China: Vertiefung der Reformen als Gegenmaßnahme
Die ständigen Drohungen aus den USA in Richtung China sorgen täglich für neue Diskussionen und Befürchtungen. Dabei schätzen Experten die langfristigen Auswirkungen von amerikanischen Handelszöllen für China eher gering ein. Viel wichtiger für die wirtschaftliche Entwicklung sei es, die heimischen Reformen entschieden weiter voranzutreiben.
Die USA heizen weiter ihre Handelsdrohungen gegen China an. Der jüngste Fall ist die Drohung, anstatt des vorher angekündigten 10-prozentingen Zolls, 25 Prozent auf chinesische Exporte in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar zu erheben.
Letzten Monat hatte US-Präsident Donald Trump gesagt, „ich bin bereit, auf 500 zu gehen”, was der Erhebung von Importzöllen auf sämtliche chinesische Exporte in die USA entsprechen würde, da diese im letztem Jahr 505 Milliarden US-Dollar wert waren. Da die amerikanische Handelspolitik tendenziell Trumps Rhetorik folgt, ist es wert darüber nachzudenken, wie viel Schaden Washington potenziell verursachen könnte. Könnte es gar Chinas Wirtschaftsaufschwung stoppen?
Die guten Nachrichten sind, dass China gewappnet scheint, um den amerikanischen Sturm zu überstehen. Die Welthandelsorganisation (WTO) sagt, dass im Endeffekt nur ungefähr 65 Prozent des Werts der chinesischen Exporte in die USA auf Chinas Konto gehen. Daher ist der Wert, um den es geht, nicht 500 Milliarden, sondern eher 325 Milliarden US-Dollar, was natürlich immer noch sehr signifikant ist. Aber wenn man bedenkt, dass die gesamte chinesische Wirtschaftsleistung aktuell circa 12 Billionen US-Dollar beträgt, macht der Betrag weniger als drei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus. Außerdem sind amerikanische Zölle auf chinesische Exporte gleichzeitig auch Zölle auf australische oder japanische Exporte, da diese und andere Länder die Rohmaterialien und Komponenten liefern, aus denen China die Endprodukte fertigt. Das ist der Grund, warum Trumps Schlachtruf „America First“ in Wahrheit „America alone“ bedeutet und selbst die amerikanischen Sicherheitspartner nichts mit dem Schritt Richtung Protektionismus zu tun haben wollen.
Selbst ein 25-prozentiger Zoll würde die US-Nachfrage nach chinesischen Gütern nicht komplett auslöschen, denn amerikanische Importeure würden einen Teil des Kostenanstiegs hinnehmen. Zudem kann der Preisanstieg chinesischer Güter in US-Dollar durch eine Anpassung des bilateralen Wechselkurses ausgeglichen werden. Zusammengefasst lässt sich abschätzen, dass der kurz- und mittelfristige Effekt von US-Zöllen für China zwar negativ, aber kontrollierbar sein wird.
Auf lange Sicht sind die ökonomischen Fachbücher eindeutig, wenn es darum geht, was darüber entscheiden wird, ob China ein Land mit hohem Einkommen wird – und es ist sicher nicht die amerikanische Handelspolitik. 1994 schrieb der Nobelpreisträger für Wirtschaft Paul Krugman: „Produktivität ist nicht alles, aber auf lange Sicht ist es fast alles.“ Aktuell entspricht die Produktivität pro Arbeiter in China nur 26 Prozent des US-Niveaus. Diese Zahl zeigt das enorme Aufhol-Potenzial Chinas. Natürlich ist dieses „Aufholen“ kein Naturgesetz, denn viele Länder sind in der Vergangenheit in der sogenannten Mitteleinkommensfalle hängen geblieben. Aber es gibt viele gute Gründe, optimistisch zu sein.