchschnittlicher Handelszoll 14,7 Prozent. 2005 nach der Erfüllung aller Eintrittskriterien der WTO fiel der Satz drastisch auf 4,7 Prozent. Seitdem wurde kein großer Fortschritt erzielt und 2016 lag die Zahl mit 5,2 Prozent sogar wieder ein wenig höher.
Im letzten Monat berichtete der Internationale Währungsfonds (IMF) über die besondere Effizienz chinesischer Privatunternehmen. Deren Vermögensrendite war fünf Mal höher als die von Staatsbetrieben. Trotzdem übersteigen die Investitionen dieser weniger effizienten Staatsbetriebe die der Privatunternehmen in den letzten drei Jahren für gewöhnlich. Der IMF-Bericht stellt außerdem fest, dass die Beschränkungen für ausländische Investitionen in China trotz des Fortschritts in letzter Zeit immer noch über denen in Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder in vielen anderen Entwicklungsländern liegen.
Es ist verständlich, dass Chinas Führung nicht so erscheinen will, als würde sie unter dem US-Druck einknicken. Und Vorwürfe wie die des US-Botschafters bei der WTO, Dennis Shea, dass China die „weltweit am meisten protektionistische, merkantilistische Volkswirtschaft“ sei, sind absurd. Immerhin hat Deutschland zur Zeit einen Leistungsbilanzüberschuss von 8 Prozent seines BIPs, während Chinas nur bei 1,3 Prozent liegt. Trotzdem wäre der beste Weg, um Aufmerksamkeit auf diese Absurdität zu lenken und Chinas wirtschaftlichen Aufschwung angesichts der amerikanischen Drohungen auf lange Sicht zu schützen, den Rat von Bejings eigenen Reform-Champions zu beachten und selbstbewusst die ökonomische Öffnung voranzutreiben.