Amerikanischer Politologe
Joseph Nye: China und USA nicht im „Kalten Krieg“ Exklusiv
Trotz der Opposition, die jetzt in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu sehen ist, sei Zusammenarbeit viel wichtiger, wie der prominente US-amerikanische Politikwissenschaftler Dr. Joseph S. Nye in einem Exklusivinterview mit Wang Xiaohui, Chefredakteur von China.org.cn, am 10. Januar unterstrich.
Der Politologe Joseph S. Nye, Professor an der Harvard University, führt am 10. Januar 2019 in Beijing ein exklusives Interview mit China.org. [Foto: Dong Ning / China.org.cn]
Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern hätten 2018 enorme Herausforderungen durchlaufen, so Nye. Auch nach dem jüngsten Treffen auf vize-ministerialer Ebene zu Wirtschafts- und Handelsfragen bleiben die Aussichten für eine zügige Regelung noch unklar. Einige schauen heute auf die Beziehungen zwischen China und den USA durch eine Linse aus dem Kalten Krieg und bezeichnen beide Seiten sogar als „strategische Gegner."
Nye betonte den kooperativen Charakter der chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Er schlug vor, die Menschen sollten, anstatt sich auf die negativen Aspekte der derzeitigen Beziehung zu konzentrieren, kooperativ denken, da transnationale Herausforderungen ohne Kooperation nicht zu lösen seien.
Im Hinblick auf den Klimawandel macht er zum Beispiel klar: „Die USA können dieses Problem auf keinen Fall lösen, ohne mit China zusammenzuarbeiten. Umgekehrt gilt es genau so." Das gleiche würde gelten, wenn es um Finanzstabilität, den Umgang mit Pandemien oder andere Probleme geht: „Wenn wir daran denken, ja, da gibt es Spannungen, aber es muss Zusammenarbeit geben."
Nye stellte die heutigen Beziehungen zwischen China und den USA denen zwischen der damaligen Sowjetunion und den USA während des Kalten Krieges gegenüber. Im letzteren Fall, so erklärte er, gab es fast keinen Handel und keine sozialen Beziehungen, was heute ganz anders aussehe: „Wir haben offensichtlich massiven Handel. Und wir haben 370.000 chinesische Studenten in den USA und Millionen von Touristen gehen in beide Richtungen. Dies ist nicht wie der Kalte Krieg. Und wir sollten nicht die Sprache des Kalten Krieges verwenden. Ich habe es eine kooperative Rivalität genannt. "
Chinas Armutsbekämpfungserfolge „gut für die ganze Menschheit"
Nye, der vielleicht am besten als Erfinder der Begriffe „Soft Power" (weiche Kraft) und „Smart Power" (intelligente Kraft) bekannt ist, ist hoch erfreut über Chinas Erfolge bei der Linderung der Armut. Smart Power bezieht sich auf die Fähigkeit, die Anziehungskraft mit der Kraft von Zwang und wirtschaftlicher Stärke zu kombinieren.
Er wies darauf hin, dass China seit dem 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas eine auf Smart Power basierende Strategie verfolge. Er stellte ferner fest, dass das „Wirtschaftswunder" der Beseitigung der Armut weitreichende Vorteile habe.
Der Politologe Joseph S. Nye, Professor an der Harvard University (links) in einem Exklusivinterview mit Wang Xiaohui, Chefredakteur von China.org.cn, am 10. Januar
„China hat viel, worauf es stolz sein kann. Wenn man sich anschaut, was in China passiert ist, Hunderte Millionen Menschen aus der Armut zu befreien, ist das gut für China. Das ist gut für die gesamte Menschheit", sagte Nye.
Von 1978, als die Reform- und Öffnungspolitik eingeleitet wurde, hat China bis 2017 740 Millionen Menschen aus der Armut geholt und damit in den vergangenen 40 Jahren mehr als 70 Prozent zur weltweiten Armutsbekämpfung beigetragen.
Nye rät China, seine Soft Power weiter auszubauen, „weil Chinas harte, wirtschaftliche und militärische Macht wächst. Doch wenn China seine Soft Power attraktiver gestalten könnte, würde es bei anderen Ländern an Akzeptanz gewinnen."