Globalisierung
Davos 2019 – wohin führt der Weg? Exklusiv
Von Dr. Michael Borchmann, Wiesbaden
"Globalisierung 4.0: Gestaltung einer globalen Architektur im Zeitalter der vierten industriellen Revolution" – das war das offizielle Leitthema des diesjährigen Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos, der nunmehr 49. Auflage.
Wenn über dieses Forum gesprochen wird, gehen meine Gedanken immer wieder zurück in das Jahr 2017. Den nachhaltigen Eindruck gerade dieses 47. Forums. Und es war damals der Auftritt des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, der zu einem erstaunten "Augenreiben" bei vielen in der westlichen Welt führte. Die in Deutschland führende Wirtschaftszeitung Handelsblatt formulierte dies mit den Worten: "Während der mächtige US-Präsident Trump gegen den Freihandel poltert und Unternehmen mit Zöllen droht, präsentiert sich sein chinesisches Pendant Xi Jinping als glühender Verfechter der Globalisierung." In der Tat wurde damals der breiten Weltöffentlichkeit bewusst, dass Chinas Staatspräsident entschiedener Befürworter von Freihandel und Globalisierung ist. Aufsehen erregte dann 2018 auch der Auftritt des US-Präsidenten Donald Trump. Allerdings – wenn man in die Pressekommentare von 2018 zurückschaut – nicht als ein das Große und Ganze im Auge habender politischer Führer, sondern als Prediger seiner "America-First-Politik": Er rief vor allem zu Investitionen in den USA auf: "Jetzt ist der beste Zeitpunkt, um Ihr Geschäft in die USA zu bringen" Die renommierte deutsche Wochenzeitung Die Zeit schrieb hierzu klar und treffend: "Donald Trump sprach in Davos wie ein Geschäftsmann, der sich seiner prächtigen Bilanz rühmt und um Investitionen wirbt, nicht als Führer einer Großmacht mit Weltführungsanspruch. Der internationalen Ordnung, die seine Vorgänger seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgebaut haben, ob Vereinte Nationen, Welthandelsorganisation, Weltbank, kehrt er schnöde den Rücken."
Dass nunmehr, 2019, bedeutende politische Akteure in Davos fehlten, ist nicht zuletzt ein Zeichen der Unruhe und Instabilität weltweit. Präsident Trump konnte aufgrund der innenpolitisch bedingten Haushaltssperre nicht reisen, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist von den sogenannten "Gelbwesten-Protesten" voll vereinnahmt und die britische Premierministerin Theresa May hat das schwere Erbe des Brexit umzusetzen.
Natürlich war und ist das eingangs genannte Leitthema des 49. WEF von zentraler Bedeutung für die Zukunft der Menschheit insgesamt. Es geht um den technologischen Wandel und wie er die Gesellschaft umgestaltet, die großen damit verbundenen Herausforderungen. Aber zugleich waren auch Finanzkrise, Handelskriege, Ungleichheit zentrale Themen in Davos. Und gerade die für die Zukunft aller so entscheidende wirtschaftliche Stabilität ist durch Handelskriege in einem Höchstmaß gefährdet. In aller Deutlichkeit stellte Präsident Xi Jinping bereits 2017 in Davos fest: Handelskonflikte haben nur Verlierer. Und aus manch einem berufenen Munde wurde diese Botschaft nunmehr im Zusammenhang mit dem jüngsten WEF wiederholt. Das gilt für den Ex-Nato-Generalsekretär Rasmussen ebenso wie Präsident Trumps Ex-Kommunikationschef Scaramucci, der in einem Interview mit dem Magazin Spiegel ausführlich erläuterte, weshalb er Trumps Handelskrieg für falsch hält. Gleiches gilt für die IWF-Chefin Christine Lagarde, die auf einer Pressekonferenz in Davos eindringlich vor den Gefahren eines Handelskonflikts für die Weltwirtschaft warnte und das Auditorium bildhaft fragte, was für Bedingungen man beim Langlaufski gerne möge: gute Sicht, keine Unsicherheit. Außerdem solle jeder in seiner Bahn bleiben. Das Gleiche lasse sich auch auf die Weltwirtschaft übertragen.
Von den herausragenden politischen Protagonisten riefen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Chinas Vizepräsident Wang Qishan und der japanische Regierungschef Shinzo Abe eindringlich zu Zusammenhalt und gegen Abschottung auf. Und Bundeskanzlerin Merkel warb auch für mehr Respekt vor den internationalen Institutionen. Den Ansatz, allen sei geholfen, wenn jeder an sich selbst denke, wies sie zurück. Sie warb für die geordnete Zusammenarbeit von Staaten in Institutionen und Bündnissen. Damit wandte sie sich, ohne Donald Trump oder die USA namentlich anzusprechen, klar gegen den amerikanischen Präsidenten. Und die Bundeskanzlerin forderte eine Reform, damit das neue Gewicht von Ländern wie China und Indien sich in solchen Institutionen stärker widerspiegele.
Dieses Eintreten für eine regelbasierte Weltordnung gehört zugleich zu den Fundamenten der deutschen Partnerschaft mit der VR China. Und es ist nicht nur Chinas Wirtschaft, die weiter maßgeblicher Motor der weltwirtschaftlichen Entwicklung sein wird, sondern gerade auch seine Reform- und Öffnungspolitik als deutlicher Beweis, wie ernsthaft es seiner Staatsführung mit dem Bekenntnis zu einer globalisierten Zukunft ist. Dies bekräftigte nachdrücklich dessen stellvertretender Staatspräsident, Wang Qishan, in Davos mit seiner Rede: "Mit Entschlossenheit und Vertrauen gemeinsam die Zukunft gestalten". Sein Plädoyer, die geteilte Zukunft des gemeinsamen Schicksals der Menschheit und die globale Struktur der vierten industriellen Revolution gemeinsam zu formen, knüpft nahtlos an die Rede von Präsident Xi im Jahre 2017 an und zeigt den festen Willen Chinas, den eingeschlagenen Weg der Globalisierung unbeirrt von protektionistischen Animositäten voranzuschreiten.